Welttheater, Achte Zwischenbilanz 27.3.-9.4.2023

14 Tage sind diesmal seit der letzten Zwischenbilanz verstrichen.

In der ersten Zwischenbilanz  (12.1.) findest du ein Personenverzeichnis und eine Revue, „wie alles begann“: Die „blinde Poetin“ (Domna) ist der spiritus rector dieses „Welttheaters“. Mithilfe von Eichendorffs „Wünschelrute“ (Zauberwort) findet sie das Leitmotiv des Stücks: „Geben und Nehmen im Ausgleich“ – ein Naturgesetz.

Im folgenden dreht sich die Handlung um stets neue Aspekte dieses zentralen Themas.

In der fünften Zwischenbilanz  mache ich mir Gedanken über meine Figuren: Sind sie feste Typen oder entwicklungsfähig wie reale Menschen? Ich überlege auch, in welche Richtung sich jede Figur sich bisher entwickelt hat bzw sich noch entwickeln kann. Waspassiert, wenn der Nehmen-Pol zu stark ist, zeige ich in der siebten Zwischenbilanz auf.

Und wie ging die Handlung seither weiter? Danai und Hawi gehen zur Höhle, wo bereits Domna, Trud und Clara Unterschlupf gefunden haben. Danai erklärt ihrem „Zögling“  Hawi, dass Tiere, Pflanzen und auch Menschen nicht „an sich“ gut und böse sind, sondern ihr Verhalten oft eine Reaktion auf das ist, was sie bisher erfahren haben. In der Höhle (28.3.) macht Hawi Bekanntschaft mit Domna, die seine Gedanken und Gefühle liest und ihm die spätere Rückkehr in die Heimat vorhersagt.

Voll Wissen der Welt, voll Weisheit und Kraft

zu heilen die Wunden, zu helfen dem Land.

Nun ruhe dich aus. Der Schlaf dir verschafft

Vergessen und Traum, er erlöst den Verstand.

Als neue Variante von Geben-Nehmen werden Mutterliebe bzw Fürsorge für ein Kind eingeführt (Danai-Hawi, Trud-Clara).

Unterdessen (am 30.3.) findet Jenny mit Kairos‘ Hilfe Wilhelm im Sumpf, lädt ihn auf und will ihn ins Hospital bringen. Doch Wilhelm will zu Isolde. Der Streit eskaliert, Kairos setzt sich ab und Jennys verborgener Wunsch nach dem Ersatzvater wird enttäuscht, sie verlässt ihn schweren Herzens. 

Isolde erscheint und erklärt ihm, dass sie nur sein Hirngespinst (Illusion) sei – ein Projektion seiner Begierden. Um sie in Wahrheit zu gewinnen, müsse er das Lieben erst von der Pieke an lernen.

Zuallererst komm wieder auf die Beine

und wenn du lieben willst, lieb erst das Kleine,

lass es ins Herz, und fühle wie es leuchtet

und deine harte Innenschicht befeuchtet.

 

Gib dich ihm hin, und nähre seine Glut

und freu dich dran, und nähre nicht die Wut

wenn andre dir mit Liebe nicht begegnen.

Beginne, jede Liebestat zu segnen…

Inzwischen ist Abud in Wilhelms Lager angelangt, wo er sich seinen „Lohn“ holen will. Als erster begegnet ihm dort Schurigel, der ihm Angst vor den Folgen machen will, dann Diaphania, die nach der Rechtmäßigkeit seines Handelns fragt,  die Legitimität schließlich einräumt und ihm Absolution erteilt.

Danke, ich seh, der Mann ist selbst schuld

Du hattest mit ihm nicht wenig Geduld.

Der Lohn steht dir zu, denn du hast gegeben

und nimmst dir jetzt nur, was du nötig zum Leben.

So hab ich keine weitren Bedenken

Möge das Recht deine Schritte stets lenken.

Nun erscheint Hera (3.4.), die ihn auf die Haltlosigkeit seines Lebens hinweist (Gratwanderung). Wichtig sei, dass er seine Funktion im Weltgeschehen, die nur er erfüllen könne, und damit seinen Lebenssinn erkennt.

