Zimmerreise mit K wie Kabel

Einladung zu den Zimmerreisen 05/2021

Kabel, überall Kabel. Lampen, Computer, Drucker, Lautsprecher, Radio,  WLAN, Fernseher, Mikrophone, Aufladegerät, Staubsauger, Föhn … ich hör ja schon auf. Auf dem Tisch, unter dem Tisch: Kabelsalat. Ein Kabel, über das man leicht stolpert, ist mit einem weißen Papierfetzen markiert: Vorsicht, Kabel! Manchmal balanzieren grüne Wanzen auf dem Computer-Kabel, dann fotografiere ich es. Manchmal zeichne ich auch Stillleben mit Kabel – weil es eben da ist. Es ist halt überall. Wie hier hinter dem Weinglas.

Als ich eben nach Haus kam, blickte ich, wie ich es oft tue, misstrauisch am Strommast  – einem geschälten und geteerten Zypressenstamm – hoch, der vor unserem Grundstück am Straßenrand steht. Ein Kabel führt in windiger Höhe von dort zu unserem Haus.

Kabel, Nabel. An diesem einen Kabel vom Strommast zu unserem Haus hängt unser Leben, es ist unsere moderne Nabelschnur, die unseren Haushalt nährt, indem sie uns lebensnotwendigen Strom zuführt. Ohne sie wären wir hilflos: kein Wasser, keine Heizung, kein Licht, kein Herd, kein Telefon, kein nichts. Quellen kennen wir nicht mehr, einen Herd für Holz haben wir nicht mehr, Kerzen und Gaslampen reichen vielleicht für ein paar Nächte. Aber wem sage ich das, es ist ja für uns alle dasselbe, nur ist es hier, auf dem Lande, offensichtlicher als in der Stadt. Wir alle hängen an diesem fragilen System, das man Stromnetz nennt, wie die Säuglinge, die nicht abgenabelt wurden, an der Plazenta hängen. Ein sehr sehr unangenehmer Gedanke.

Das Kabel, das ich immer sehe und über das ich manchmal stolpere, verbindet den Computer, auf dem ich gerade schreibe, mit einer Verlängerungsschnur, die … Meine heutige Zeichnung:

Kabel, sage ich und denke: Kain und Abel. Zwei Brüder. Plus und Minus, Wechselstrom. Wer hat den doch gleich erfunden? Nikola Tesla, klar. Das betrogene Genie (lesenswerter Artikel übrigens, in Geo). Thomas Edison betrog ihn um Ruhm und Geld, Westinghouse um den Profit.  Seine Gedanken über freie Energie für alle Menschen konnte er nicht umsetzen, weil die Investoren absprangen. Mit freier Energie sei kein Geld zu verdienen. Neuerdings stiehlt man ihm auch seine Nationalität und nennt in Österreich-Ungar, weil er in Graz studiert hat, dabei sind die Serben echt stolz auf ihren berühmten Landsmann und haben ihm in Belgrad ein feines Museum hingestellt, das ich mal besuchte.  Jetzt hat man ihm auch noch seinen Namen gestohlen, ein anderer namens Elon Musk macht gewaltige Geschäfte damit. Assoziationen, Verkabelungen im Hirn.

Ich mache manchmal digitale Spielchen mit den Kabeln, hab auch schon mal etwas  hier im Blog gezeigt.

oder diese.

Formal ähnelt das Kabel einem Draht, der mir auch immer mal wieder Modell gestanden hat, zB hier.

„Draht“ Originalzeichnung, Tintenstift, 2 Blätter

Oder hier …

oder auch dem Gartenschlauch (hier).

oder auch einfach einer dicken Linie, aus der man alles formen kann (hier).

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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23 Responses to Zimmerreise mit K wie Kabel

  1. Künstlerisch veredelt sehen sogar Kabel schön aus. Danke, für diese tollen Ansichten, Gerda! Aber der Trend geht in Richtung Funk, mit allen Irrungen bzgl. des Findens der richtigen Kontakte. 😉 Wünsche dir einen schönen Pfingstsonntag! LG Michael

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  2. Avatar von puzzleblume puzzleblume sagt:

    Eine hervorragende Idee, die einerseits so unauffälligen und andereseits so wesentlichen und gleichermassen lästigen Verbindungen zu einer Zimmerreise zu verarbeiten, und die verschiedenenen Bilder dazu öffnen der Phantasie noch viele Möglichkeiten weiterer Geschichten.

