Natur, Mensch und Technik in der Moderne (7): Geometrische Abtraktion – ein Prozess

Beim Zeichnen nach der Natur kommt unweigerlich der Moment, an dem du die „innewohnenden“ geometrischem Formen wahrnimmst und in deiner Zeichnung berücksichtigen möchtest. (Hier zur Abwechslung ein männlicher Rücken, eigene Zeichnungen)

Doch bis wohin treibst du diesen Prozess der „geometrischen Abstraktion“?

Ich gebe zu, dass er mir am meisten zusagt, wenn er in den Anfängen steckenbleibt und nicht konsequent zu Ende geführt wird. So habe ich es jedenfalls gehalten, seit ich zeichne.

Ganz anders Piet Mondrian. Er liebte es – als systematischer Holländer, der er war -, den Dingen langsam und stetig auf den Grund zu gehen, bis zur letzten Konsequenz, wie hier bei seinen Baum-Studien (1909-11).

Halt, Stopp! möchte ich da beim dritten, beim vierten oder spätestens beim fünften Abstraktionsschritt rufen. Halt ein! Wie wunderbar lebendig sind deine Bäume, wie schön entfalten sie sich von der Wurzel übers Gezweig und umarmen den Himmel, wie zart und zugleich majestätisch ihre Bewegung, ihr Farbenspiel – du zeigst uns das alles. Was gewinnst du, Mensch, wenn du am Ende bei der sterilen Kastenform landest?

Ruhm gewann Mondrian natürlich erst, als er bei der radikalsten Form ankam, die einen Namen bekam („de Stijl“) und bis heute die Architekten inspiriert. Bauen wie Mondrian malt!

Mondrian, Komposition 1921 – van Rietvelt, Schröderhaus bei Utrecht 1924

Mondrian war Sozialist. Zunächst wirkt die Absage an Hierarchie und bourgoisen Firlefanz befreiend: kein Souterrain, keine Belle Etage, keine Dienstboten-Dachkammer mehr! Keine griechischen Säulen und barocken Engel an den Fassaden! Gleiches Licht, gleiche Bedingungen für alle Bewohner und Nutzer der Immobilie!  Kann man ihn und die Architekten, die er inspirierte (Le Corbusier und die Bauhaus-Bewegung) verantwortlich machen für die spätere konsequente Anwendung der Abstraktion bis hin zum sozialistischen Plattenbau?

Ich bin, ihr merkt es, keine Freundin der Abstraktion, wenn sie aufhört, der natürlichen Formenvielfalt nachzuspüren und stattdessen intellektuelle Konzepte über die Wirklichkeit stülpt. Das ist mir zu gewalttätig, ist Ausdruck des ungehemmten männlichen Archetyps. Lieber halte ich es mit Leonardo: „Wo die Natur aufhört ihre Abbilder zu schaffen, dort beginnt der Mensch aus natürlichen Dingen mit Hilfe der Natur unendliche Bilder zu schaffen.“ (Heute gefunden bei Jeannette Paterakis http://jeannettepaterakis.com/2018/08/09/die-altstadt-von-grado/).

Noch einmal gehe ich zurück zu den Anfängen der „geometrischen Abstraktion“ , zu Picassos Mademoiselles d’Avignon. Schon hier gibt es einen Punkt, wo ich rufen möchte: Halt! Wie gut ist das, was du uns zeigst! Nun lass es genug sein. Die Aquarell-Skizze hat alles, was ich brauche. Was darüber hinausgeht, ist Verfestigung, Abtötung, Erstarrung. Versündige dich nicht am „Panta rheei!“

Die Frage, die sich hier erneut stellt, ist: in welche Richtung will ich gehen? Will ich das „Geometrische“, das den Bewegungen und Formen der Natur immanent ist, nur bewusster machen, oder will ich mich seiner bemächtigen und es willkürlich als Bild und dann auch in der Wirklichkeit erschaffen?

