Kata-Strophen: Moritat von Susann und ihrem Heinzelmann (abc etüde).

Meine abc-etüde No 2, zu den Wörtern, die Petra Schuseil gespendet hat. Was einem bei den Wörtern Winterreifen, stolpern und eifersüchtig so einfällt, das sollen wir in eine Geschichte – oder auch in ein Poem – von höchstens 300 Wörtern gießen. So die von Christiane betreuten Regeln des Schreibespiels, genannt abc-etüden, das einst von Ludwig Zeidler erfunden wurde.

 

Gutartige Moritat von Susann und ihrem Heinzelmann

Beneidenswert  ist sie wohl nicht,

die schöne Susann Müller

denn Heinzl  Müller ist ein Wicht

und sie, sie ist ein Knüller.

 

Sie ist so hübsch, ein Wonnebrocken

Mit Grübchen in den roten Wangen

die könnten manchen leicht verlocken

mal liebestoll dahin zu langen.

 

Mit ihren Reizen gar nicht geizend

Küsst, wenn sie dazu Lust hat –

Ist das nicht wirklich reizend?  –

Sie jeden, der grad Frust hat.

 

Sie liebt es heiter und zu scherzen

Mit Karl und Peter und dem Paul

Sie hält nicht viel von Herzensschmerzen

Und ist im übrigen recht faul.

 

Den Heinzl aber liebt Susann

Obgleich er wirklich nur ein Wicht

Denn sie fragt sich, ob ihr Mann kann

Woran es einer Frau gebricht.

 

Und Heinzl kanns! Kann Schränkchen drechseln,

kann  Birnen, die kaputt sind, wechseln,

Kann mauern, bügeln, und was noch?

Kann kochen besser als ein Koch.

 

Und wenn die Susann mal gestolpert

So kommt er alsbald angeholpert

Und hilft ihr auf und wünscht ihr Glück

Denn sie ist doch sein Meisterstück.

 

Das hütet er und ehrt es sehr

Tut für sie alles und noch mehr.

Und eifersüchtig ist er nicht

Denn er ist ja ein armer Wicht.

 

Und wenn er auf dem Boden hockt

Um Winterreifen aufzuziehen

Während die Sonne lacht und lockt

So will er Dank nicht für die Mühen.

 

Vielmehr schaut er, der kleine Mann,

Verliebt noch die Prinzessin an

Und spricht : „Hab du nur Spaß,  Susann,

auf mich kommt es ja nicht so an.

 

Ich bin fürwahr ein armer Wicht

Dem eines nur geglückt im Leben

Dass ich für dich, mein Herzenslicht,

dir Freude, Liebe hab gegeben.“

 

Ist Susann doch beneidenswert?

Von allen Männern heiß begehrt

Und trotzdem treu nur dem ergeben

Der ihr so einfach macht das Leben?

289 Wörter

Neue Legearbeit mit den alt bewährten Schnipseln, die mir von Susanne Haun, Ulli Gau und Jürgen aka Buchalov zugekommen sind.

 

Avatar von Unbekannt

About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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32 Responses to Kata-Strophen: Moritat von Susann und ihrem Heinzelmann (abc etüde).

  1. Avatar von cosel10 cosel10 sagt:

    Das gefällt mir sehr. Bin nicht so die Verse-Macherin. Aber für dieTextformwürde ich die Idee aufnehmen. Danke für das Lese- und Bastelvergnügen.

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  2. Avatar von Christiane Christiane sagt:

    Wenn ich ehrlich bin, graust es mir vor Prinzesschen Susann und ihrer Fußmatte, dem Heinzelmann. Aber bitte, jede/r ist seines Glückes Schmied.
    Wunderschön und höchst gelungen finde ich dagegen Wort und Bild in seiner trügerischen Leichtigkeit. Hab Dank! 😀
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • 🙂 ich dachte, es wär mal an der Zeit, den Spiegel und Spieß umzudrehen. Oft wird ja die etwas verdrückte, unschöne und tüchtige Ehefrau als Fußabtreter des charmanten Mannes dargestellt. Er bleibt bei ihr, weil sie ihm die Hemden bügelt, das Essen kocht und das Bett wärmt. Und sie bewundert ihn und wünscht ihm allen Spaß der Welt, fühlt sich höchst glücklich und geehrt, weil er bei ihr bleibt.

      Gefällt 3 Personen

  3. Avatar von Ulli Ulli sagt:

    Man kann es ja auch noch von einer ganz anderen Seite lesen – der kleine Wicht bereitet Freude und schenkt Liebe, ist damit bei Prinzesschen sehr Willkommen und so kann er seiner Liebsten nahe sein.
    Es soll zudem ja auch Wichte geben, die bedingungslos Handeln. Wer dann aber reich und wer arm ist, das mögen andere entscheiden.
    liebe Grüße
    Ulli

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  4. Avatar von Verwandlerin wechselweib sagt:

    Gerda, ich liiiiiiiebe deinen dichterischen Sprachwitz! 😊🙃😍

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  5. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Witzig, wo nimmst du das bloß alles her?

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  6. Avatar von mmandarin mmandarin sagt:

    Wo nimmst du das bloß alles her?

    Gefällt 2 Personen

  7. Avatar von kowkla123 kowkla123 sagt:

    sehr schön geschrieben, liebe Gerda, mache es gut und genieße den beginnenden Frühling schon im Februar, wenn es denn dabei bleibt.

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  8. Avatar von Peter Klopp Peter Klopp sagt:

    Ein fabelhaftes Gedicht auf der Basis von nur drei scheinbar zusammenhanglosen Wörtern! Schön gedichtet, liebe Gerda!

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  9. Avatar von Bruni | Wortbehagen www.wortbehagen.de.index.php sagt:

    Anfangs köstlich amüsiert las ich Deine Reimezeilen, liebe Gerda, bis ich dabei immer ernster und nachdenklicher wurde. Blitzgescheit hast Du hier so viele menschliche Eigenschaften untergebracht, zu denen andere seitenlange hintergründige Romane brauchen…

    Ja, liebe Ulli, wer vermag zu entscheiden, wer hier arm und wer reich ist? Kann es denn einer?

    Gefällt 1 Person

  10. Nichts geht über ein schönes Gedicht! So schön könnte man es auf andere Weise wohl kaum ausdrücken.

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  11. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 08.09.19 | Wortspende von wortgeflumselkritzelkram | Irgendwas ist immer

  12. Avatar von Katharina Katharina sagt:

    Ein toller Text. Ich weiß nur nicht, ob ich mit dem Wicht Mitleid haben soll oder ihm das Unrecht tut. Vielleicht ist es auch das perfekte Arrangement.
    Grüße, Katharina.

    Gefällt 1 Person

  13. Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

    Hat dies auf GERDA KAZAKOU rebloggt und kommentierte:

    Christiane fragt nach der am meisten angesehenen abc-Etüde. Da war ich dann doch auch neugierig und schaute nach. Nun, immerhin 98 clicks erhielt diese hier, und 96 „Wenn der Topf aber nun ein Loch hat“. Das kkommt zzwarr längst nicht an meine Spitzenbeitrräge ran ( „Jonas, der Wal und ich“ wurde 1.143 mal angeklickt, dicht gefolgt von „Rom – Via Appia “ und „Griechische Lyrik – Konstantinos Kavafis, Ithaka“), ist aber doch sehr erfreulich.

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