Gerne wollte ich heute den 6-tägigen Will.i mitnehmen zu einer Wassersegnung. Ich mag dies altchristliche Fest besonders gern, mehr als die heiligen drei Könige, die ja heute im Katholischen gefeiert werden. Das Epiphansias-Fest geht zurück auf die ur-ur-alte Praxis, jede Quelle, jeden Fluss und See, jedes Meer zu segnen, um die lebenspendende Kraft des Wassers für Mensch, Tier und Pflanze zu erhalten. Die Kirchen haben diesen vorzeitlichen Brauch übernommen, ein wenig abgewandelt, ihm einen neuen Sinn verliehen – eben den der Taufe, durch die sich der Heilige Geist mit Jesus verband, der dadurch zum Christus wurde.
Kindern solche Sachen zu erklären, finde ich schwierig, aber leicht ist es, wenn sie sich einfach hineinleben. Doch leider wird Willi dieses Fest nicht erleben, wird nicht die prächtig gekleideten Priester sehen und die feierlichen Gesänge hören. Auch wird er sich nicht am Wettstreit der Kinder beteiligen können, wer das Kreuz, das der Priester ins Wasser geworfen hat, wieder herausfischt und Ruhm und Geschenke einheimst.
Im nächsten Jahr – sagst du tröstend? Ach, Willi wird ja am Jahresende uralt sein und sterben, und was er jetzt nicht erleben kann, wird er nie erfahren. Die Wassersegnung wurde verboten – es könnte ja zu Menschenansammlungen kommen und ein böser Virus könnte dann die Gemeinde hinwegraffen. Um die Qualität des Wassers zu erhalten, brauchen wir heute keinen Segen mehr, sondern Chlor oder meinetwegen auch ausgeklügelte Filter, die das Chlor wieder rausschaffen aus dem Wasser.
Jedenfalls brauchte ich einem Ersatz für das ausgefallene Fest. Wir pilgerten zusammen ans Meer. Dort fanden wir Schilfrohrstücke, aus denen ich ein Kreuz bildete und es auf einen von Wasser umspülten Stein legte.
Will-i betrachtete aufmerksam die Stömung, die sich um den Stein bildete, und versuchte zu erraten, welche Welle die Stücke forttragen würde. Als es plötzlich geschah, war er trotzdem überrascht und seine Füße wurden nass.
Er lachte und fischte die Hölzer aus dem Wasser, legte erneut das Kreuz, wartete und wettete, manchmal traf ers, manchmal lag er daneben. So amüsierte er sich prächtig. Als wir schließlich gingen, ließ er die Hölzer achtlos zurück. Sie waren ausgereizt.
Neue Abenteuer, neue Spiele, neue Entdeckungen auch mussten her. …
Deine Geschichten mit Willi sind super und sie spiegeln unsere Zeit mit den Einschränkungen und Konsequenzen! Es ist gewissermaßen ein Geschichte Tagebuch und ich hoffe, es folgen moch viele Geschichten!👌👍
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Danke, Babsi, ich freu mich über deine Zustimmung. Tatsächlich ist es als Tagebuch-Jahrbuch geplant. Anstatt am Jahresende zu gucken, was „das Jahr gebracht hat“ und es zu loben oder zu tadeln, habe ich mir vorgenommen, dieses laufende Jahr Tag für Tag „heranwachsen“ zu sehen und täglich jedenfalls die eine und andere Episode zu beschreiben. Das Jahr „geschieht“ nicht einfach, sondern durch unser Wollen und unsere Tätigkeit als Menschen „wird“ es, Will-i ist jetzt noch ein kleines Kind, 6 Tage alt. Das Jahr hat 365 Tage. also entsprechen 3,56 Tage in Willis Leben einem Jahr, sofern Willi hundertjährig wird, was ich hoffe. Im April ist er etwa 30. Im Oktober wird er ungefähr mein jetziges Alter erreichen, danach ist er dann älter als ich: ein Greis.