Schau selbst: Was bleibt von den Künstlern, wenn man ihre Werke aufgrund der ihnen innewohnenden Geometrie vergleicht? Alles. Was bleibt, wenn man sie auf diese Geometrie reduziert? Nichts. Hier Kompositionen von Picasso, Nolde und Rouault mit „ekstatischem spitzem Winkel“.

Und wie geht das alles nun zusammen mit meinen eigenen Bemühungen? Gestern fand ich beim Kramen einen winzigen alten Skizzenblock.Da kann man sehr schön an der unterschiedlichen Strichstärke sehen, wie ich nach geometrischen Formen suche.

Manchmal arbeite ich die geometrischen Formen auch genauer heraus. Doch meine Versuche, mich der Abstraktion weiter anzunähern (s.u., 1986), gebe ich bald auf. Sie scheint mir zu unlebendig, zu weit von dem entfernt, was mein Leben ausmacht.

Und doch: eine geheime Sehnsucht nach Ordnung und Stabilität treibt auch mich um. Es ist nicht leicht, sich immer von Neuem dem Lebendigen und dem ihm innewohnenden Chaos zu stellen. Und noch schwerer ist es, die geistige Ordnung darin zu finden und herauszudestillieren, ohne das Leben abzuwürgen. Das hat, soviel ich sehe, von den Modernen vor allen anderen Paul Klee geschaffft.

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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45 Antworten zu Natur, Mensch und Technik in der Moderne (7): Geometrische Abtraktion – ein Prozess

  1. kowkla schreibt:

    wie immer hast du mich sehr beeindruckt, alles Gute wünsche ich dir.

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  2. Arno von Rosen schreibt:

    Sehr interessanter Eintrag (Beitrag darf es wohl rechtlich nicht mehr heißen) liebe Gerda. Obwohl ich alle Stilformen der Kunst wertschätze, gefallen mir deine Rückenzeichnungen am besten, denn sie erinnern an die Kunst von Leonardo DaVinci.

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  3. rotewelt schreibt:

    Ich denke, in der Kunst hat(te) einfach alles seine Zeit. Ob der Impressionismus, der Kubismus, die konkrete Kunst und so fort: Alles war einmal neu, war Weiterentwicklung des Bisheriges, war anderes Sehen und Wiedergeben – und hat wiederum andere Künstler beeinflusst und neue Stilrichtungen hervorgebracht. Natürlich hat jeder Mensch Vorlieben, eine Kunstrichtung spricht mehr an als andere. Was Mondrian gemalt hat, war ja von der Idee genauso innovativ wie zum Beispiel Picassos Art, Menschen gleichzeitig von verschiedenen Seiten darzustellen. Mondrian hat reduziert auf Schwarz, Weiß und die drei Grundfarben und formal auf den rechten Winkel. Manche dieser Bilder finde ich durchaus interessant, zum Beispiel die Idee, den Blick aus einem New Yorker Hochhaus nur auf diese Farben und Flächen zu reduzieren. Dagegen finde ich die Farbquadratspielerei von Josef Albers totlangweilig und nichtssagend.
    Abstrakte Bilder kommen aber ja heute bei vielen Menschen gut an, auch wenn sie inzwischen oft abstrakt um der Abstraktion wegen sind. Viele dieser Bilder, die heute entstehen, haben keine „Aussage“, auch keine formal gemeinte, sondern sind schön anzusehen, harmlos, die kann man sich gut übers Sofa hängen und die schmücken riesenformatig die Vorstandszimmer der modernen gläsernen Paläste.
    Selbst bin ich auch kein „Fan“ abstrakter Kunst, auch wenn ich manche „schön“ finde. Mir gefällt es auch am besten, wenn ein Bild bei der Abstraktion, aber nicht nur der geometrischen, „in den Anfängen steckenbleibt und nicht konsequent zu Ende geführt“ wird, wie du sagst. Das finde ich spannend und lebendiger, aber eigentlich meine ich gar nicht die Abstraktion, wie ich gerade merke, sondern ich mag es überhaupt, wenn Bilder teilweise ausgearbeitet sind und teilweise skizzenhaft bleiben oder „ausfransen“.
    Ich finde die Kunst der letzten Jahrzehnte oft nicht besonders prickelnd und habe das Gefühl, alles scheint schon mal dagewesen zu sein. Vieles wirkt auf mich leer, wie Spielerei oder bloße Provokation. Sicher ist es auch nicht einfach, wenn man nicht wiederholen will, was schon mal war, aber man kann doch Neues, Eigenes schaffen.

