Jutta Reichelt, deren „Geschichtengenerator“ mich zu vielen Bildergeschichten inspirierte, teilt in Covid-Zeiten ihre Schreibanregungen großzügig mit allen Interessierten. Gestern, zum Ersten Mai, kam eine Liste mit fünf Anregungen an. Und da der Mai bekanntlich alles neu macht, entschloss ich mich, es auch mal wieder zu probieren.
Die erste ihrer fünf Anregungen lautet:
1. Notiere eine Beobachtung. Es geht nicht um das Üben detaillierter Beschreibungen, sondern darum, aus der unendlichen Fülle des uns umgebenden Geschehens, etwas willkürlich herauszugreifen. Beschreibe so knapp oder so umfangreich, wie es dir gerade gefällt.
Und so setzte ich mich hin und schrieb drauf los:
- Junge Leute an der Dexameni, manche sitzen als Gruppe nah beieinander und rauchen, vermutlich Haschisch, andere sitzen aufgereiht, ich prüfe unwillkürlich den Abstand. Ich gehe in Deckung, um sie zu fotografieren, von weit, damit sie nicht meinen, ich würde ihnen nachspionieren. Ich bin froh, sie zu sehen. Immer versammelten sich hier junge Leute, und nun, am Ersten Mai, sind sie wieder da. Während ich sie beobachte, kommen noch mehr, einzeln oder zu zweit. Wie alt sie sind? Das kann ich nicht erkennen, vermutlich letzte Schuljahre, vielleicht auch ältere darunter. Die Dexameni ist leer, die Graffitis sind teilweise neu. Die Bootsinstallation vor dem Sitz des Bauunternehmers ist wieder am Platz, das eine Boot war zwischenzeitlich verschwunden.
Eine Beschreibung ist das ja eigentlich nicht. Ich notiere nur flüchtig, was ich sehe, weit mehr beschäftigen mich meine Gefühle, auch Erinnerungen. Die beiden Zeichnungen sind denn auch trotz beschreibender Genauigkeit Gefühlsskizzzen. Die jungen Leute auf der Mauer der Dexameni (= Wasserreservoir, leer) und die schwebenden Boote der Installation von Theodora Horafa sind winzig klein (hier gibts Fotos davon). Zwischen mir und dem Motiv erstreckt sich eine leere Fläche. Sie entspricht dem gefühlten Abstand, der sich durch die Covid-Maßnahmen zwischen mich und die Welt geschoben hat.
Im Bildausschnitt siehst du das Motiv und seine Einbettung besser;
Noch immer zu weit weg? Siehst du sie jetzt, die beiden bogenförmigen Boote, die immer mein Auge erfreuen?
Und noch eine Bearbeitung eines Bildausschnittes.
Danke. Deine Zeichnungen sind wieder genial, finde ich, bzw. auch : professionell. Der Abstand ist für Dich schmerzlich, schadet dem Bild aber nicht. Die Boote habe ich wirklich erst im letzten Bild sehen können. In der Beschreibung fehlt noch, wie dicht die jungen Menschen beisammensaßen, im Bild sieht man es aber. Kann ich ja verstehen, daß die auch mal wieder freundschaftliche Nähe suchen.
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Danke, Gisela. .
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Gern.😊
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Die erste Anregung sagt mir erst mal nichts – oder wenig.
Für mich wichtig sind Gefühle, was macht dieses und jenes mit mir.
Die Zeichnungen sind beredt. 🙂
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Manchmal ist es gut, etwas auszuprobieren, dann erst merkt man, was es mit einem macht, lieber Gerhard. Ich dachte auch: „beschreiben“? Dann aber versuchte ich es, weil ich so gute Erfahrungen mit Juttas „Geschichtengenerator“ gemacht habe.. Und kam langsam in Fluss und auch an meine Gefühle heran. Dies ist der allererste Anlauf gewesen.
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Sehr eindrücklich, die Worte und die Bilder.
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Danke, Maren!
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Liebe Gerda, ich habe mich ja gestern schon sehr über deine Ankündigung gefreut und nun empfinde ich deinen Beitrag und deine gedankliche und künstlerische Auseinandersetzung mit der Anregung als Geschenk. Vielen Dank dafür!
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Liebe Jutta, ich bin sehr froh, dass ich nun diese Anregung von dir erhalten habe und auch zu nutzen beginne, denn es gibt Tage, wo es mir schwer fällt, meine Gedanken aus dem sinnlosen Kreisen in ein Richtung zu bringen. Danke!
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Liebe Gerda, das freut mich sehr!
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Auch wenn es mehr Notizen sind, so sind sie dennoch beschreibend und lassen in mir Bilder entstehen.
Dann schaue ich mir deine Zeichnungen an. Die Distanz ist hier stark spürbar.
Mag ich beides sehr.
Liebe Grüße an dich.
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Hab Dank, Ulli!
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für Heute wünsche ich uns nur gute Nachrichten und Erfahrungen, Klaus
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Eine überzeugende Geschichte/Zeichnung Distanz fühlbar zu machen. Sehr schön!
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Deine Beschreibung mag ich sehr, gerade weil sie sich nicht darauf beschränkt, zu sagen was ist. Man könnte auch meinen, deine Zeichnungen zeigten nur, was zu sehen ist – aber auch in diesem Fall zeigst du viel mehr. Gerade die Verbindung mit Gefühlen weckt Text wie Bild zum Leben. Aber etwas anderes könntest du gar nicht, glaube ich. Irgendetwas ganz ohne Gefühl tun? Nee!
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Danke, Ule. Du hast recht. Im Grund geht es immer um Gefühlsausdruck. Selbst wenn ich einen Apfel möglichst naturgetreu zeichne: die Form trägt das Gefühl vom Zeichner zum Betrachter. Und das soll sie auch.
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Jedenfalls wenn die Zeichnerin ihr Handwerk versteht, wie du.
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Schöne stille Bilder, liebe Gerda, aber Du fühlst Deinen Abstand zu allen anderen immer mehr und es nimmt Dir Deine Gelassenheit. Es ist in Deinen Worten und Deinen Bildern gleichermaßen gut zu erkennen. Es wird Zeit, daß wir uns wieder freier bewegen können, liebe Gerda!
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