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Boh Gerda daß ist wundervoll und ein fantastisches Projekt, welches Du da ins Leben gerufen hast!
Ich bin so gespannt auf Willis Abenteuer und Erlebnisse mit den Einschränkungen! Vor allem wie er sich damit entwickelt und wie es ihn bis zum Greisenalter prägt!
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A, da freu ich mich, dass nicht nur ich es spannend finde. Wir werden es ja hoffentlich beide erleben, wie er sich in diesen 365 bzw jetzt nur noch 359 Tagen entwickelt. 😉
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😍👍🤗🙆😁😉Freue mich darauf! 😁
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Danke Gerda, für Deine Wasserachtung und Angedenken. Da ist der Kleine fast zu anstrengend 😅 Ich meine auch kleine Kinder -oder besonders- können die symbolhafte Handlung verstehen?
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Meinst du, ich soll auch mal was tun, ohne dass der Willi mich dabei begleitet? Werde ich sonst noch kindisch? 😉 Ob Kinder generell symbolhafte Handlungen verstehen, weiß ich nicht. Ich schrieb dazu etwas bei Elsbeth.
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Soll garnicht… ich finde es spannend, was sich da entwickelt. Vielleicht nur meine elterlichen Instinkte (evtl völlig fehl am Platz?)
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Und ich dachte, es wäre die geplagte Mutter, die da spricht. 🙂
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…das Gefühl ist alt, aber ich kenne es auch 😊
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Liebe Gerda, das ist ganz wunderbar ! Und eine echte, individuelle Aktion, nicht nur Ersatz für „Ausgefallenes“. Besonders hat mich berührt, dass und wie das Meer im Ein-und Ausatmen der Wellen alles mitnimmt und –verwandelt. Ganz im Sinne von Heraklit…
Auch buddhistische Künstler arbeiten mit großen, sorgfältig aus feinem Sand gestalteten Mandorlas so, dass sie sie zum Schluss dem Wind und dem fließenden Wasser übergeben.
In allen christlichen Festen haben wir tieferliegende ältere Schichten. Beeindruckend und wunderschön, dass Griechenland sich das Segnen der Wasser als Lebensquellen bewahrt hat !
Mir gefällt aber auch sehr die Epiphanias-Geschichte von den Drei Weisen. Also: Sternen-Gelehrte, Wissende aus uralten Kulturen.( „Könige“ und mit Namen versehen wurden sie ja erst im 6. Jahrhundert). Mich beeindruckt deren aufblickende Orientierung an „ihrem Stern“. Und ihre Fähigkeit zu Ehrfurcht und Demut.
Herzliche Grüße !
Elsbeth
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Danke, Elsbeth, für deine schönen Gedanken und Hinzufügungen. Ich habe mich ja hier in das Denken, Wollen und Handeln des heranwachsenden Jahrs hinein begeben – ein Unterfangen, das natürlich auf sehr verschiedenen geistigen Ebenen möglich ist. Keine Ahnung, wie es weitergeht, denn dieses Kind hat angefangen, eigene Charakterzüge zu zeigen, die durchaus nicht voll mit meinen korrespondieren, zumal ich mich ja in einem ganz anderen Lebensalter befinde und zudem eine Frau bin. Es ist wie bei einer literarischen Kunstfigur: er beginnt ein Eigenleben zu führen…
Es ist ein bisschen verrückt, was mir da als Idee zugeflogen ist. Ich bin selbst höchst gespannt, wie es sich weiter entwickelt. Es beschäftigt mich. Ich weiß noch nicht, ob ich diesem Kind das Höchste, das ich ersinnen kann, angedeihen lasse, oder ob es sein Wollen auf eher praktische Handlungsebenen richten wird, sobald es die ersten Lernschritte hinter sich gebracht hat.