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  4. afrikafrau schreibt:

    ein kompliziertes Thema, mit dem ich mich über viele Jahre auch beschäftigt habe, um das
    Wesentliche herauszuarbeiten, die Formensprache zu ändern, Kunstbücher gewälzt, aber
    wie du schreibst, die Lebendigkeit, den Ausdruck zu behalten usw. Je nach Material auch, neu
    zu variieren etc. da ich anfänglich zu dekorativ gearbeitet habe. Da orientierte mich an den
    alten Meistern, und doch, meinen eigenen Weg gegangen, so wie du auch, ein interessanter
    Beitrag Gerda….Motive sind auch entscheidend, vor allem muss ich selbst überzeugt sein,
    dann ist auch gut, immer besser werden wollen, anders malen wolle, führte bei mir, nicht weiter,
    allerdings experimentieren schon……..

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  5. Myriade schreibt:

    Für mich ist Abstraktion mehr als nur ein starres Herausarbeiten geometrischer Formen. Es ist doch der Versuch die Essenz der Dinge darzustellen

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    • gkazakou schreibt:

      Liebe Myriade, ich sehe, dass deine Formulierung, Abstraktion wolle die „Essenz der Dinge darstellen“ und nicht „starr geometrische Formen herausarbeiten“, große Zustimmung findet. Ich frage mich, seit ich das gelesen habe, ständig, was du wohl mit der „Essenz der Dinge“ gemeint haben könntest? Und ob die Nicht-Abstrakten nicht ebenfalls um die „Essenz der Dinge“ kreisen?
      (Übrigens handelt mein Eintrag von der geometrischen Abstraktion, die eine Sonderform der Abstraktion ist).
      Liebe Grüße und Gute Nacht!

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      • Myriade schreibt:

        Ich erkläre gerne, was ich gemeint habe: ein abstraktes Bild bemüht sich nicht um Abbildung des Modells sondern um Darstellung dessen, was das Modell ausmacht. Also zum Beispiel wird nicht das Äußere eines Baums dargestellt, sondern die Wesenheit des Baums zB die Rauheit der Rinde, die Position zwischen Himmel und Erde, das Atmen der Blätter, die besondere Färbung der Blüten, was eben für den Künstler/Künstlerin die Essenz, die „Baumheit“ dieses Baumes ausmacht. Die geometrische Abstraktion fällt da genauso hinein wie jede andere Form der Darstellung.
        Die Frage ob die Nicht-Abstrakten auch um die Essenz der Dinge kreisen, ist sehr interessant. Ich denke, manche tun es, manche nicht. Ob es nicht ein Qualitätskriterium ist ………
        Liebe Grüße zurück

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    • www.wortbehagen.de schreibt:

      ich frage mich aber, ob wir denn immer die Essenz von allem wollen? Oft ist eine Essenz viel zu stark um in ihrer Wirkung zu einem Genuss führen zu können. Die Kunst ist dann wieder eine Verdünnung, bzw. eine Rückführung zur Natürlichkeit

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      • Myriade schreibt:

        Ich finde theoretische Kunstdebatten prinzipiell sehr schwierig. Allein „Wirkung“ und „Genuss“ sind völlig subjektive Kriterien. Wenn man dann gar erst in den Bereich „Was ist Kunst?“ kommt …..

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Myriade, für deine Erläuterung. Inhaltlich will ich jetzt nicht drauf eingehen, es würde zu viel als Kommentar. Mal sehen, ob es für einen weiteren Beitrag reicht.

