Das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten – wer kennt es nicht? Vier altersschwache Tiere, deren Besitzer sie umbringen wollen, tun sich zusammen. Sie wollen nach Bremen ziehen. Unterwegs bricht die Nacht herein. Ein Licht führt sie zu einem einsamen Haus, in dem Räuber tafeln. Mit vereinten Kräften veranstalten sie ein Konzert, das die Räuber in die Flucht schlägt. Sie sättigen sich, legen sich schlafen. Mitternacht geht vorbei. Die Räuber frieren draußen im Wald und haben Sehnsucht nach ihrer gut geheizten Bude. Sie denken sich: Nanu, waren wir dumm, uns ins Bockshorn jagen zu lassen? Wollen doch mal nachsehen, ob das Haus jetzt ruhig ist. Der Räuberhauptmann schickt einen Mann voraus. Der geht ins Haus, will an den Augen des Katers, die er für Kohlen hält, ein Streichholz entzünden, der Kater springt ihm ins Gesicht. Da rennt der arme Teufel zur Hintertür raus, wo der Hund sein Bein erwischt und der Esel ihm einen Tritt versetzt. Der Hahn aber schreit Kikeriki.
Die Räuber sind nun vollends davon überzeugt, dass es im Hause spukt, und suchen das Weite. Unsere vier Gesellen aber bleiben, wo sie sind, im Haus im Wald, und lassen es sich gut gehen.
Natürlich ist das Grimmsche Märchen weit schöner erzählt, ihr könnt es ja nachlesen.
Was mich interessiert, sind die dargestellten Charaktere. Mit wem würde ich gern Gesellschaft halten?
Der Esel: fleißig und geduldig und ein guter Sänger obendrein. – Sein Herr? Brutal und undankbar.
Der Hund: loyal und ein guter Jäger. – Sein Herr? Brutal und undankbar.
Der Kater: spielerisch, spinnt gern hinter dem Ofen und denkt über Mäuse nach, die er früher gefangen hat – Seine Herrin? Brutal und undankbar.
Der Hahn: ein christlich informierter Wetterprophet. Die Hausfrau? Sie will den christlichen Propheten ihren Gästen als Essen vorsetzen. Entsetzlich!
Zwei Männer, zwei Frauen – dieselbe Gesinnung. Sie wollen den verdienstvollen Tieren das Leben verkürzen und möglichst noch einen Profit draus schlagen
Mit wem also würde ich gern Gesellschaft machen? Na, was meinst du? mit dem Esel, dem Hund, der Katze und dem Hahn natürlich. Den Menschen würde ich lieber aus dem Wege gehen. Sie tragen ein Messer in der Tasche oder halten einen Sack bereit, mich zu ersäufen.
Wer es wohl war, der diese Geschichte ersann? Ein Tierliebhaber? Oder vielleicht doch ein Menschenfreund, der meinte, man solle ausgedientes Personal nicht von Haus und Hof jagen, sondern ihm ein friedliches Lebensende gönnen, mit Musik und einem wärmenden Feuer im Kamin
Um dieser seiner menschenfreundlichen Utopie Grund und Boden zu schaffen, musste er vier Tiere und eine Räuberbande erfinden, die den ausgedienten Alten ihre Behausung samt Essensvorräten überließen, nicht ganz freiwillig zwar – aber mir soll es recht sein, wenn es den alten Kumpels billig ist.
Hört, hört! Der Hahn hält eine Rede!
Wovon spricht er denn?
Von einer Welt, in der man gutes Futter bekommt, ohne befürchten zu müssen, am Ende geschlachtet zu werden.
Würde … das scheint ein immer grösseres Wort zu werden, je kleiner die würdigen Handlungen werden …
herzliche Sonntagmorgengrüsse vom Schneemassenberg
Ulli
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Grüße zurück aus dem nassen Maroussi (Vorort von Athen). Den Bezug deines Kommentars auf die Geschichte versuche ich zu enträtseln. Gerda
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Der würdige Umgang mit den Haustieren, ihnen das Gnadenbrot zu gönnen, anstatt sie zu schlachten, wenn sie „ausgedient“ haben, das war mein Ansinnen, liebe Gerda!
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Ulli, du sprichst auch meine Empfindungen und Erfahrungen deutlich aus. Danke!
Bitte, nicht festlegen, sonst würde Frau oder Mann ja verbindlich.
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Du sprichst in Rätseln, liebe Ingrid?
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Ein sehr schönes Foto von Mann und Esel! Ich mag die Fröhlichkeit.
Und deine Bilder mag ich so oder so 🙂
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Ich mag sie auch, die Fröhlichkeit, liebe Susanne! Der Mann ist ein durch und durch liebenswerter Mönch in einem kleinen Kloster, der Esel ist noch jung und in besten Händen. (Die Mönche haben ihn aufgezogen)
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Ich liebe Esel !!!
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I-A (Ich-Auch). Sie sind leider selten geworden. Die Mönche haben, um das Eselsfüllen am Leben zu erhalten, Eselsmilch aus Deutschland bezogen (Geschenk deutscher Freunde).
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welch ein Fund, gerdakazakou, welch kindliche Weisheit, welch tröstliche Botschaft
für uns Alte zur Erinnerung an symbiosis nicht nur zu zweit sondern gar zu viert
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O, Symbiose stand heute als Wort des Tages im Blog von Wildgans. Deine Interpretation der Vier als gelungene Symbiose gefällt mir ausgezeichnet!!! Danke, Dieter!
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Sehr schön, Gerde, und für mich als Bremer auch noch sehr interessant, d a n k e und LG Alexander
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O, du bist Bremer und nach Kassel verschlagen? Nun, Wilhelmshöhe ist ja auch ganz nett, kommt allerdings nicht an Bremen heran 🙂
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Jep, vor vielen Jahren nach Kassel verschlagen und wegen der Liebe in einem kleinen Bergdorf nahe Kassel hängengeblieben. Kassel und unser Dorf kann sich mit Bremen nicht messen, aber die Gegend hier ist weitaus schöner 🙂
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