„Ein paar Feigen sind jetzt reif“, verkündet Dora. „So? Ja?“ gebe ich zurück. Eigentlich möchte ich nicht gestört werden, denn ich habe mich grad an die Lektüre einer dicken Biographie über den Kaiser Augustus gemacht (Werner Dahlheim, „Augustus – Aufrührer – Herrscher – Heiland“). Da brauche ich meine ganze Aufmerksamkeit, zumal die Schrift für meine alten Augen zu klein und das Tageslicht schon etwas schwach ist.
Warum ausgerechnet Augustus? fragst du vielleicht. Weil jetzt sein Monat ist?
Nun, pega mund erzählte mir (im Kommentarstrang zu Stadt mit Widmung) folgendes: im jahr vor dem abitur verfasste ich im rahmen eines auswahlverfahrens für ein stipendium einen essay, einen vergleich zwischen dem parthenonfries und der ara pacis augustae.
Sehr interessant fand ich das, zumal ich beide Monumente kenne. Den Friedensaltar des Augustus habe ich erst kürzlich erneut besucht.
Den Parthenonfries kenne ich natürlich länger, habe mich sogar zeichnend an ihm abgemüht.

Kentauren und Lapiden, https://gerdakazakou.files.wordpress.com/2019/02/img_6109.jpg
Mit der mythischen Vorgeschichte Athens, die am Parthenonfries verewigt ist, kenne ich mich ganz gut aus. Was aber weiß ich eigentlich über den durchaus historischen Augustus, außer „Es begab sich zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzet würde….“ (Lukas-Evangelium)?
Octavian bzw Gaius Octavius, wie er eigentlich hieß, bevor er den Namen Augustus (der Erhabene) annahm, war der Goßneffe und Adoptivsohn von Caesar, hat in den Caesars Tod folgenden Bürgerkriegswirren seinen Partner und Rivalen Marc Aurel ausgetrickst, Kleopatra in den Selbstmord getrieben, Caesars und Kleopatras gemeinsamen Sohn ermorden lassen (das weiß ich, weil ich mich für die ägyptische Stadt Alexandria interessiere), hat die Alleinherrschaft errungen, den Janustempel als Zeichen des Friedens gleich dreimal schließen lassen, hat ein halbes Jahrhundert lang ununterbrochen regiert, den achten Kalendermonat nach sich benannt und starb eines natürlichen Todes. Obgleich er einen Haufen Kriege geführt hat, ging er als Friedenskaiser in die Geschichtsbücher ein (pax augusta).
So ungfähr. Ziemlich dürftig, das Ganze. Und da mein Mann das Buch über Augustus grad ausgelesen hat und ich es immer klug finde, nicht ahnungslos zu bleiben, wenn der andere sich bildet, nahm ich mir vorhin den Wälzer vor, begann auch zu lesen …. und da kommt Dora daher und erzählt mir von reifen Feigen.
„Schnell, nimm! Es ist die schönste, die ich gefunden habe!“ kräht sie, eine perfekte Frucht auf ihrer Geschenk-Latüchte balancierend. Da greife ich natürlich zu.
Und schaue nach, ob sich am Baum noch mehr reife Feigen finden lassen. Augustus hat zweitausend Jahre gewartet, dass ich ihn zur Kenntnis nehme, da machen ein paar Stunden den Kohl auch nicht mehr fett…
Wie fein. Ausgerechnet die Feigen besiegen Augustus. Und noch dazu, ohne einen Krieg zu führen. Adorable! 🌟🌹🌟
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Feige führen halt ungern Kriege, lieber Random…. 🙂
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Vielleicht ist es auch so, dass weniger Mut als vielmehr Mutwille dazugehört, um Kriege anzuzetteln, während es der wirklich Mutigen bedürfte, um Wege des Friedens zu gehen…
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Da hast du natürlich recht, lieber Random. Da es aber leider sehr wenige „wirklich Mutige“ zu geben scheint, die Wege des Friedens gehen, bleiben, sozusagen als zweite Wahl, die Feigen, die den Krieg verabscheuen.
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Hier sind die Feigen noch ein bissel zu klein und unreif auch …
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