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  6. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda, ich kann zwar die geometrischen Formen in deinen alten Skizzen sehen, dennoch überwiegt die Lebendigkeit; deine Striche sind schwungvoll. Etwas anders ist es bei den zwei Frauen auf der Teraase, da wird es beim zweiten Bild schon starrer.
    Paul Klee ist auch für mich eine Ausnahme, wenn es um Geometrie in Verbindung mit Leben geht, er hat seine geometrischen Anordnungen gebrochen, sei es, dass ein kleines Kamel die Mitte einnimmt oder, wie bei vielen seinen Bildern, dass er den Schwung der Linien nicht verlässt, indem er zum Beispiel die geometrischen Formen bewegt darstellt. Ich habe es ja schon oft geschrieben, dass für mich das Leben nicht linear ist und dass ich in der Natur keine (oder sage ich besser selten und wenige) gerade Linien vorfinde, Bäche, Flüsse, natürlich entstandene Pfade mäandern, spitze Berge zeigen Einbrüche etc.
    So komme ich nun darauf, dass nicht die Geometrie selbst ein Bild erstarren lässt, sondern die Linienführungen und deren Anordnung bestimmend ist, ob es lebt oder nicht.
    Ich würde, in Bezug auf deinen Artikel und deinen Vergleichen der „Alten“ nicht sagen, dass nichts bleibt, dass es eine Phase, ein Experiment gewesen ist, dass alles seine Zeit und seine Berechtigung hat, alles andere ist mein persönlicher Zugang und Geschmack.
    Nur Quadrate langweilen mich, oft stehe ich vor einem abstraktem Bild und komme nicht hinein, am besten gelingt mir das noch, wenn es ein Thema gibt oder eine dazu gehörige „Erzählung“, allerdings scheint mir letzteres noch ein ganz anderes Thema ist, wenn ncht sogar zwei: Reduktion und Abstraktion…
    soweit erst einmal, liebe Gerda, nun bin ich nach einem komatösem Mittagsschlaf wieder wach 😉
    herzliche Grüße, Ulli

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    • kopfundgestalt schreibt:

      Gerade Linien gibt es in der Natur, gerade auch weil es die Erdanziehung gibt. Das ist JETZT MEINE Überzeugung. 🙂
      Die Quadrate von Albers sind aus kunsthistorischer Sicht wichtig.Ich möchte sie nicht missen, wennauch ich andere Kunst spannender finde.

      Gefällt 3 Personen

      • Ulli schreibt:

        sind das nicht eher wieder menschliche Darstellungen?! Ich bin da nicht so bewandert wie Erdanziehung dargestellt wird-

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Es gibt die Sonnenausgerichtetheit und die zum Zentrum der Gravitation.

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      • Ulli schreibt:

        Ich kann und will das nicht bestreiten und dass es sie gibt, da ist schon klar, aber wenn wir Menschen dies dann darstellen stellen wir es so dar, wie wir es jetzt meinen zu verstehen und das sind dann lineare oder geometrische oder wie auch immer noch gestaltete Grafiken und natürlich gibt es viel gerade Linien in diesen Bereichen, aber ich spreche von dem was ich sehen kann, jetzt und hier, wenn ich Landschaften/Natur betrachte, da sehe ich keine Geraden…

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Ich hatte sie fotografiert, Ulli!
        Wenn ein Zweig zur Sonne will (UND MUSS), dann muß er vom Boden aus einen Bogen machen, um den anderen Zweigen auszuweichen. Dann beschreibt er einen Bogen.
        Wenn er das so nicht machen MUSS wieso nicht eine Gerade? Das wäre das Natürlichste aus meiner Sicht!

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      • Ulli schreibt:

        Sorry Gerhard, ich kenne keine pillegeraden Äste, ob nun andere im Weg sind oder nicht und ich will auch nicht mit dir streiten. Mir geht es um das, was der Mensch konstruiert, um sich die Welt erklärbar zu machen versus dem was ich wahrnehme…
        außerdem bin ich nicht besonders wissenschaftlich bewandert, ist nicht so mein Feld –
        jetzt muss ich aber ins Bett, gute Nacht!

