Weiteres zur Formensprache Natur, Mensch,Technik: Himmelsausschnitte

Wo immer ich bin, schaue ich in den Himmel. Weit will ich ihn, die Erde überspannend. Aber überall ist er begrenzt. In den Städten anders als in der Natur, in den Bergen anders als am Meer, in den alten Städten anders als in der modernen Stadt…

In der Mani lebe ich gerne, weil hier der Himmel weit ist. Der Gegensatz zu Neapel war eindrucksvoll. Ich habe dort viele Himmelsausschnitte fotografiert. Die meisten sind unregelmäßige Vielecke.

Zunächst versuchte ich, den Eindruck, den mir diese Fotos machten, durch Bildbearbeitungen zu steigern. Ich folgte den Linien und füllte die entstehenden Flächen farbig.

Ich machte auch ein paar Versuche mit gemischten Effekten, ließ Teile der Fotos stehen, isolierte Linien, verschob den Schwarz-Weißkontrast in den Nicht-Himmel-Teil, färbte den Himmel ein, ließ den glänzenden Asphalt der Straße als Spiegel desHimmels stehen.

Am Ende entschloss ich mich, es bei dem krassen Schwarz-Weiß-Kontrast zu belassen. Der Himmel ist weiß, der Nicht-Himmel, die Materie schwarz. Die radikale Lösung ist manchmal erhellender als alle Mischformen. Man versteht, wie sehr der Himmelsraum (weiß) eingeschränkt ist für die Menschen, die in einer Stadt wie Neapel leben. Zugleich versteht man aber auch das ästhetische Vergnügen, in solch einer Stadt herumzuspazieren.

Auf folgenden Bildern sieht man, wie sich das Grün (Balkon, Wildwuchs auf Mauer), die Wäsche und die Tauben mildernd auf die scharfen Häuserkanten legen. Ästhetisch sind sie daher weniger eindrucksvoll (Originalfotos zum Vergleich):

Draußen in der offenen Landschaft von Herkulaneum werden die harten Linien dann seltener, konzentrieren sich vor allem auf die neuen Museumsbauten, die gut in die Landschaft eingepasst sind. Die natürlichen Formen von Bäumen und Gräsern zeichnen sich vor dem Himmel ab, der langsam den ihm gebührenden Platz einnimmt.

Und die Moral von der Geschicht? Mutter Erde und Vater Himmel kommunizieren auf andere Weise als der Mensch, der sich mit seinen scharfkantigen Bauten zwischen die beiden gesetzt und eine eigene Formenwelt geschaffen hat, die unserem modernen ästhetischen Gefühl allerdings durchaus entgegenkommt. (Ich beziehe mich hier auch auf die Kommentare zu Malevich, den viele den Bildern von Matisse vorgezogen haben).

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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9 Antworten zu Weiteres zur Formensprache Natur, Mensch,Technik: Himmelsausschnitte

  1. FMR schreibt:

    Die Schwarz-Weiss-Reduktion gefällt mir sehr gut. Reduktion auf das Wesentliche: Himmel und Häuser oder sonst welche Bauten.
    LG Franz

    Gefällt 1 Person

  2. Katrin - musikhai schreibt:

    Liebe Gerda,
    durch Lesen deines Blogs lerne ich ganz viel auf dem Gebiet „Kunst“ dazu. Danke dafür, dass du mir so das Erleben von „Kunst“ näher bringst! Von Kazimir Malevich zum Bsp. hatte ich vorher noch nie gehört. Indem ich surfend ehr über ihn erfahren wollte, entdeckte ich wikiart. https://www.wikiart.org/en/kazimir-malevich
    Kennst du die Url?
    Ich wollte dir nur mal sagen, du, dein Blog deine Kunst und was du darüber postest sind ein großes Geschenk! ❤️lichen Dank dafür!

    Gefällt 2 Personen

  3. La Imperial Feng schreibt:

    ich habe auch diese Neigung überall in den Himmel zu schauen – und vor allem als ich in Amerika lebte, liebte ich den Zwischenraum der sich zwischen den Wolkenkratzern immer neu erfand. Deine Art diesen farblich zu abstrahieren finde ich Klasse! Danke für die Anregung!

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  4. www.wortbehagen.de schreibt:

    Verblüffend, Deine eingefärbten Bildbearbeitungen, liebe Gerda, aber richtig gut finde ich das tiefe Schwarz zum reinen Weiß. Hier werden die kantigen Formen mehr als deutlich, dominant treten sie hervor und frau beginnt in Formen und nicht mehr in Lebensbereichen zu denken. Der Ort selbst ist nicht mehr wichtig, nur noch die Form.
    Aber da ist auch noch das Original, die Straßenschlucht mit dem Lebensraum so vieler Menschen, die kleinen Balkone und die Wäschestücke, die Geschichten erzählen… Den Himmel suchen sie am Wochenende, wenn sie zum Strand fahren und Sonne tanken

    Gefällt 2 Personen

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