Bisher habe ich ihm außer einem starken Willen (Taufe als will.i) Mut und Freiheitsliebe, aber auch Naturliebe zugesprochen – doch er zeigte sich stärker an Technikfragen und vor allem am Fliegen interessiert – Flugzeuge, Vögel, Mondflug und Fliegenpilz. Heute wieder war er an der Symbolik der Wassersegnung und des Kreuzes wenig interessiert, dafür um so mehr an Strömungsverhältnissen und praktischen Schlüssen aus Beobachtungen. Er scheint technisch-naturwissenschaftliche Neigungen zu haben, die er jetzt noch spielerisch auslebt. So ist es ja oft: man bekommt ein Kind, das ganz andere Talente hat und Prioritäten setzt als man selbst. 🙂
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Ich mag sehr das Sowohl-als-auch in deiner Geschichte, anstelle dem Entweder-oder, womit wir es meistens zu tun haben. Allein die Hinwendung hierhin ist etwas, was meiner Meinung nach die Welt braucht, wofür ich mich auch schon lange einsetze.
Die offizielle Veranstaltung ist abgesagt, aber du hast das Wasser, zusammen mit Will.i gesegnet. Wasser nimmt alle Informationen auf, sagt man und trägt sie weiter. Es ist wichtig, dass jede.r Informationen dorthin gibt, womit man persönlich verbunden ist, nichts geht verloren. Es ist auch wichtig, dass die Menschen lernen, dass sie keine Priesterin, keinen Priester, keinen Guru, sprich keine Institution brauchen, um einen Segen wirkungsvoll zu machen, auf die Motivation kommt es an, wenn die stimmt, dann kann jede.r segnen.
Dass nun Will.i mehr Interesse an den Naturwissenschaften hat, ist eine Folge deines Tuns, die Welt braucht auch kluge und mitfühlende Wissenschaftler.innen, die spirituelle Handlungen nicht ablehnen, sondern sie mit einbeziehen.
Sehr spannend finde ich die Geburt von Will.i und bin gespannt!
Herzlichst, Ulli
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danke, Ulli, für deinen klug abwägenden mitdenkenden Kommentar. Besonders gefällt mir dein Hinweis darauf, dass die Absage der offiziellen Veranstaltung uns deutlich macht, dass wir ihrer eigentlich auch gar nicht mehr bedürfen. Jeder kann segnen. Es in Gemeinschaft mehrerer Gleichgesinnter zu tun, ist noch schöner und wirkungsvoller. Ist das Bedürfnis da, werden sich auch die richtigen Formen finden.
Auch dein Verständnis für Willl.is Neigung zur Naturwissenschaft und Technik freut mich. Wir alle profitieren schon lange davon, dass andere sich in diesen Bereichen kundig machen, und was wäre wünschenswerter, als dass sich Spiritualität und Wissenschaft verbünden? Ich bin tatsächlich auch sehr gespannt, wie es weiter geht, denn ich habe keine Ahnung, keinen Plan. Es ist tatsächlich wie eine Geburt und ein Aufwachsen und miteinander Lernen.
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Das Wasser zu segnen, ist ja so schön. Aber auch, was Du über die Taufe Jesu schreibst, ist wunderbar und wahr. Warum aber mit dem Leidenskreuz segnen? Jetzt frage ich mal so genau wie Wili’i. Das möchte ich doch gern wissen.
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Es ist das Symbol des Christentums. Mehr möchte ich hier nicht dazu sagen, liebe Gisela. .
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Aber warum ist es das Symbol des Christentums? Ich stelle einmal diese Frage so wie Willi. Und warum verwendet man es zur Wassersegnung? Du mußt mir nicht antworten.Und warum verwendest Du es, Gerda? Viele Fragen, die nicht beantwortet werden müssen.
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Aber ich fand Deine Geste trotzdem schön. Es wird einen tiefen, reinen Sinn gehabt haben. Und Deine Worte dazu beweisen es.
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…das gefällt mir sehr und entspricht meinem Empfinden…jedes Mal beim Wasserholen vom Fluss und von der Quelle begrüße ich diese, bitte zuerst um Wasser, bedanke mich anschließend…und segne den Fluss bzw. die Quelle, das ganze Jahr über…
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