Ihr habt mich ein wenig enttäuscht, liebe Leserinnen und Leser! Da kommt irgendeine Person daher, nennt andere Mitgeschöpfe Lumpengesindel und verfügt über sie. Macht sie zu Dienern, lässt sie ausradieren, sperrt sie in einen Verhau – und nicht nur ich widersetze mich nicht, sondern auch ihr weist sie nicht zurecht. Eine Niemand maßt sich Autorität an, und schon kuschen wir. Ich spreche natürlich von Madame Kolokytha, von jeder Madame Kolokytha.
Was aber ist mit den Schilfwurzelmännchen? Kuschen sie auch?
Ich sah sie heute am späten Nachmittag, als Madame auf dem Topf saß. Vorsichtig kletterten sie auf den schwankenden Verhau und schauten zum Fenster, als wollten sie das Weite suchen.
„Steht!“ rief ich. Und tatsächlich, wie der Besen, dem der Meister in Goethes „Zauberlehrling“* befiehlt, blieben alle wie angewurzelt an ihrem Platz. So konnte ich sie in Ruhe abkonterfeien. Ärgerlich nur, dass das Licht sich nicht befehligen ließ. Draußen wurde es dunkel, und irgendwann brauchte ich Kunstlicht.
Ein bisschen blässlich schien mir die Bleistiftzeichnung. Zum Glück hatte ich neue Kohle gekauft, und so setzte ich noch ein paar Akzente. Hier seht ihr den Werdegang. Beim letzten Foto habe ich einen Fotoshop-Filter benutzt, um die dramatische Atmosphäre zu schaffen, die mir vorschwebt. Vielleicht arbeite ich das Bild entsprechend um.
*Der Meister benutzte bekanntlich viel mehr Wörter, mir aber reichte das einfache „Steht!“, das dem Lehrling so gar nicht fruchtete.

…sie haben eine Seele, mehr als andere Artefakte, eine lebendigere Seele und Du bringst sie zum Sprechen…kennst das zauberhafte Märchen vom Bastschuh, dem Strohhalm und der Blase?
…oder das von der Maus, dem Vogel und der Bratwurst?
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Danke! Leider kenne ich die Märchen nicht, teggyytiggs. Im Märchen haben alle Dinge und Lebewesen eine Seele – mehr oder weniger. Und in der Realität auch.
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…darum mag ich gerade diese Märchen besonders, wo Gegenstände beginnen sich zu unterhalten und Bratwürste das Essen für Bastschuhe kochen…
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Für mich sieht es eher so aus, das Madame Kolokytha eine spannende Geschichte erzählt und die beiden bittet zum Fenster hinaus zu sehen, um nachzusehen ob die Gestalt von der sie erzählt draußen zu sehen ist.
Sie möchte dem Lumpenpack, wie Du sie nennst, eine wichtige Botschaft mitgeben.
So also meine Interpretation.
Oder sie sind alle drei eingesperrt und die Wurzelmännchen schauen, wie sie da wieder raus kommen.
LG Babsi
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Das sind sehr schöne Interpretationen, die ich mir gern zu eigen mache!
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Madame befiehlt, sie schwanken … wehe, wehe…
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Toll 🙂
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Goldig sind sie, Deine Wurzelmännchen und als Lumpenpack spielten sie nur eine Rolle, die sie hier locker wieder ablegten *g*
Es ist toll, Deinen Schritten zu folgen und die Veränderungen zu erkennen und ich denke, hier ist die dramatische Entwicklung noch nicht zu Ende, aber was ich hier sehe, gefällt mir sehr.
Der Zauberlehrling, eines meiner Lieblingsgedichte, das ich auch als wunderschönes Bilderbuch habe, faszinierte mich immer und deshalb hab ich es vor vielen Jahren mal umgeschrieben und einen Lehrling dazu gezaubert *schmunzel*
http://wortbehagen.de/index.php/gedichte/2006/mai/fruehlingsputz_beim_zauberer
Ich hoffe, dieses Mal funktioniert der Link.
Liebe Grüße zum Sonntagvormittag von Bruni
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Bin wie immer begeistert von deinen Zeichnungen. Sehr anregend. Ich sende liebe Grüße.
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ganz herzlich bedanke ich mich für geäußerte Begeisterung und Grüße, liebe Mme Filigran! 🙂
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