Wieder einmal seid ihr, liebe Leserinnen und Leser, dem Will.i voraus: Ihr kennt das Bahnhofsmuseum von Kalamata bereits, er aber nicht. Zuletzt war ich im vergangenen Dezember dort, da war Will.i noch nicht geboren. Auch zuvor zeichnete ich gelegentlich dort, zB hier oder hier, hier oder hier und auch hier.
Die Bahnhofsnostalgie zieht mich immer wieder an diesen Ort, und so hatte ich Lust, ihn auch Will.i zu zeigen. Doch wenn ich zuvor mit rein ästhetisch-gefühlvollem Blick auf die abgestellten und schön renovierten alten Loks, die Waggons und Signalanlagen geschaut hatte, war nun anderes gefordert. Will.i will nicht einfach nur rumschwärmen, er liebt Tatsachen. „Warum fahren die Züge nicht mehr? – Seit wann? – Wo wurden sie gebaut? – Welche Marke? – Wie funktioniert eine Weiche? – Seit wann gibt es E-Loks? – Fuhr diese Lok noch mit Kohle?“ O weh, mein Wissen über Eisenbahnen ist trotz meiner kindlichen Liebe zu diesem Fortbewegungsmittel äußerst dürftig.
„Lieber Will.i, da muss ich passen,“ gestand ich. „Zuhause gucken wir im Internet nach, da wird sich sicher was finden. Nun lass uns einfach auf dem Gelände rumspazieren, du kannst dir die Maschinen genauer ansehen, und wenn du willst, erzähl ich dir auch ein paar Eisenbahnstorys aus meinem Leben, zum Beispiel, wie ich 1974 mit vier Kindern von Frankfurt nach Athen gefahren bin oder wie ich diese Strecke 1970 mit meinem Sohn als Säugling fuhr, oder wie es war, als wir im Jahr 1949 unseren ersten Sommergast am Bahnhof abholten… Interessiert dich nicht? Nun gut, dann sieh dich um, und ich mache inzwischen eine Zeichnung.“
Ich setzte mich auf eine Draisine, vor mir ein leicht in den Boden eingesunkenes Gleis und eine dicke fette schwarze Lok, an der, versteckt hinter der dickleibigen Maschine, eine Reihe von Güterwaggons hing. Ich überlegte, wie nah oder fern ich die Lok auf dem Papier platzieren sollte … Tatsächlich zoomt man beim Zeichnen ähnlich wie mit dem Fotoapparat, indem man sich auf einen „Ausschnitt“ der Wirklichkeit konzentriert. So rückt der Gegenstand je nach Interesse nah heran, weiter weg oder verschwimmt zu einem diffusen Punkt am Horizont. In diesem Fall wählte ich eine mittlere Entfernung, die einerseits dem Zug Schwung gibt, als führe er gleich los, andererseits die Details noch erkennbar bleiben.
Im Foto sieht es so aus: a) tatsächlicher Abstand b) etwas herangezoomt c) so weit wie möglich herangezoomt und aufgehellt.
Zu Hause googelten wir dann ein bisschen, und wurden schnell fündig. Besonders angetan war Will.i von den fachmännischen Berichten und vielen Fotos von Wiener Eisenbahn-Fans, die das 2010 noch teilweise intakte Schmalspur-Netz erkundeten. Die Strecke Athen-Kalamata hatte nämlich schmalere Gleise (1 m) als die Strecke Athen-Saloniki. Daher gab es in Athen einen Doppelbahnhof: Nach vorne raus gings nach Norden, nach hinten raus Richtung Korinth und weiter nach Patras bzw Kalamata. Eröffnet wurde der letzte Streckenabschnitt Tripolis-Kalamata im Jahr 1899 …. und stillgelegt wurde er im Rahmen von Sparprogrammen im Jahr 2010. Eine Geschichte von 111 Jahren wurde mit einem Federstrich ausgelöscht.
Die Eisenbahn-Strecke betrug, bevor sie teilweise begradigt wurde, 726 km, die heutige Autobahnstrecke nur noch 238 km. Die Geschwindigkeit der Züge war teilweise sehr gering (viele Kurven, Steigungen bis auf über 800 m), und da die Strecke eingleisig war, musste oft ein Gegenzug abgewartet werden. Kein Wunder, dass sie nicht rentabel war. Aber immer noch träumen Nostalgiker davon, dass eines Tages wieder Züge zwischen Athen und Kalamata verkehren.
Hihi, wer bildet hier wen? Klasse! So geht Lehren und Lernen!
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Schön: Das Photo in 3 Variationen und Deine Zeichnung der Dampflok, diegerade loszufahren scheint…🚂
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Mit dem Zug durch Griechenland stelle ich mir seeeehr inspirierend vor …
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Die Strecke Athen-Saloniki-Alexandroupolis gibt es noch, auch weiter nach Idomeni – Grenze zu Nord-Mazedonien Bin ich früher öfter mal gefahren, wenn ich auf Samothrake Urlaub machte. Die Strecke Athen-Korinth fuhr ich sehr oft, da wir kein Auto hatten. War eine ziemliche Strapaze. Aber als Urlaubs-Erlebnis fände ich es schon interessant, die lange kurvenreiche oft sehr gebirgige Strecke Korinth-Kalamata zu fahren und unterwegs auszusteigen, zB in Mykene.
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Das ist bestimmt ein Erlebnis, ja. Einmal war ich in Mykene, aber nicht öfter und das ist doch sehr schade.
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Ich wünschte, so schon zeichnen zu können wie Du!
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Üben, üben, üben, liebe Melina.
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Ich glaub, das hol ich in diesem Leben nicht mehr ein.
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Egal, wenn du Lust hast, zeichne, im nächsten eben hast du dann schon einen Vorsprung. 🙂
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und ganz wundervoll wurde Deine Zeichnung von der Lok., liebe Gerda!
Ich habe das Gefül, sie kommt ganz langsam näher und näher und deshalb stehe ich nun schnell auf und suche mein Bett.
Gute Nacht und träume nur Schönes
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Guten Morgen und dankeschön, Bruni! Hast du gut geträumt?
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Einen schönen Sonntag dir, liebe Gerda. Ich erinnere mich an gar keinen Traum. Ob er schon verschwunden ist oder ob es in dieser Nacht keinen für mich gab, weiss ich nicht ⛅
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Jedenfalls hat dich keine Lok überfahren 😉
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Nein 🙂
Wieder mal Glück gehabt.
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