Zustände im Raum: tägliches Zeichnen mit Überblendung und Bearbeitung

Am Nachmittag donnert es, Regen strömt aus dem grauen Himmel und der Strom fällt aus. Da ist an Lesen nicht zu denken – aber Zeichnen wird wohl möglich sein. Ich nehme die Rückseiten eines bedruckten Dossiers, einen Kuli und blicke in den dämmernden Raum, in dem sich nur wenige Umrisse abzeichnen: zwei Sessel, ein Tischchen, ein schwarzer TV-Screen, darüber ein Eulenfenster, durch das mattes Tageslicht fällt. Die Konturen notiere ich, versuche auch die geringen Helligkeiten einzufangen.

Dann wende ich mich dem Kamin zu, in dem ich ein Feuer entzündet habe, denn ohne Strom geht auch die Heizung nicht. Wir haben genug Schnittholz von den Oliven, die kann ich bedenkenlos verheizen. Und was gibt es Schöneres, als ein lustiges Kaminfeuer an einem düsteren Tag?

Später kommt der Strom zurück, das Licht von draußen erlischt, das Kaminfeuer auch, und der TV wird lebendig. Ich mache zwei Fotos von den nun doch sehr veränderten Motiven.

Und was wird dabei herauskommen, wenn ich diese verschiedenen Zustände miteinander verschmelze? Immer schon wollte ich „Zeit“ darstellen, und was ist Zeit anderes als eine Abfolge unterschiedlicher Zustände?

Hier ein paar meiner Ergebnisse von Zeichnung und Foto 1

in den Screen eingeblendetes Landschafts-Foto

Ergebnisse von Zeichnung und Foto 2

Flammentanz

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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17 Antworten zu Zustände im Raum: tägliches Zeichnen mit Überblendung und Bearbeitung

  1. Gisela Benseler schreibt:

    Was ist Zeit? Manchmal dehnt sie sich, manchmal zieht sie sich unerwartet wie in einem einzigen Punkt zusammen.

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  2. Werner Kastens schreibt:

    Interessant, Dein Gedanke über die Zeit.

    Ich sehe das auch so:
    Zeit entsteht dadurch, dass etwas einem Prozess unterliegt und dann vergleichbar wird. Wenn sich nichts verändert, ist der Zeitgedanke überflüssig.
    Und so hat jedes Etwas ein eigenes „Zeitleben“: Farbe, die verblasst; Menschen, die älter werden; Maschinen, die sich abnutzen.
    Insofern gibt es unendlich viele Zeiten, die gleichzeitig „ablaufen“. Auf zwei Arten: entweder einfach so in sich selbst oder dadurch, dass sie in ein Ablaufschema gepresst werden: Tag und Nacht, mechanische Stundenanzeige, Überblendung, Verschmelzung.

    Gruß Werner

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    • gkazakou schreibt:

      Herzlichen Dank, Werner! Genau das habe das kürzlich einem Kind erläutert, und es verstand sehr gut: dass jedes Lebewesen – sein Hund, die Blume, die Fliege, sogar auch der Tisch seine Zeit hat, unterschiedlich, aber in sich vollkommen, und kürzer oder länger nur, wenn wir es von außen messen bzw vergleichen, Auslöser war seine Beklommenheit angesichts einer Sanduhr. Du nennst es Zeitleben, das gefällt mir gut.
      Beim Zustandswechsel im Raum geht es weniger um Zeitleben, als um Rhythmus und Koordination: der Tag-Nacht-Rhythmus wird bemerkbar durch Licht-Dunkelheit im Fenster – er wird koordiniert mit dem künstlichen Lebensrhythmus des modernen Menschen (TV-screen mal schwarz, mal farbig bewegt). Hinzu kommt die Zeiterscheinung der Witterung (Regen) und die menschliche Reaktion (Feuer machen) – der Regen beginnt, schwillt an, vermindert sich, hört auf, das Feuer wird entzündet, flammt auf, glüht, (wird gefüttert….) erlischt. Wenn man genau hinschaut, ist da ein sehr komplexes Ineinandergreifen von „Zeitleben“ und „Zeitphänomenen“, natürlichen „Zeitzyklen“ und künstlichen „Zeitverwendungen“ und „Zeitmessungen“ im Gange. Die Komplexität der „vierten Dimension“ unserer Welt ist, so meine ich, noch kaum in unser Bewusstsein getreten. Unzählige zyklische, wellenartige, lineare, oder auch pulsierende, retardierende, eruptive … Zustandsveränderungen greifen ineinander und machen jeden Moment anders, einmalig, unverwechselbar …

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  3. PPawlo schreibt:

    Du beweist wieder einmal, wie spannend es ist, Malerei, Fotografie und digitales Arbeiten zu verbinden. Und deine Erforschungen, Experimente und Entwicklungen führen dich auf deinen ganz eigenen, faszinierenden Weg! Da ist noch viel Platz für Neues ! Herzlich, petra

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Petra. Du kennst die Freude am Experimentieren ja. Leicht lässt man sich davon in tausend Richtungen verlocken. Du weißt aber auch, dass es am Ende auf die Qualität des Ausgangsbildes ankommt, das durch die „digitale Verfremdung“ (Jules) variiert wird. Drum ist es gut, immer wieder zur Zeichung und zur Malerei der herkömmlichen Art zurückzukehren und sich zu vergewissern.

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  4. PPawlo schreibt:

    Sorry. Petra

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  5. Jules van der Ley schreibt:

    „Flammentanz“ ist ein eindrucksvolles Bild. Ich habe die Überblendungen lange verglichen, um zu erkennen, wie du zu diesem Ergebnis gekommen bist, liebe Gerda. Es ist doch eine weitere digitale Verfremdung?

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    • gkazakou schreibt:

      Danke fürs Nachfragen, Jules. Die „digitale Verfremdung“ beim Flammentanz besteht darin, dass ich das zweite Bildstadium mit einem „Ölmalerei“-Filter und noch ein paar anderen Filtern von Photoshop übergangen und die Farben verstärkt habe.

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  6. Gisela Benseler schreibt:

    Ja, ich habe es gelesen unter Werner Karstens Antwort. „Zeitleben“ finde ich auch gut.

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  7. Am schönsten finde ich den Flammentanz, liebe Gerda, Darin liegt soviel Dynamik, soviel Schwung, daß ich immer wieder hinsehen muß, um zu sehen, ob sie Flammen auch tatsächlich im Rahmen bleiben …

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  8. Johanna schreibt:

    Diese Arbeit erinnert immer wieder an Film…. und dennoch ist es noch mehr, denn Du verbindest das Unsichtbare oder Unbewusste mit dem Alltäglichen…. und das trifft ins Herz.

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