Pasiphae und der Stier, Minotaurus (Jürgens + Peters Schnipsel)

Schatten –  Licht

sichtbar – unsichtbar, verborgen, bekleidet

Das sind die polaren Begriffe, die ich aus Jürgen Küsters bzw Peter Maschkes Material herausgelesen habe und um die meine Fantasie nun kreist. Dabei entstand nicht nur das Legebild „Schatten, sichtbar…“, das ich gestern zeigte, sondern noch drei weitere, alle der griechischen schwarzen Vasenmalerei nachempfunden.

I. Pasiphae und der Stier

Pasiphae, „die alles Überstrahlende“ war eine Tochter des Helios (Sonne, Licht). Doch sie hatte auch ihre Schattenseite: sie verliebte sich leidenschaftlich in den Stier, den ihr Mann, König Minos von Kreta, nicht, wie er sollte, dem Zeus geopfert hatte. Der geniale antike Ingenieur Dädalos schuf eine künstliche Kuh, in die kroch sie hinein, um sich vom Stier (Tavros) begatten zu lassen. Aus der Vereinigung entstand Minotaurus (Stier des Minos).

Pasiphae und der Stier (c) gerda kazakou 2018

Die Alles-Überstrahlende Pasiphae also bekleidet sich mit der Kuhform, um im Verborgenen ihren Lüsten nachzugehen. Die künstliche Form, die sie umkleidet, ist sichtbar. Darinnen verbirgt sich die Königin. Ich habe ihr den Fotografen als Gesicht gegeben, da sie die Täterin ist und Szene arrangiert hat. Der Stier ist der Getäuschte.

Pasiphae mit Fotografen-Gesicht, verborgen in der künstlichen Kuh

Stier mit Stierkopfsymbol

 

 

 

 

 

 

 

Pasephae und der Stier als Vasenbemalung (c) gerda kazakou 2018

Das sichtbare Ergebnis dieser Vereinigung ist ein dunkles Wesen: sein Kopf gleicht einem Stier, sein Körper dem eines Mannes. Die Wildheit und Tragik dieses Wesens hat Picasso immer wieder dargestellt.

(Eigene Fotos, Ausstellung Theodorakis Stiftung Athen, 2016)

II. Die Frucht der Vereinigung: Minotaurus

Minotaurus (links), Vereinigung der Pasiphae mit dem Stier (rechts) (c) gerda kazakou 2018

Die künstliche Hülle ist von Pasiphae abgefallen, sie wird sichtbar – als dunkle Gestalt. Im Innern des Stiers und des gemeinsamen Sohnes aber erscheinen helle Gestalten, denn das Licht der Helios-Tochter Pasiphae hat sich der reinen Finsternis verbunden. Hier die entstandenen Figuren, positiv-negativ.

Der griechische Mythos sperrt Minotaurus, die „Missgeburt“, ins Labyrinth. Minotaurus wird verborgen. Auch Daedalos, der Erbauer des Labyrinths, wird dort eingesperrt, um das Geheimnis nicht zu verraten. Niemand soll die Frucht der mütterlichen Sünde mit Augen schauen. Die Leidenschaften des Stiermenschen lassen sich nur dadurch beherrschen, dass ihm alle neun Jahre sieben junge Mädchen und Knaben vorgeworfen werden….

Fortsetzung folgt.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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17 Antworten zu Pasiphae und der Stier, Minotaurus (Jürgens + Peters Schnipsel)

  1. juergenkuester schreibt:

    Liebe Gerda!
    Erstaunlich wie manches so geht.
    In meinem Besitz befindet sich eine Arbeit von Peter Maschke, fragmentarisch, die er „in Daidalos Werkstatt“ genannt hat und die mich zu meinem Projekt „in Latos Werkstatt“ inspiriert hat.
    Die Dinge in unserem Leben sind durch ein Band miteinander verbunden.
    Liebe Grüße Juergen

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  2. diespringerin schreibt:

    Oh wie neugierig ich auf die Fortsetzung warte, hat mich der Minotauros immer schon besonders beschäftigt … herzliche Grüße aus Wien!