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  3. Denke an Wols mit seinen Strichbündeln .
    Er gehört zu denen, die meine Kunstauffassung erweitert haben. Bzw. ich war es selbst. Wols war nur der Funke.

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  4. Avatar von Leela Leela sagt:

    Das Gartenschlauchbild und das Drahtbild darüber gefallen mir besonders. Die mit Farbe angefüllten Kabelbilder erinnern mich an meine Paint-Bilder.

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  5. Avatar von Die Rückkehr der Liebesgöttin lachmitmaren sagt:

    Diese freie Energie für alle Menschen, an die Tesla dachte. Energie, mit der kein Geld für jemanden zu verdienen ist. Energie, die Menschen nicht an irgendwelchen sichtbaren oder unsichtbaren Schnüren und Abhängigkeiten hängen lässt. Was wäre das fein…! Sehr nachdenkenswert auch, was darüber schreibst, wie Tesla im Grund „ausgeweidet“ wurde, sich alle möglichen Leute einen Teil „genommen“ zu haben scheinen, der ihnen nutzte. Aber das, was allen genutzt hätte, die freie Energie, das blieb liegen … .

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Die freie Energie wartet immer noch, vielleicht wird ja der jetzige Namensbenutzer, wenn er mit Autos, Weltraumexkursionen und Marssonden genügend Billlionen gescheffelt hat, sagen; Genug ist genug. Und die ungenutzten Tesla-Patente kommen ans Licht. Ob das nun gut oder schlecht wäre, wage ich nicht zu entscheiden. Denn Tesla war ein sehr merkwürdiger Mensch, wer weiß, welche Geister durch ihn wirkten. Genie wird auch mit Daimon übersetzt. Jedenfalls wurde seit den 90er Jahren des 19. Jh mit der breiten Anwendung des Wechselstroms eine tiefgreifende Veränderung unseres Lebens angestoßen, die sich seit den 30ern vorbereitet hatte, als die Elektrzität für die Industrie interessant zu werden begann. .

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  6. Kabel, Kabel überall. Kabelsalate haben wir hier in Holzkistchen aufgefangen, aber es gibt immer noch genug. Wir sind auf den Strom angewiesen. Die Vorstellung macht mir schon lange Angst und ich habe Kerzen, Taschenlampen und Streichhölzer an vielen Orten *g* deponiert und hoffe immer, daß ich nie alles verbrauche…
    Toll, die Kabel in die Kunst mit einzubeziehen, liebe Gerda. So gefallen sie mir entschieden besser, als wenn sie nur als gewöhnliche Stolperfallen herumliegen. Ein einziger Blick und ich sehe zwei Kabel, ohne die ich hier gar nicht schreiben könnte.

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  7. Avatar von Anke Anke sagt:

    Aus Kabeln Kunst zu machen, das nenne ich mal eine positive Sicht der Dinge. Sie stören mich unglaublich, ihr Anblick, dass sie lästige Staubfänger sind. Aber was ist die Lösung? Kabellos? Wenn alle Gegenstände irgendwann kabellos miteinander kommunizieren, macht das nicht auch eher Angst? Vielleicht ist es doch besser, üppig verkabelt, aber noch Herr der Dinge zu sein. 😉

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Kabellos ist auf jeden Fall gefährlicher für die Gesundheit und bei MS offenbar besonders belastend. Mir wurde das einmal sehr eindrucksvoll bei einer Messung von Strahlungen im Haushallt vorgeführt.

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  8. Avatar von Johanna Johanna sagt:

    Kabel, Nabel, Kain und Abel….

    … und auch die Gedanken zu Tesla, danke Gerda! Ein grosser, denkenswerter Bogen!

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ja, und zum positiven-negativen Pol, dazwischen läuft der Wechselstrom, der unsere Kraftquelle ist. Ist er? Wovon haben wir uns da abhängig gemacht?

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      • Avatar von Johanna Johanna sagt:

        Ja das denke ich auch manchmal…. wie auch diese digitale Technologie – sie ist wunderbar und dennoch haben wir damit die solideren, analogen Technologien abgegeben, haben uns unbewusster Weise abhängiger und überwachbarer gemacht….

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  9. Pingback: Einladung zu den Zimmerreisen 06/2021 | Puzzleblume ❀

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