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Ich hatte schon mal kerzengerade Strukturen veröffentlicht. Ich möchte da auch nicht nochmal hinverweisen, liebe Ulli.
        Mir ging es nur um die pauschale Aussage: „Geraden gibt es NICHT in der Natur“.
        Das war eigentlich alles.

        Gute Nacht 🙂

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      • Ulli schreibt:

        Nun bin ich doch neugierig, magst du mir den Link zu deinem Beitrag senden?
        Guten Morgen, lieber Gerhard, genieße diesen wunderschönen Tag, der aufgeklart und erfrischt Einzug gehalten hat.

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Ich mach bald einen extra Beitrag, liebe Ulli. Damals war ich darin auf etwas anderes fixiert – es gibt noch bessere Bilder davon.

        Kurze Auffrischung, bevor es am Montag heftig weitergeht. Soll angeblich noch bis Oktober so bleiben?!?!
        Schönen Tag Dir!

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      • Ulli schreibt:

        Okay, dann bin ich einfach mal gespannt.
        So, es soll so weitergehen, na, ich lass mich überraschen, ich bin ja immer etwas skeptisch bei den Langzeitprognosen, ich nun wieder 😉

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      • kopfundgestalt schreibt:

        habs online gestellt…

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      • gkazakou schreibt:

        Klar gibts diese beiden Ausrichtungen in der Natur, Gerhard, aber existiert deshalb auch die Gerade ? ist sie nicht vielmehr eine Idee und eine Linie, die wir hilfsweise ziehen? Klar, ein Baumstamm kann ziemlich gerade wachsen, aber die gerade Linie ist ihm dennoch fremd. Das sieht wohl auch Mondrian nicht anders: schau mal seine Bäume an! Erst in der 5. Abstraktionsstufe wird der Stamm gerade.

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Ich finde, es gibt AUCH die Gerade. Ich habe kerzengerade Stengel fotografiert. Und zwar welche, die schräg nach unten wiesen.

        Wieso sollte es sie nicht geben? Es ist doch kein Grund dagegen anführbar.
        Mondrian ist ein Künstler, der hat die Natur nicht studiert – meine ich.

        Gefällt 2 Personen

      • gkazakou schreibt:

        Lieber Gerhard, ich weiß gar nicht,wo diese Antwort jetzt im Kommentarstrang aufscheint. Egal. Ich glaube, wir missverstehen uns gerade ;). Selbstverständlich gibt es gerade gewachsene Äste, und kürzlich sah ich bei Joachim Schlichting eine messerscharfe gerade Kante an einer Düne, die mich echt verblüffte. Doch darum geht es bei der geometrischen Abstraktion ja nicht, denn da werden Gerade nicht nach Maßgabe der Natur, sondern nach Maßgabe der kognitiven Idee und der Bilderfordernisse gezogen, Der krumme Baum wird zB mit geraden Linien dargestellt, weil der Künstler meinetwegen die Vorstellung der Erdanziehung im Kopf hat. Er meint, damit das Wesentliche des Baumes – sein Senkrechtstehen zum Erdmittelpunkt – am besten wiedergeben zu können. Oder er zeichnet einen Kreis mit einem Punkt und meint, damit das Wesentliche des weiblichen Busens darzustellen. Das nenne ich geometrische Abstraktion. Einverstanden? Daneben gibt es andere Formen der Abstraktion, zB die gestische. Abstrakt wird ein Maler dann, wenn er die Bezüge zur Naturform nicht mehr im Sinn hat, sondern nur noch an den geometrischen Formen oder reinen Farben interessiert ist, ganz unabhängig von einem Gegenstand. Dazu gehört zB Albers. So, nun aber gute Nacht!.

