Mir sind grad die Märchen ausgegangen. Doch vor einem Jahr – und zwar genau am 1. Januar – hatte ich ein märchenhaftes Zusammentreffen, von dem ich euch ersatzweise erzählen möchte.
Neujahr, bei schon einbrechender Dämmerung. Es nieselt, aber ich habe den Meeresspaziergang wie immer genossen. Mein Hund Tito rennt voraus zur Straße und bändelt mit einer kleinen Hündin an. Bei der Hündin zwei junge Menschen, ein Mann, eine Frau. Sie schieben Fahrräder, an einem hängt ein schwerer Anhänger. ich frage: Wohin des Wegs bei diesem Wetter? Sie suchen den Weg ins nächste Dorf, denn der Anhänger hat einen Platten, sie müssen ihn reparieren lassen. An einem solchen Tag? frage ich. Ihr werdet schwerlich jemanden finden. Ich druckse ein wenig herum und frage dann gerade heraus: wäre euch damit geholfen, wenn ihr die Nacht in unserem Haus verbringt?
Die Gesichter erhellen sich. O ja! Sie sind verklamt, alle Sachen sind nass, seit zwei Tagen frieren sie. Wir schaffen es, den Anhänger in den Gepäckraum zu verfrachten, die jungen Leute schieben ihre Räder hinter meinem Auto her – den Berg hinauf – angekommen. Warmes Bad, Kamin, Essen, Erzählen. Ich fühle mich wie Abraham, dem zwei Engel Besuch abstatteten. Erster Januar – und so viel Glück!
Zwei Tage blieben sie bei mir, dann zogen sie weiter.
Sie kamen aus Spanien, Irma stammt aus Andalusien. Or (Licht) kommt aus Israel. Sie lieben sich. Die Liebe trägt sie über alle Schwierigkeiten des Wegs hinweg.
Sie waren keine Flüchtlinge. Es gab damals schon viele Flüchtlinge. Ich legte gelegentlich Bilder zu diesem Thema, das offiziell noch keins war. Eines Tages im März, als ich an die beiden Liebenden dachte, und was wohl aus ihnen geworden sei, legte ich ein Bild, das ich nannte: „Ors Traum“. Es ist der Traum von einer Welt, in der man frei herumziehen kann, mit wenigem auskommt und überall willkommen ist. Ich selbst hatte diesen Traum, aber damals traute ich mich nicht, ihn zu unterschreiben. „Willkommen“ – das schien eine zu realitätsferne Utopie.
Doch dann, wie im Märchen, ging ein Ruck durch die Gemüter, und überall erschienen Menschen mit Plakaten, auf denen stand: Willkommen.
Möge es so bleiben. Mögen sich die Herzen nicht wieder verfinstern und von Angst beherrschen lassen. Möge der Kriegsengel nicht mehr die Menschen vor sich hertreiben, sondern der Friedensengel seine Arme ausbreiten mit einem herzlichen „Willkommen“.
SEHR LIEB …..
der ENGEL, den ich als rostig oder vielleicht doch kupfer-irisierenden – KRYON-ERZENGEL – sehe, schwebt leicht, mit weit offenen flügeln über einer STILLE- und HARMONIE-ausstrahlenden geschichte. von pulsierendem LEBEN:
DEINE LEBENDIGKEIT ist so leicht erspürbar.
DANKE
BIN LUIESE
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danke schön, Luise
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BIN LUISE
ICH möchte noch die qualität : ZÄRTLICHKEIT dringend erwähnen.
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Liebe Gerda, Dir einen besonderen Dank für diese schöne Willkommensgeschichte. Sie hat mich an meine Willkommensgeschichte erinnert, die ich sofort aufgeschrieben habe. Ich mag Deinen Blog so sehr. Ein herzlicher Gruß.
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Welch feine Geste und warmes Herz. Tolle Geschichte.
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Schön, wie im Märchen und dann einfach wahr, schön, Gerda!
Mir ist grad ganz warm ums Herz- danke und liebe Grüsse
Ulli
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Danke Ulli. Vielleicht hast du Lust, wie Madame Filigran, dich an eine eigene Willkommens-Geschichte zu erinnern? Sie schrieb eine sehr schöne, und ich machte ihr einen Vorschlag (siehe dort, mein Kommentar): „Wie die Welt gehört“.
Wer sonst diesen Kommentar liest und sich interessiert, schau doch mal bei Madame Filigran nach.
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mach ich gerne, nur heute nicht mehr!
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Deine Geschichte über das junge Paar hat mir das Herz erwärmt. Vielen Dank!
Ich bin auf ähnliche Weise durch die Welt gezogen. In Neuseeland raubte man mir meine wichtigsten Sachen (Kamera, Reisepass, Medikamente usw.) und ich haderte sehr mit diesem Schicksalsschlag. Aber plötzlich traten Menschen in mein Leben, die mir halfen und mich auffingen. Dadurch habe ich den Glauben an die Menschlichkeit nicht verloren. Ich habe noch heute Kontakt mit diesen lieben Freunden und denke sehr oft an sie. Dieses schreckliche und zugleich schöne Erlebnis hat in mir viel bewegt.
Ich bin mir sicher, dass das junge Paar sich oft an dich erinnert und voller Dankbarkeit ist.
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Es wäre schön, Elsa, wenn du diese Geschichte in Neuseeland, die dich so bewegt hast, einmal etwas ausführlicher erzählst, und zwar besonders den positiven Teil. Mir ist nämlich der Gedanke gekommen, dass solche Erfahrungen mit erlebter Gastfreundschaft ganz besonders helfen, dies Gefühl wachzuhalten, wie es ist, wenn einem in kritischer Situation geholfen wird bzw man helfen kann (was irgendwie dasselbe ist). Dieses Gefühl: ja, so sollte es sein, so stimmt es, so bin ich ein Mensch inmitten Mit-Menschen. Solche Geschichten möchte ich hier im Blog sammeln, und vielleicht machen wir ein Büchlein draus. Was meinst du?
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Inzwischen habe ich ein wenig weiter gedacht. Könntet ihr, die ihr euch positiv zu dem Gedanken der Gastfreundschaft stellt, vorstellen, ein gemeinsames Blog zu machen, das „Philoxenia – eine offene Gemeinschaft“ heißt? Beitragen könnten alle, die erlebt haben, wie die Angst vor der Fremde schmilzt und zu freudiger Begegnung wird, wenn man in ein freundliches Haus eingeladen wird – oder wenn man selbst der Einladende ist? Das Ziel wäre, diese alte Menschentugend, die unter dem Einfluss von Tourismus (Gastfreundschaft gegen Geldzahlung) einerseits und anonymen angsteinflößenden Flüchtlingsströmen andererseits zu verschwinden droht, neu zu beleben und inhaltlich zu füllen.
Liebe Grüße an alle, aus Griechenland, wo seit alters her menschliche Zivilisation daran gemessen wurde, wie man dem Fremden begegnet. Gerda
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