Weite

Blick vom Syngrou-Wald auf Athen und das Meer, 13.1.2019, später Nachmittag.

Das Ferne skizzieren. Dort, wo eigentlich nichts mehr ist außer dem Glanz des Meeres und dem von der späten Sonne durchglühten Himmel – kann man das zeichnen?

Ein wenig ist das wie die Frage, die Ulli angesichts des blauen Raums stellte: Lässt sich leerer Raum DARSTELLEN? Sie fand – und ich stimme ihr natürlich zu: Nein. „Um Raum darstellen zu können, braucht es etwas„.

Ich fand mich heute in einer ähnlichen Situation, denn natürlich könnte man einen farbigen Himmel malen – Turner hat es uns wunderbar gezeigt -,  doch als Schwarz-Weiß-Zeichnung – geht das? Wieviel Unterstützung braucht die Leere durch einen ausformulierten Vordergrund, durch Bergkulissen, Baumsilhouetten, Wolkenränder, Meereshorizonte? (bitte zum Vergrößern anklicken)

Ich machte heute zwei Anläufe – zuerst zeichnete ich das rechts stehende Bild mit dem Baum als Raumöffner, dann (links) konzentrierte ich mich auf den leuchtenden Meereshorizont, darüber das helle Auge des Abendhimmels, bezog auch die Bergkulissen und die Mulde mit ein, in der sich die Stadt Athen ausbreitet.

Mir ist bewusst, dass das weit mehr als „Nichts“ ist. Aber es ist ein Schritt vom Nahen hin in die Weite, in der sich das konkrete Leben verliert und auflöst, wo die Viel-Millionen-Stadt Athen nur noch durch ein paar Strichelchen präsent ist.

Von hier ist es dann ein kleiner Schritt zur Abstraktion. Wie das gehen könnte, kann man  an den folgende digitalen Bearbeitungen sehen.

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Fotografie, Kunst, Leben, Meine Kunst, Natur, Umwelt, Zeichnung, Zwischen Himmel und Meer abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

26 Antworten zu Weite

  1. wechselweib schreibt:

    Tolle Atmosphäre eingefangen! 🌈

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  2. Ulli schreibt:

    Im Vergleich gesehen wirkt das linke Bild auf mich so, dass es meinen Blick in die Weite, Ferne, Leere zieht, beim rechten Bild wird mein Blick von dem Baum im Vordergrund gehalten, muss sich erst befreien, um schweifen zu können.
    Die bunte Bearbeitung des linken Bildes macht das noch deutlicher. Es könnte sogar noch weniger Vordergrund für mich sein, es wäre noch spannend wie es ohne die „Figuren“ darin ist.

    Und ja, Turner hat immer wieder gezeigt, dass es nur sehr wenig „Dingfestes“ geben muss, um den Raum zu spüren/zu sehen. Auch einige wenige in schwarz-weiß-grau, ich fand eins im Netz, aber es war total verhunzt wegen der copyright-Marken, tempete de mer, vielleicht findest du es ja noch ansehnlich.

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  3. violaetcetera schreibt:

    Ich bin zwar kein Kunstexperte, aber ich hatte einmal die Möglichkeit, viele Turner-Bilder in der Tate Gallery zu sehen und war schwer beeindruckt. Allerdings fühlte ich mich zeitweise auch ein bisschen verloren, weil ich so viel leeren Raum fast gar nicht gewohnt bin. Deshalb hilft mir eine Art Maßstab wie der Baum im rechten Bild sehr bei der Orientierung.

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  4. Pingback: Raum |

  5. Susanne Haun schreibt:

    Das ist wahrlich romantisch dargestellt, Gerda. Ja! Um Raum darzustellen braucht es etwas 🙂 Vieles drumherum.
    Einen schönen Wochenbeginn von Susanne

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    • gerda kazakou schreibt:

      wie bei deinem Horny mit seinen „Arabesken“ und seiner zeigenden Frau … hast du eigentlich meine Bemerkungen zu der Frau hilfreich gefunden?

