„Und wie gedenkst du deine Reiseerlebnisse zu präsentieren?“ fragt Dora und blickt mir skeptisch über die Schulter, während ich Massen von Fotos abspeichere. „Ich hoffe, du hast nicht vor, deine Leserinnen und Leser mit endlosen Lichtbild-Shows zu langweilen?“ –
„N-nein“, sage ich zögernd und wundere mich über ihren Ausdruck „Lichtbild-Shows“, der mich an die Dia-Vorträge früherer Zeiten erinnert, mit denen glücklich aus dem Urlaub Heimgekehrte die weniger glücklichen Daheimgebliebenen beglücken wollten. „Nein“, sage ich nun schon entschiedener, „ich werde nur ein paar Bröckchen präsentieren. Welche, weiß ich noch nicht. Vielleicht hilfst du mir beim Aussuchen?“
Dora guckt mich an, als würde ich ihr wie einst Herakles dem Atlas die Welt zum Tragen aufbürden. „Ja, wie denn? Soll ich etwa alle deine Fotos sichten?“ kreischt sie empört.
„N-nein“, stottere ich beschwichtigend, „natürlich nicht. Vielleicht machen wir es wie beim Glückrad? Ich scrolle die Fotos runter, und du schreist irgendwann Halt?“
Bingo! Dora mag spielen. Dora macht die Augen zu – ich scrolle – und Dora schreit Halt!
Bild 1: Vögel! Ach ja, das war ja das Schönste an Rom überhaupt! Morgens auf der Frühstücksterrasse über der erwachenden Stadt zu sitzen und in den weiten weiten Himmel zu schauen, durch den Mauersegler flitzen, Möwen gleiten und etwas weiter unten, dort wo die hochstämmigen römischen Pinien mit ihren dunkelgrünen Kronen das verblichene Grün der Zedern und das sattglänzende der Magnolien überschatten, grüne Papageien hin und her flattern und manchmal kleine Schwärme bilden.
Ich möchte zum Augenblicke sagen: „Verweile doch, du bist so schön!“, doch Dora verlangt eine Fortsetzung des Spiels. Vögel seien in Ordnung, doch gebe es ja auch noch anderes. Ich scrolle – Dora schreit Stopp! und….
Bild 2: „So schön sind deine Füße nicht!“ kräht Dora vergnügt und, wie mir scheint, ein bisschen schadenfoh. Denn tatsächlich sind meine Füße, nach 70 km Fußmarsch durch italienische Städte und Museen, ziemlich ramponiert. …. „Um die Füße der Dame geht es hier wohl eher nicht“, gebe ich etwas indigniert zu bedenken. Worum es dann gehe, wünscht Dora zu wissen. „Doch nicht etwa um den ollen Männerkopp?“ – „Nun“, sage ich, „es geht um eine fromme Geschichte. Die Besitzerin des Fußes war eine schöne reiche Witwe namens Judit, die verführte…
… einen Feldherrn namens Holofernes und machte ihn betrunken, dann haute sie ihm den Kopf ab.“ – „Hehee!“ schreit Dora. „Wieso nennst du das eine fromme Geschichte?“ – „Es ist wegen … Also, es handelte sich um Notwehr.“ – „Aber er hat ihr doch gar nichts getan, oder?“ – „Nicht ihr, aber er befehligte das feindliche Heer. Und ohne ihre mutige Tat hätte er vielleicht ihr ganzes Volk abgeschlachtet“, sage ich, nicht ohne nachdenklich hinzuzufügen: „Allerdings darf man bezweifeln, dass es genau so abgelaufen ist. Eine fromme Legende eben. Die Schönheit siegt über das Hässliche, das Gute macht dem Bösen den Garaus. Den Malern gefiel dies Sujet schon immer sehr, weiß der Teufel warum….“
„Machen wir weiter,“ kräht Dora in meine Gedanken hinein. Und so scrolle ich brav, Dora schreit Halt! und springt mitten ins gestoppte Bild 3 hinein. „Cool!“ schreit sie, und „Das nenne ich Kunst!“
Wünschen wir dem fleißigen Bildsprayer, dass Dora ihm Glück bringt und die Kinder ihre Portemonnaie-besitzenden Eltern beschwatzen, eines seiner Machwerke zu kaufen.
Liebe Gerda * wir ging es dir ohne die tgl. Blognachrichten? Keine Entzugserscheinungen?
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Nö! 🙂
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Großartig, was du dir dort alles erwandert hast! Nun kannst du die Füße im Meereswasser heilen lassen…und von den Eindrücken zehren.
Grüße von Sonja
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Danke, Sonja! Nun bin ich erstmal in Athen, das liegt leider nicht am Meer. aber balde, balde…
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Feines Spiel des stop und go mit Dora und deinen interessanten Urlaubsbildern…
Und stell dir vor: hab dich und deine täglichen Posts vermisst!
Herzliche Abendgrüße vom Lu
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🙂 es gibt wohl nichts Angenehmeres, als vermisst zu werden…. es stärkt die immer gefährdete Selbstakzeptanz.
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Haargenau, liebe Gerda, schön gesagt 💌
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ich auch, auch wrenn ich nach zwei Tagen Abwesenheit nun kaum noch nachkomme 🙂
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⭐ ⭐ ⭐
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Ist ja super denn Dora war dabei! Ich glaube Du hättest sie auch nicht alleine Zuhause lassen können, sonst wäre sie vielleicht zu Kevin allein Zuhause mutiert!😁🙆🏻♀️😉Jetzt habt ihr Beiden soviel Input bekommen, daß ihr sicher eine ganze Weile davon zehren werdet! Bin gespannt, was für fantastische Zeichnungen alla Gerda entstehen!😁😊🙆🏻♀️😉
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Ähäm, fantastisch sind die Zeichnungen, die ich bisher zustande brachte, nicht, liebe Babsi. Aber ich mag sie.
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Toll geschrieben: „dort wo die hochstämmigen römischen Pinien mit ihren dunkelgrünen Kronen das verblichene Grün der Zedern und das sattglänzende der Magnolien überschatten, grüne Papageien hin und her flattern und manchmal kleine Schwärme bilden“ … eine Wonne für meinen manchmal verwundeten Geist. Danke!
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Ich freu mich, lieber Alexander, denn solche Momente, wie ich sie hier beschreibe, geben auch mir ein bisschen Ruhe und Seelenfrieden. .
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Das geht ja jetzt – dank Dora – wie im Galopp durch Deine vielen Photos! Bild 1: Wunderschön, aber doch sicher nicht Natur sondern Kunst.
Bild 2: Von „fromm“ finde ich darin nichts.
Bild 3: Das ist richtig schön und erfreulich mit Dora mittendrin!😊💕
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