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  3. christahartwig schreibt:

    Wusstest Du, das Kühe gefährlicher sind als Stiere? – Vor vielen Jahren las ich mit großem Interesse „..oder du wirst Trauer Tragen“, eine Biografie des Stierkämpfers El Cordobés vom Autoren-Duo Collins & Lapierre. Sie berichteten, dass in der Zeit, als die einzige Möglichkeit für jungen Männer aus armem Elternhaus in Spanien, reich und berühmt zu werden, der Stierkampf war, nicht wenige beim (natürlich verbotenen) nächtlichen Training auf Kuhweiden (die Stiere wurden besser bewacht) ums Leben kamen. – Gut, das Thema ist natürlich näher beim Aficionade Picasso als bei den griechischen Vasen.
    Viele Grüße aus Berlin
    Christa

    Gefällt 3 Personen

    • gkazakou schreibt:

      Man lernt bei dir zu, liebe Christa. Das mit den Kühen wusste ich nicht. Picasso ist seinerseits ziemlich nahe bei den griechischen Vasen – um es mal so auszudrücken. Und der ganze Stierkult ist auch nicht erst in Spanien erfunden worden.

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      • christahartwig schreibt:

        Stimmt, der Stierkult ist griechischen Ursprungs, der Stierkampf aber dürfte eine spanische Erfindung sein. Ich habe auch während ich in Spanien gelebt habe, nie einen Stierkampf besucht, wohl aber im Fernsehen gesehen. Unsere Hauswirte schauten sich gerade einen an, als ich hinging, um die Miete zu bezahlen. Ich platzte in den spannendsten Moment und kam sozusagen nicht umhin, auch auf den Bildschirm zu starren. Ich haben selten größere Konzentration und größeren Respekt im Gesicht eines Mannes gesehen, als in dem des Matadors in diesem Moment.

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  4. Ulli schreibt:

    Diese Legebilder sind wahrlich von einem anderem Geist bestimmt und doch schaffst du es sie in dein Wissen, deine Geschichten zu verweben, ich bin sooo angetan!
    herzlich grüße ich dich zur guten Nacht, Ulli

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  5. Pingback: Minotaurus, Theseus und Ariadne (Picasso, Dali und Gala) | GERDA KAZAKOU

  6. www.wortbehagen.de schreibt:

    das Licht der Helios-Tochter Pasiphae hat sich der reinen Finsternis verbunden, ich zitiere Dich, liebe Gerda. Aber reichte denn das Licht von Mutter und nun auch dem Vater, nicht aus, um den vielen Jungfrauen und Knaben schmerzvolles Leid zui ersparen?
    Verschlungen habe ich nun diese Geschichte von Pasiphae und ihrer Leidenschaft für den Stier.
    War der Tod der Jungfrauen und Knaben Zeus´s Strafe für die Nichtopferung des Stiers?
    Ich kannte die Opferungsgeschichte, wußte aber nicht wirklich, wieso es zu diesem geheimnisvollen Minotaurus kam. Es war bisher ein dunkles Geheimnis für mich. Dank Dir ist diese Lücke in meinem Wissen endlich geschlossen *g*
    Du hast ein wundervolles Bild entstehen lassen und Deine Worte dazu sind einfach faszinierend und sehr klar. Als Vasenmalerei sehe ich es vor mir und es passt so gut, als wäre die Szene ganz genau so von einem antiken Künstler abgebildet.

    Liebe Sonntagsgrüße von Bruni

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    • gkazakou schreibt:

      Du stellst Fragen! „Reichte das Licht nicht aus…“? Nein, offenbar reichte es bis heute nicht aus. liebe Bruni.
      Die Opferung der jungen Menschen hat nicht Zeus verhängt, sondern Minos, als Tributzahlung der Athener. Minos galt als „gerecht“, drum wurde er Totenrichter im Reiche des Hades. Tja.

