Tagebuch der Lustbarkeiten: Der Tulpen Zwiegespräch

Heute Nacht las und besah ich einen Blog-Eintrag von Joachim Schlichting, der den wunderlichen Titel  „Tulpen reimen sich“ trägt (hier): …Das eine Blatt wächst dahin, das andere dorthin. Ihre Formen halten ein Zwiegespräch. Es herrscht Symmetrie. Es gibt in der Mitte den Stängel, es gibt das Spiegelbildliche…., zitiert Joachim Nicholson Baker. Der Anthologist, München 2010. S. 83. So lernte ich nicht nur das Wort „Anthologist“ kennen, das vom griechischen Wort für Blüte „anthos“ und dem ebenfalls griechischen „logos“ abgeleitet ist, sondern ich erinnerte mich auch an ein Büchlein, das mir viel Freude machte: Zbigniew Herbert, Der Tulpen bitterer Duft. Babsi Kunstschaffende schenkte es mir.

In diesem höchst informiert und amüsant geschriebenen Büchlein wird nicht nur „die Geschichte einer der menschlichen Irrsinnigkeiten“ (S.7), nämlich das im 17. Jahrhundert in Holland ausbrechende „Tulpenfieber“ (Börsenspekulation mit Tulpenzwiebeln) nacherzählt, sondern es gibt auch sehr schöne Illustrationen, die das obige Zitat voll bestätigen: 

Das eine Blatt wächst dahin, das andere dorthin. .…“.

 Ihre Formen halten ein Zwiegespräch…

Es herrscht Symmetrie. Es gibt in der Mitte den Stängel…

Diesen vortrefflichen Tulpen-Darstellungen können sich meine nicht vergleichen. Aber auch sie haben offenbar den „sich selbst reimenden“ Charakter der Tulpen verstanden. Ich legte Aquarelle, Fotos, Zeichnungen von Tulpen übereinander und siehe da: sie begannen, sich zu unterhalten (hier).

Gemalte Tulpen (Aquarell):

Gezeichnete Tulpen (Kugelschreiber)

Gemalte Blüten – gezeichnete Blätter, Stängel im Zwiegespräch.

Und so ist es natürlich kein Zufall, wenn sich ausgerechnet im Blumengeschäft „Zur Tulpe“ ein inniges Zwiegespräch anbahnte….

Solche Art von Zwiegesprächen sind, so meine ich, den Tulpen angemessen, wohingegen das Gespräch, das ein gewisser Heinz mit einer Tulpenzwiebel hielt (hier), meiner Meinung nach völlig daneben ist.

Tractatus morales

Heinz befühlt die Zwiebel und beschaut
Den Keim an der Spitze, die glatte Haut.
Das wird eine Tulpe, gewiss, doch welcher Art?
Wird sie rot sein und gelb, gefiedert und zart?
Er möchte es wissen, er holt sich ein Messer
Zerhackt die Tulpenzwiebel, dann sieht er es besser.
Zerhackt auch den Keim, doch das, was er sieht
Ist so anders als wenn eine Tulpe erblüht.

Und die Moral von der Geschicht?

Willst du die Wahrheit des Lebens erfassen

Musst du das Messer zu Hause lassen.

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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4 Responses to Tagebuch der Lustbarkeiten: Der Tulpen Zwiegespräch

  1. Schön, deine ergänzenden Ausführungen zur Tulpe. Ich fühle mich dadurch einmal mehr bestätigt, das die Tulpen etwas haben, das andere Blumen nicht haben. Es ist schwer zu benennen… Das von dir gezeigte Buch werde ich versuchen mit zu besorgen.

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  2. Wunderschöne Tulpen-Darstellungen, wozu auch Deine Malerei gehört, Gerda!

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  3. Da es nicht die eine Wahrheit gibt, lasse man das Sezieren;-)

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