Hier nun das Ende der Geschichte der Io. Die Zitate (kursiv) stammen aus dem Drama Der gefesselte Prometheus, in dem Aischylos die Schicksale der Io erzählt.
Io bleibt nicht am Goldstrom, denn Pluton hat keine Macht über sie. Tiefer hinab wandert sie, bis sie zu einem schwarzen Volk kommt, das am Quell der Sonne wohnt. Wieder so ein Rätselwort, das der alten Io über die verdorrten Lippen fließt: Quell der Sonne. Wer will ergründen, wo die Quelle der Sonne liegt? Vielleicht gegenüber vom halkyonischen Quell, an dem Ios Reise begann?
Vom Quell der Sonne jedenfalls rennt Io weiter zum Äthiopenstrom. Das ist wohl ein Quellstrom des Nils. Den wandert sie hinauf – oder ist es hinab? Nach Norden hinab? Das ist eine merkwürdige Vorstellung, aber so muss es wohl heißen, denn sie folgt dem Nil stromabwärts nach Norden, bis sie zu einem Felsendurchbruch gelangt, wo von Byblos‘ Bergen her / Der Nil hinabgießt seines Stromes fruchtbare Flut.
Das muss dort sein, wo einst der große Katarakt den Schiffern den Weg versperrte und heute der Damm von Assuan die Fluten des Nils staut.
Weiter, immer weiter wandert Io hinab (oder hinauf?), dem Lauf des Nils folgend. Der führt sie bis ins „dreieckige Land“. In Kanobos hinter dem Deich kommt sie endlich zur Ruhe.
„Ja, mein Kind, hier fand ich meine Glückseligkeit“, sagt Io und murmelt wie im Traum: „Hier berührte der Gott die arme Io mit liebender Hand. Io fand ihre Sprache wieder. Geist und Seele kehrten ihr zurück. Sie brachte einen Sohn zur Welt und nannte ihn nach der geheimen Kraft seines Vaters Epaphos. Das ist Der durch Berührung Gezeugte.“
Hier beendet Io ihre Geschichte. Swantje sieht der kleinen mageren Gestalt der Io nach, wie sie mühsam aufsteht und hinausgeht, um noch einmal nach den Tieren zu schauen. (Dies waren noch mal Schnipsel aus meinem Roman Schwanenwege. )
Nun zu den Bildern: Die Jungfrau Io empfängt den Samen des Zeus (Dias) in halb knieender demütiger Haltung. Wenn du genau hinschaust, dann siehst du, dass Io aus denselben Teilen besteht wie die Kuh. Der Euter wird zu Ios Gesicht, die Bauchwamme zu Ios Kopfbedeckung. Das sternförmige Mal am Hals der Kuh wird zum Anchkreuz, dessen Kreis noch nicht geschlossen ist….. Sogar der Strick findet Verwendung als Schmuck am Mützchen der Io. (Zum Vergrößern einfach das Bild anklicken.)
In froher Erwartung des Kommenden hat Io ein Bettchen mit Mosquitonetz für ihr Söhnchen Epaphos vorbereitet. Das Herz der Kuh wacht drüber. Materialien von Plutos Tempel dienen als Haus. Recycling wurde nicht erst heute erfunden.
Ios Freude hat sich auch der Natur mitgeteilt. Verliebte Nilgänse führen ihr Junges aus. Am Ufer wächst das Schilf, aus dem Io Papyros herstellen wird, für die heiligen Zeichen (griechisch: Hieroglyphen).
Die Pyramiden, die ich ins Bild gesetzt habe, werden erst lange, lange nach diesem freudigen Ereignis gebaut werden. Oder dachtest du etwa, dass sie zum Nil gehören wie die Nilgänse und immer schon da waren? O nein! Sie sind recht neuen Datums.
Ende gut, alles gut! möchte ich rufen und Io und ihrem Söhnchen Epaphos eine glückliche Zukunft wünschen. Aber leider, leider hat das Schicksal der Griechen gerade erst seinen Lauf begonnen. Ios Sohn Epaphos wird der Ahnherr derer sein, die Homer die Danaer nennt und die irgendwann, viele Generationen später, von Griechenland aus einen Feldzug nach Troja unternehmen werden. Mit dem Spruch „Fürchte die Danaer, wenn sie Geschenke bringen“ werden wir sie bis auf den heutigen Tag im Munde führen.
Irre, wss ich mit Deinen Geschichten alles lernen kann. Und heute finde ich Deine Bilder besonders dchön, ja, fast zärtlich
Liebe Grüße
Kai
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Danke Kai, besonders für das „fast zärtlich“.
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