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Einverstanden!
        Joachim Schlichtings messerscharfe gerade Kante einer Düne kenne ich ja und ich selbst hatte eine Clematisart fotografiert und auch 2016 gepostet, die drei kerzengerade Stengel wie Strahlen einer Sonne, von einem Punkt ausgehend, aufweist. Ich stelle das nochmal mit einem neuen Post dar, denke ich.
        Was Du sagen willst, ist mir klar: Da, wo ich Kognitives über die Natur stülpe, wird es fragwürdig. DAS war deine Ursprungsaussage. Was ich dann tat, war, die zufällig aufgekommene Aussage: „Es gibt keine Geraden in der Natur, zu hinterfragen“. Dies hatte aber, wie gesagt, mit der Hauptargumentation nichts zu tun oder bestenfalls am Rande.

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    • gkazakou schreibt:

      „komatöser Mittagsschlaf“ -o ja, den hatte ich heute auch, denn es war mir zu heiß und ich fühlte mich nicht so gut. danke für deine Gedanken. Reduktion und Abstraktion – ja, das ist sicher ein wichtiger Unterschied. Wichtiger aber für mich ist, ob die Abstraktion (oder Reduktion) im Äußerlichen der Form oder im Innerlichen des Seelenlebens landet. Schwer, so was in Worte zu fassen. Myriade spricht von der „Essenz der Dinge“ – wenn die am Ende verdeutlicht wird, ist es gut. Aber die Essenz der Nase ist eben nicht ihre Dreiecksform.
      Wenn ich sagte: „nichts bleibt“, so meinte ich. In den vier verglichenen Bildern (Picasso, Rouault, Nolde) gibt es das, was ich den „ekstatischen spitzen Winkel“ nenne. Wenn ich aber die Bilder auf diesen Winkel reduziere, bleibt von dem besonderen Charakter der Kunstwerke und ihrer Erschaffer nichts. Sie werden beliebig. Das versuchte ich mit den Einzeichnungen zu demonstrieren.
      Abstraktion ist nicht gleich Abstraktion – die geometrische Abstraktion ist eine Sonderform. Solange noch die lebendige Form zu fühlen ist, aus der sie entstanden ist, kann sie zu mir sprechen. Nicht aber, wenn die geometrische Form sich an die Stelle des Gegenstandes gesetzt hat. Also wenn ein Dreieck von sich behauptet, ein Gesicht zu sein. Picasso ist eigentlich kein Abstrakter, obgleich er das Instrumetarium beherrscht. er liebt, wie ich sagte, die Welt und ihre Erscheinungen zu sehr, als dass er sie durch geometrisch-abstrakte Formen ersetzen wollte.i
      Die Linienführung ist, da gebe ich dir unbedingt recht, das A und O der Kunst. Wenn die lebendig ist, ist es gut für mich. Das ist auch der Unterschied zwischen den Farbfelder-Bildern von Klee und Mondrian.
      Gute Nacht!

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      • Ulli schreibt:

        Danke, dass du das Thema: nichts bleibt, weiter ausgeführt hast, ich bin darüber gestolpert, nun weiß ich worauf du hinaus wolltest und stimme zu!
        Die Essenz der Dinge … finde ich sowohl wörtlich wie auch bildlich schwer zu fassen, auch wenn ich sie wieder und wieder umkreise und wohl noch lange tun werde- manchmal gibt es so Momente, da denke ich: jetzt habe ich es, aber auch das ist nur ein vergänglicher Augenblick, aber immerhin ist er dagewesen und ist abgespeichert, trägt weiter…
        Zu Mondrian und Klee: JA
        ich sage jetzt auch gute Nacht, träum schön, liebe Gerda

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Picasso war NIE Abstrakter, das wissen wir alle. Wenn man gegenständlicher Künstler ist, wieso dann abstrakt?!“ Da fällt mir tatsächlich nur Mondrian ein.

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  7. kopfundgestalt schreibt:

    Sehr instruktiv und durchdacht, wie sicher schon mehrmals angemerkt.Eine Menge „Arbeit“ auch.

