„Und die Drei im Netz?“ kräht Dora, die mir auf der Schulter hockt, während ich im Reader blättere. – „Welche Drei im Netz“, frage ich begriffsstutzig. – „Die drei Fische meine ich, die Die zwei mit dem Netz gefangen haben. Drei wirklich große Fische lagen am Strand… schreibt Jürgen. Wie es denen wohl im Netz erging? Ob es ihnen da wohl gefiel?“
„Vermutlich nicht“, gebe ich zu. „Aber mir schmeckt Fisch, besonders wenn er frisch aus dem Meer kommend auf meinem Teller landet. So wie dieser hier. Vielleicht willst du ihn ja befragen, wie er sich so gefühlt hat, bevor er auf dem Teller landete…“
Ganz ernst hatte ich meinen Vorschlag nicht gemeint, denn bekanntlich sind Fische stumm, und nun gar einer, der gehäutet und gebraten auf meinem Teller liegt, was soll er schon zu erzählen haben! Umso erstaunter lauschte ich dem Dialog, der sich zwischen Dora und dem Fisch entspann.
„Lieber fetter Fisch,
du auf dem Tisch,
wie wars für dich?
Ganz fürchterlich?“
„Danke für die Nachfrage“, krächzt der Fisch. „Es war so:
Ich schwamm genüsslich und behäbig
rundum Kleinvolk dünn und schäbig
da erschien vor meiner Nase
eine große goldne Blase
in der Blase glaub es mir
schwamm ein wunderliches Tier
sternenhaft und strahlengleich
außen hart und innen weich
als die Blase lieblich schwankte
dachte ich, das Weltall wankte
Soviel Liebreiz, solche Wunder
Mir, der armen dummen Flunder.
Ja, ich ward vor Staunen dumm
doch o Wunder nicht mehr stumm.
Ich sang A und Vau und Ee
manierlich und in Zeitlu-pee.
Als ich das Ding erhaschen verprassen wollte
es weg ins Unbekannte rollte.
Das ist in Kürze die Geschicht
wenn du mich isst, vergiss sie nicht.
„Klar doch“, flötete Dora, „ich esse dich jetzt, lieber Fisch der Poesie. Und wenn ich dich gegessen habe, kann ich vielleicht auch dichten wie du!“.
300 Wörter
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Dies ist ein Beitrag zu Christianes abc-etüden

und zu Myriades Impulswerkstatt (Bild 3: der Angler



😅🌊
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Das Wort Zeitlu-pee wird jetzt ein ständiger Begleiter. Mir hat die Geschichte vom Poesie- Babel- Fisch sehr gut gefallen! Viele Grüße.
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Ave, Alexander!
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Ich liebe deine Kata-Strophen, liebe Gerda, aber ich finde das „Verprassen“ nicht, habe ich etwas übersehen? 🤔 Würdest du es bitte korrigieren? 😉
Morgenkaffeegrüße ☁️🍃☕🍪👍
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Och, ja, ich habe „schwanken“ eingebaut, das zur vorigen etüde gehörte. Nun gut, ich ändere den obigen Text.
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Gelesen, danke! 😉
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Ich finde es so besser! Der Fisch ist ein Schlemmer und Prasser, der leicht verächtlich über die „Dünnen“ redet, und hat daher (so hoffe ich) auch Verständnis für den, der ihn verprasst. 😉
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Lieber Gerda! Ich hätte nicht gedacht, das die drei Fische am Strand, die ich da so im Vorbeigehen gesehen habe und leider nicht fotografierte, den poetischen Weg gegangen sind. Die Erwähnung freut mich jedenfalls, Liebe Grüße
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Ich finde, sie haben es verdient – schließlich sind sie ja die Hauptsache 😉
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Wunderbar der poetische Fisch, mit Versmaß-Kenntnissen und ausreichendem Wortschatz für das Auswechseln von Begriffen. Und flexibel ist er auch und schwimmt durch zwei Projekte 🙃Schön finde ich die fischige Verbindung mit Jürgen! Herzliche Grüße
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Die Flunder: wie könnte es wohl anders sein! Ich denke, Du hast Dich an Deine Kindheit in Norddeutschland erinnert und das alte plattdeutsche Märchen „Von dem Fischer und syner Fru“ im Hinterkopf gehabt?
Super, wie immer!
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Ach, Gerda, wie wunderfein ist doch Dein FischMärchen und die Reime sind ganz herzerquickend 🙂 🙂
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