Was zuletzt geschah: Die Gesellschaft um Domna und Danai haben sich in der Höhle getroffen und schlafen nun. Jenny hat Wilhelm in einem Olivenhain verlassen, nachdem sie sich nicht auf einen Weg einigen konnten (Bucht ioderKrankenhaus), weshalb Kairos sich verabschiedete. Nun schauen wir, wie es Abud, dem älteren Afrikaner, geht. Er hat sich voller Zorn von Wilhelm, Danai und Hawi getrennt, weil er sich um seinen Lohn betrogen fühlt, und geht zurück in Wilhelms Lager, um zu holen, was ihm zusteht.
Abud:
Die Tür stand offen, so kam ich herein
viel Brauchbares scheint hier ja nicht mehr zu sein.
Mal sehn, was ich finde, als Ersatz für den Lohn
den der Boss mir nicht gab, und stattdessen nur Hohn.
So sind sie, die Weißen, so waren sie immer,
sind die Jungen jetzt besser, sind sie sogar schlimmer?
Sie dünken sich Herren, in uns sehn sie Sklaven,
Gehorchen wir ihnen, dann sind wir die Braven.
Ich aber bin frei, und ich habe Mut!
Ich nehm, was ich brauche, denn ich heiß Abud.
Auftritt Schurigel, der Angstmacher.
Schurigel:
Haha, ich lache, du hast keine Angst
und keine Herren, denen eifrig du dankst,
weil sie in Ruh dich lassen, anstatt dich zu jagen.
Du hast wohl vergessen, wer hier hat das Sagen?
Du kommst aus deinem verlausten Land
und möchtest nun dieses stecken in Brand!
Mein Freundchen, das klappt nicht,
man jagt dich und schnappt dich
und sprich noch von Glück,
wenn man schickt dich zurück!
Du brichst hier ein und möchtest stehlen!
Dich wird die Kugel nicht verfehlen
die jeder Mann, der dich hier findet,
abfeuert oder auch dich bindet
und maltraitiert, so lang er mag,
die ganze Nacht und auch am Tag.
Er darf das, denn du bist ein Dieb,
den’s aus der Ferne zu uns trieb.
Er macht mit dir, ganz was er will
und du, mein Bürschchen, hältst schön still.
Du bist ne Laus, ne Ratte!
Dich packt man nicht in Watte!
Abud
Hast du endlich ausgesprochen?
Siehst mich auf Knien angekrochen?
Da kennst du schlecht Abud!
Abud bedeutet Mut!
Hau ab, Gespenst, hab keine Zeit
Hau ab und such nicht weit΄ren Streit!
Ich nehme nur, was rechtens mir gehört
Es tut mir leid, wenn dich das so verstört.
Schurigel:
Du wirst schon sehen, was du davon hast.
Ich seh dich schon am Galgen hängen fast.
Schurigel geht ab.
Abud:
Was nehm ich nun? Vielleicht dies Stück
aus Wellblech bringt mir etwas Glück.
Ist nicht viel wert, bringt nicht viel Geld.
Egal, ich nehms, weils mir gefällt.
Diaphania
Was tust du hier und treibst du, junger Mann?
Wer gab das Recht dazu, durch wen und wann?
Abud
Das Recht? Das Recht gibt mir die Not.
Sie ist das allerhöchst Gebot.
Das Recht gibt mir auch, dass ich trug
den Wilhelm, ist das nicht genug?
Diaphania
Die Not gilt nicht als Rechtsgrundlage
und was du tatest, ist die Frage.
Du hast den Mann im Sumpf gelassen,
anstatt wie’s recht ist, aufzupassen
bis er aus eignen Kräften geht.
Das ist’s, was im Gesetze steht.
Abud:
Der Mann hat mich beschimpft!
Er hat mich verunglimpft!
Was er gesagt, das sei geschrieben
wie es in meinem Hirn geblieben:
„Beeil dich, Halunke, hier wird nicht verhandelt
jetzt mach schon voran, du schwarzes Gesicht!
Erst kommt ihr hierher und das Land wird verschandelt
dann wollt ihr noch Geld – doch bei mir holst du’s nicht.“
So sprach er und wollte, ich sollte ihn tragen!
Hast du vielleicht noch weitere Fragen?
Diaphania
Nein, danke, ich seh, der Mann ist selbst schuld
Du hattest mit ihm nicht wenig Geduld.
Der Lohn steht dir zu, denn du hast gegeben
und nimmst dir jetzt nur, was du nötig zum Leben.
So hab ich keine weitren Bedenken
Möge das Recht deine Schritte stets lenken.
Diaphania geht ab
Auftritt Hera
Wird fortgesetzt
Toll, wie Du Dich hier als Dichterin und Bühnengestalterin und Regisseurin einbringst, Gerda! Es bleibt spannend.🙋
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Danke dir, Gisela! Es macht Spaß und bringt mir allerlei Erkenntnisse.
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Ist Abud im Recht? Interessant wie ich beim Lesen schwanke. Verstehe mal den einen, dann den anderen. Verstehe beide und sehe zugleich das, was mir von beiden Seiten als falsch erscheint.
Sehr sehr gut beleuchtet, Gerda.
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Danke, Mitzi, für deinen tollen Kommentar. Ich freu mich sehr, dass es so ankommt. Niemals ist man ja völlig im Recht, aber auch nicht völlig im Unrecht. Jeder hat einen Punkt und übersieht die Gesichtspunkte der anderen. Genau das ist der Grund, warum der diesjährige Heros in so viele Gestalten aufgesplittert ist. Sie müssen alle zu ihrem Recht kommen, selbst wenn man mehr mit dem einen oder anderen stärker identifiziert ist. Ob 17 Aspekte reichen, um die ganze Palette abzubilden? wohl kaum. aber immerhin kann jeder der Splitter etwas Wahrheitslicht auffangen und zurückspiegeln. Eine erfreuliche Woche dir!
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Sehr wahrscheinlich reichen sie nicht, die 17 Aspekte. Aber wirklich alles ab zu decken, kann auch nicht der Anspruch sein. In diesem Projekt steckt so unglaublich viel, dass ich es fest vorhabe, es am Ende noch einmal ganz zu lesen. Ich bin gespannt wie es dann wirken wird.
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Danke, Mitzi, wunderbar! diesen Vorsatz habe ich auch, denn sicher gibt es ein paar Ungereimtheiten. Vielleicht kann ich es dann als Monatsheftchen oder so drucken.
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