      Gefällt 1 Person

  7. gkazakou schreibt:

    Hat dies auf GERDA KAZAKOU rebloggt und kommentierte:

    Aus einer Zeit, als Corona noch nicht auseinandertrieb, was gerne zusammenwirkte.

    Jürgen Küster, von mir geschätzter Künstler und freundlich zugeneigter Mensch, der mir Materialien schickte, die ich in vielen Bildern verarbeitete, hat mir die Freundschaft aufgekündigt. Er ist der vorerst letzte in einer ganzen Reihe geschätzter Mitblogger und sogar Freunde. Als mich ihr Verdikt traf, fühlte ich mich wie der bekannte Hammel im „Schicksal“ überschriebenen Morgenstern-Gedicht:

    Der Wolke Zickzackzunge spricht:
    ich bringe dir, mein Hammel, Licht.

    Der Hammel, der im Stalle stand,
    ward links und hinten schwarz gebrannt.

    Sein Leben grübelt er seitdem:
    warum ihm dies geschah von wem?

    Inzwischen habe ich etwas mehr verstanden über die Mechanismen der Distanzierung und Ausgrenzung, wenn die eigenen Abwehrmechanismen bedroht werden. Ich hatte nicht mit den Ängsten gerechnet, die die neuen Nazis bei vielen Deutschen wecken.

    Ich stamme aus einer Zeit, als mein Heimatland noch von den Altnazis verseucht war, und die Verbrechen des „Dritten Reiches“ mit Schweigen zugedeckt wurden. Bei mir führte das zum frühen Widerstand und schließlich zur Flucht aus Deutschland. Ich wollte meine deutsche Identität abstreifen, aber sie folgte mir wie ein Schatten. Denn die Identität ist nicht das, was ich zu sein meine, sondern was andere mir als Etikett aufdrücken. So wie jetzt wieder. „Du als Deutsche“und jetzt? Was bin ich jetzt?

    Als ich vor über fünf Jahren diesen Blog einrichtete, war es ein vorsichtiges Herantasten an das Deutschland,das ich verlassen hatte. Mir fehlte die deutsche Sprache, die ich sehr liebe. Ich fand andere Blogs. feine Menschen, und freute mich, durch ihre Augen einen neuen Blick auf meine alte Heimat werfen zu können. Vieles von dem, was ich da seh, gefiel mir. Und vielen gefiel das, was ich zu sagen und zu zeigen hatte (die Zahl meiner „followers“ stieg auf über 700).

    Aber dann kam Corona, der Virus der sozialen Distanzierung und der Masken. Ich wollte weder das eine noch das andere akzeptieren. Brücken des Verständnisses wollte ich bauen und Gesicht zeigen. Aber mein Gesicht gefiel nicht, und mein Brückenbauen wurde als schlimme Fehlleistung gebrandmarkt. Dabei kann ich gar nicht anders, als immer wieder Brücken zu bauen: Denkt ihr, es war einfach, im Griechenland der Besatzungsverbrechen zuerst und der hochmütigen deutschen „Hilfsangebote“ später Deutsche zu sein? Doch hier wurde ich nie ausgegrenzt, man sah mir ins Gesicht und sagte „du bist keine typische Deutsche“- was immer das heißt. Nun scheint es sich mal wieder zu bewahrheiten: Ich bin „keine typische Deutsche“, wenn Deutschsein bedeutet, die Menschen nach Gesinnungen einzuteilen.

    Ausdrücklich möchte ich betonen, dass ich, während ich meine Ansichten vehement vortrug, niemanden kränken wollte und niemandem das Recht auf seine eigenen Ansichten in Abrede stelle . Demokratie besteht darin, sich auszutauschen. Und ich halte daran fest, auch wenn die, um die es hier im besonderen geht, gar nicht mehr mitlesen. Denn für mich hat sich nichts geändert. Für mich bleiben die, die mich nun schneiden, die, die sie auch vorher waren. Und ich verfolge wie zuvor ihre Blogbeiträge, weil sie mir gefallen.

    Im Gedenken an die Corona-ungetrübten Zeiten werde ich ein paar der Kooperationen von damals rebloggen.

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