Und in diesen Regeln ist eine sehr wichtig,

ich bitte dich jetzt, verstehe mich richtig:

Du bist zwar nur einer von einer Million

Doch jedes Wesen hat seine Funktion.

Die sollst du erfüllen, die gibt dir den Sinn …

 

Hera schlägt ihm einen „Bund“ vor, doch er lacht sie aus, zumal sie „nur eine Frau“ ist. Er will frei, ungebunden sein (Thema Freiheit-Bindung). Hatte er sich bisher als „Lohn“ nur ein bescheidenes Wellblech genommen, so ist sein Appetit jetzt erwacht: er sieht eine Rutsche in den Keller, vermutet dort Essvorräte und landet in einem leeren Raum, aus dem er sich nicht befreien kann. Erneut erscheinen zuerst Schurigel, dann Diaphania

und schließlich Hera, um ihm die Folgen seines Handelns vor Augen zu führen. Auch Hera hilft ihm nicht. An Götter glaubt er nicht, weil sie ihm bisher  in der Not nie geholfen haben. Hera erklärt ihm das Gesetz des Karma, das auch Götter bindet.

Ein Gott kann nicht helfen, er kann dir nur raten

dein Schicksal bestimmst du durch eigene Taten.

Ich riet dir, was recht ist, und dass du’s beachtest

doch schlecht schien mein Rat dir, den du gleich verlachtest.

 

Erneut fragt sie ihn nach seinem Lebensziel, ohne das er nichts als ein Blatt im Wind sei.

Du musst jetzt hier sitzen, damit du bedenkst

wie du in Zukunft dein Lebensschiff lenkst.

Doch schicke ich einen Menschen zu dir.

Vielleicht könnt ihr finden vom Ich hin zum Wir.

Und so erscheint Jenny im Lager, entdeckt Abud, will ihm aber nur helfen, wenn er ihr im Gegenzug etwas anbietet („Lohn“). Sie einigen sich auf seine Jacke, die er ihr zuwirft, woraufhin sie ihm eine Leiter bringt. Das Verhalten der beiden ist spiegelbildlich. Es folgt der einfachen Regel des do ut des, die in ihrem Milieu verstanden wird. Wenn sie eingehalten wird („Ehrwort“), können sie sich „vertrauen“, ohne Freunde zu sein.

Bei Wilhelm erscheint inzwischen Tschinn, der Kairos sucht. Am liebsten ginge er vorbei, und schließlich verweigert er seine Hilfe, weil Wilhelm ihm keinen Gewinn verspricht. „Ich bin kein Samariter“. Dies ist ein krasses Beispiel für die do-ut-des-Regel. Auch zeigt sich eine Differenz zwischen den Prinzipiens des „Machens“ (Schurigel) und der „Tat“ (Wilhelm).

Jenny und Abud sind nun unterwegs im Olivenhain. Jenny erklärt, warum sie Wilhelm hier verließ und greift Abud als nutzlosen Tagedieb an, weil er nicht arbeitet. Seiner Gegenfrage nach ihrer Lebenshaltung weicht sie aus. Inzwischen sind Danai, Domna und Hawi bei Wilhelm angekommen. Abud mokiert sich über Danais Moral, da sie den hilflosen Wilhelm im Sumpf ließ und ihm empfahl, erstmal zu lernen, Menschen zu vertrauen.

Ich hörte sehr genau, was sie ihm sagte,

bevor sie dann auch mich zum Teufel jagte:

 

„Du Wilhelm musst jetzt selber schauen

wie aus dem Sumpf du dich erretten kannst.

Erlerne erst, den Menschen zu vertrauen

und wie Verachtung du aus deinem Herzen bannst.“

 

Wie findst du das? Ich finde das genial.

Der andre stirbt und dir ist es egal.

Du sagst ihm einfach ins Gesicht:

Vertrau erst mal, sonst helf ich nicht.

Domna sei anders,  sie sei eine, die „nicht urteilt“. Er vermutet, dass sie er war, die Danai beredete, Wilhelm zu suchen und zu helfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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