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      • Susanne Haun schreibt:

        Liebe Gerda,
        danke für deine vielen Hinweise. Ich dachte, ich hätte dir dazu schon geschrieben. Das habe ich wohl vergessen, entschuldige bitte.
        Ich hatte schon andere Zeichnungen von Horny herausgesucht, die auch Frauen im zeigenden Status darstellen. Ich denke, die Frau im Baum nimmt die Rolle der Betrachterin ein, auch wenn in seinem Skizzenbuch viele Obstpflügerinnen in ähnlichen Positionen enthalten sind, die ihm bestimmt als Vorlage dienten.
        Es ist wichtig, alles was man schreibt, belegen zu können. Das Schreiberinnen-Ich und die Meinung der Schreiberin sollte da zurückgehalten werden. So fand ich deine Sichtweise auf die Zeichnung sehr interessant, besonders die Geisterstadt hat mir gefallen, ich habe sie aber nicht verwendet 🙂
        Liebe Grüße und einen schönen Abend wünscht dir Susanne

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  6. Myriade schreibt:

    Sehr interessant! nicht zu vergessen, dass Farben für die Darstellung von Raum sehr hilfreich sind

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  7. kowkla123 schreibt:

    die „Weite“ super dargestellt, komme gut durch die Woche ohne Stress und Kummer

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  8. Peter Klopp schreibt:

    Du hast die Frage ‚ kann man das zeichnen?‘ mit deinen fabelhaften Zeichnungen mit einem Ja beantwortet, liebe Gerda.

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  9. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Du bringst mir die Weite nahe, liebe Gerda.
    Die erste Bearbeitung, die Abstraktion im aufgeblätterten Zeichenblock,
    ist einfach wundervoll

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  10. gann uma schreibt:

    Das ist ja alles perspektivisch. Dort, wo der Horizont ist, sind Dinge, die du von deiner Perspektive nicht siehst, aber sie sind tatsächlich da.
    Wie fühlt sich der Horizont? Vermutlich ist ihm das, was grad unter ihm ist, sehr nah, und die Perspektive weit entfernter Beobachter egal.
    Ist das eine Illusion, eine Halluzination, eine Erscheinung – was bedeutet es, was wir da sehen? Die Welt ist anders, als wir wahrnehmen.

    Jemand Steht. Jemand Sieht. (Klein. Mein.)
    Welt Ist Ganz. Viel. Mehr. Alles.

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    • gerda kazakou schreibt:

      Ganz lieben Dank für deine Ergänzung und Zurechtrückung, Umm – wichtig! Ferne ist nur perspektivisch, relativ zum Standpunkt, was mir ferne erscheint, ist woanders nah. Die Welt ist ganz anders, und sie ist ganz. Ja, so ist es. Sie ist auch nicht dreidimensional, um das noch hinzuzufügen, auch nicht vier-dimensional. Sie hat viele viele Dimensionen. doch ich armseliger kleiner Zeichner wähle mir zwangsläufig meine kleine Perspektive und nenne das Nahe nah und das von mir Entfernte weit weg. Das ist meine Perspektive, sind die Dimensionen, in denen ich wahrnehme. Auch darin liegt eine Wahrheit, denn für mich stellt sich Welt so dar.

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      • gann uma schreibt:

        Die Perspektive des Horizonts würd mich jetzt interessieren, und ob er die fernen Beobachter wahrnimmt. (Tut er natürlich nicht, denn der Horizont ist ja nur eine konstruierte Linie, aber philosophisch wäre das interessant.

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    • gerda kazakou schreibt:

      Ich habe im Anschluss an deinen Kommentar auch darüber nachgedacht. Der Horizont ist ja für den Beobachter etwas sehr Reales, so real wie die Sonne und der Mond, und sogar näher, hinter ihm verschwinden Schiffe, tauchen Berge auf…. Sieht der Horizont von Horizont zu Horizont? Und sieht er mich, wie ich ihn sehe? weit weit dahinten, am fernen Horizont?

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  11. PPawlo schreibt:

    Ein rundum faszinierender Beitrag ! Immer wieder schön auch dein Austausch mit Ulli! LG Petra

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