Wie ich heut vormittag so an meinem Garten-Tischchen sitze und mal wieder in Alain de Bottons „Wie Proust Ihr Leben verändern kann“ lese (Fischer Taschenbuch, 2003), bleibe ich an einer Stelle hängen: „N’allez pas trop vite“ („gehen Sie nicht zu schnell“), fordert Proust seinen Gesprächspartner auf (S. 59). Ich lese das und blicke auf. Blicke auf die Stein- und Muschelsammlung auf dem Tischchen, zu der gestern ein neuer Stein gekommen ist: flach und grau ist er, durch eine feine weiße Linie geteilt. „Mach langsam!“ denke ich und lasse zwei Muscheln aufeinander zumarschieren, eine große und eine kleinere, bis sie sich fast küssen. „Begegnung“, denke ich, denn das Wort beschäftigt mich seit Ullis schön formulierten Gedanken zum „sich dem Fremden öffnen „. „Ma pas trop vite!“ erklingt darunter der basso continuo.
Der neue Stein will integriert sein, und da er, wie zwei seiner Brüder, eine weiße Linie trägt, ist der erste Impuls: Gleiches zu Gleichem, Kurden zu Kurden, Araber zu Arabern, Deutsche zu Deutschen, etc pp.
Doch jeder sieht ein, dass damit die kreativen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft sind. Ein paar Figuren entstehen unter meinen Händen, langsam, mit geringfügigen Veränderungen jedesmal, ohne tiefere Bedeutung, außer vielleicht der einen: „Ma pas trop vite!“
Zum Abschluss sei mir noch ein anderes Proust-Zitat gestattet, das ich bei de Botton fand (S.30). „Die Zahl der menschlichen Typen (ästhetisch betrachtet) ist zu beschänkt, als dass man nicht oft, wo es auch sei, die Freude hätte, bekannte Gesichter zu erblicken.“ Könnte es sein, dass du hier jemanden wiedererkennst?
Ungefähr so stelle ich mir die Evolution vor: immer neue Varianten einer Grundform und der Grundbausteine.
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… organisiert von einem spielerischen Geist 😉
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das wäre das Schönste! und gäbe Hoffnung!
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Warum der Konjunktiv, lieber Werner? die Evolution gibt es ja, und täglich bewundern wir die Ergebnisse dieses wundersamen Spiels. Nenn es Natur, nenn es Geist, nenn es Gott oder Göttin oder Neraiden und Sylphen – intelligente Wesenheiten stecken jedenfalls dahinter. Für den blanken Zufall würden die Jahrmillionen nicht ausreichen, aus einer belebten Zelle einen Alligator und einen Kollibri, ein Gänseblümchen und einen Menschen zu entwickeln.
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… und unsere Erkenntnis und Diskussion darüber. Ja, danke, Gerda.
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Ja freilich. Mit unseren beschränkten Mitteln der Intelligenz und des Spieltriebs können wir ein wenig von der Schöpfung verstehen, die durch viel höhere Intelligenzen als unsere geschaffen wurde und wird.
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Sehr treffend hat das Proust ausgedrückt, was ich selbst manchmal als befremdlich erlebe. Andererseits sehe ich eine große Vielfalt der Wesen auf unserem schönen Planeten, auch bei den Menschen. Diese Vielfalt in die eigene Tiefe des Verstehens gleiten zu lassen, löst dann vielfältig verwandtschaftliche Gefühle aus.
Es macht Freude deine Steingestalten anzuschauen.
Herzlichst, Ulli
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mir gefällt es, die von dir bewunderte Vielfalt nun meinerseits in die Tiefe meines Verstehens gleiten zu lassen. 🙂
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dein Figurenspiel, deine Gedanken dazu…eine bunt verteilte Mischung…..darüber könnte man nachdenken oder sich besinnen…………..
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danke, Afrikafrau. Die Gedanken kommen, die Gedanken gehen, etwas bewegt sich, auch unter den Händen. So entsteht eine Form und verändert sich und löst sich auf. ich nenne das Leben.
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Die Genetik der Steine. Was da immer drin steckt und du aufdeckst, toll!
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Danke, gann uma, es ist eine eigene Sprache, wie jeder weiß, der Steine mag. (Und wer mag sie nicht?)
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Das hat wohl viel Spaß gemacht
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In Fuerte habe ich das mit dem Steinelegen mal auch ausprobiert.
So kommt eines zum anderen…
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ich finde diese Sammlung sehr schön, erfreuen wir uns einfach an diesem schönen Sommertag, Klaus
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Liebeb Dank, Klaus.
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für Morgen wünsche ich einen guten Sommeranfang, Klaus
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…sehr schön…es begegnet mir heute zum zweiten Mal, der Gedanke, langsam und achtsam alles anzugehen…das will wohl etwas sagen…
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Liebe teggytiggs. ich nehme an, alles hat seine Zeit. Zuletzt hat sich meine Zeichentätigkeit immer mehr verlangsamt („entschleunigt“), es tat mir gut. Ob ich nun noch langsamer werden möchte – ja, etwas in mir ruft danach. Aber es gibt auch den entgegengesetzten Ruf: „schlaf nicht ein! du darfst wieder Tempo zulegen“. Und da stehe ich nun und stampfe wie ein unruhiges Pferd, das ich nach chinesischem Horoskop auch bin…. 😉
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ich lese auch die Kommentare,also auch Deine Antworten und oft lächle ich, amisiere mich über die leichte Treffsicherheit Deiner Antworten und ich wende mich Deinen Steingestalten zu, Deinem inneren Spieltrieb und ich sehe Stein zu Stein kommen und bin vergnügt.
Sie sind zu schön, aber wirklich erkenne ich keinen darin, den ich kenne, vielleicht eher die vielen, die ich nicht kenne und von denen ich viele auch gar nicht kennenlernen möchte:-)
Deine Steingestalten sind ohne jegliche Konkurrenz die allerschönsten, die ich kenne.
Ich lege meine Steine ja auch oft um und halte sie in der Hand, aber so schöne flache hab ich auch gar nicht
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Danke, Bruni! Schönheitskonkurrenz der Steine? Welcher wird Miss Steinworld? Irgendwie sind sie doch alle attraktiv, ob nun flach oder rund. Unser Strand enthält jede gewünschte Form und Menge, aber ich schleppe selten einen zu mir heim, denn ich denke: die sind sicher lieber in ihrem Ambiente. Nun aber sah ich diesen grauen flachen mit der Linie, und dachte an die beiden Linierten, die ich schon besaß …;)
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nein, nein, ich denke nicht an den schönsten der Steine oder an weniger schöne, ich dachte nur darüber nach, daß viele um mich herumliegen, aber gar keine flachen 🙂 , sondern eher kugelige, verschiedenfarbige, dicke, fette oder längliche, weil ich sie ursprünglich auch als Begrenzungssteine gesammelt habe, liebe Gerda, und für das Grab meiner Eltern
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