    „Ich bin, ihr merkt es, keine Freundin der Abstraktion, wenn sie aufhört, der natürlichen Formenvielfalt nachzuspüren und stattdessen intellektuelle Konzepte über die Wirklichkeit stülpt. Das ist mir zu gewalttätig, ist Ausdruck des ungehemmten männlichen Archetyps.“

    Abstraktion ist nicht nur eine männliche Stoßrichtung, auch wenn mehrheitlich Männer so etwas gemacht haben.
    Wie stehst Du denn zu Albers? Albers studierte m.E. den farblichen Zusammenklang von Quadratkonstruktionen. Für ihn waren diese Fragen wichtig genug, um sich damit umzutun.
    Oder Nay mit seinen Farbkreisen?
    Kürzlich einen Hans Hartung Katalog durchgesehen. Gegenständlich waren seine abstrakten „Klänge“ immer irgendwie, weil sie Polarität, Zusammenklang, Leuchten ect thematisierten, etwas, was es ja definitiv so in der Welt gibt! In der Welt gibt es all diese Effekte und Wirkungen.

    Will ich etwa Zorn darstellen, muß ich nicht einen wütenden Menschen portraitieren, sondern kann das auch im Gestus, im Schroffen, in wilden Farbklängen tun.

    Das war erstmal ein kleiner Anstoß von meiner Seite.

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Gerhard. Wieder mal möchte ich betonen, dass männlicher Archetyp nichts mit Mann zu tun hat. Männer und Frauen können ihm mehr oder weniger zugetan sein.
      Albers interessiert mich wenig, Nay mehr, Hartung sehr. ich denke, Hartung ist nicht geometrischer Abstrakter sondern gestisch Abstrakter. Damit habe ich überhaupt kein Problem, im Gegenteil, es fasziniert mich. Denn da kommt Gefühltes herüber, es ist eine sehr persönliche Handschrift.

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      • kopfundgestalt schreibt:

        Hartung hat das Gestische seiner Zeichnungen auch 1 zu 1 auf große Leinwand übertragen – seine originäre Idee!! Viele haben das kritisiert. Bei seinen Spätwerken ist wenig gestisch auch.

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  8. Das ist wieder einmal sehr aufschlussreich und für mich vollkommen nachvollziehbar insbesondere auch deine Wertungen.

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  9. www.wortbehagen.de schreibt:

    Wieder mal, wie muß es jetzt heißen, Eintrag? von Dir, liebe Gerda
    Ich weiß auch nicht, wieso ich Dir in allen Punkten zustimme, aber ich empfinde ebenso wie Du bei der totalen Abstraktion
    * Nun lass es genug sein. Die Aquarell-Skizze hat alles, was ich brauche. *
    Genau hier war es, wo mir auffiel, wir empfinden gleich. HIER war die ästhetische *Schönheit*.
    Die Gesamtkomposition der Skizze war perfekt, nicht fehlte, keinerlei weitere Veränderung brauchte es.
    Das *Fertige* war überflüssig für mich, immer wieder sah ich mir nur die Skizze des Aquarells an, da kribbelte es mir in den Fingerspitzen, da wußte ich, DAS ist Vollendung, nicht die *Perfektion*, die für mich keine mehr war.
    Deine Rückenbilder sind wunderschön, da denke ich wie Arno und die Bilder am Ende des Eintrages, der für mich weiterhin ein Beitrag bleibt, denn DU trägst zum Gelingen Deines eigenen Eintrages bei 🙂 gefallen mir sehr und das rechte der beiden ist ein erklärter Liebung von mir *schmunzel*
    Spitze Winkel machen mir Probleme. Sie sind zu spitz (sind es nicht die Knochenbrüche, die spitzige Winkel fabrizieren, uns Schmerzen bereiten?) sind es nicht eher die gerundeten Ecken, die Bogen, die natürlich sind? und wo sind die Kerzengeraden (na ja, bei der Königskerze sehe ich sie, die Gerade) Wenn die Natur die Gerade braucht, schafft sie sich eine, aber eine, die sich auch schnell wieder ändern kann und das hat viele Gründe

    Ein laienhafter Kommentar, ich weiß es wohl, aber es ist ein sehr ehrlich empfundender

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