Auftritt Domna, die blinde Poetin.
Das Alte Jahr, ganz pünktlich ist es um
Auf ging der Vorhang für das Neue Jahr
Und in dem Saal sitzt stumm das Publikum
Was wird? Ist jetzt gebannt wohl die Gefahr?
So fragt es sich. Doch wer spielt auf den Bühnen
Wenn nicht du selbst, die dieses Spiel ja schreibt?
Bist du’s nicht selbst, der unsre Welt lässt grünen
Der Frieden schafft und uns in Kriege treibt?
O Freund, o Freundin, lass uns all zusammen
das Neue Jahr in Frieden schön gestalten
dass es nicht gar verbrennt in Krieges Flammen
und nicht regiert wird von den Nachtgewalten.
Domna tritt ab.
Was soll mir Hoffen, warum sollt ich bangen?
Die Wahrheit such ich hinter der Erscheinung.
Wenn du nicht suchst, zur Wahrheit zu gelangen
Bleibt alles Spuk und subjektive Meinung.
Drum hör nie auf, all das, was dir geschieht
Mit Fragen nach dem Wo und Wann, Warum
Und Wer das tat und Wer ihm dazu riet
Zu löchern, denn sonst bleibst du dumm.
Ungur tritt ab.
Auftritt Tschinn, der Macher:
Ich bin der Tschinn, der Macher
Ich packe an, ich schaffe, tu
Auf meiner Seite sind die Lacher
Wie ich es mache, mach’s auch du!
Wer zu viel fragt, wer immer wartet
Dass alles sich von selbst erledigt
Wer niemals selbst zu Taten startet
Stattdessen Ruh und Frieden predigt
Den wird es balde kalt erwischen
Der wird verlassen sein und arm
Du musst schon selbst die Karten mischen
Sonst Gnade dir und Gott erbarm!
Tschinn tritt ab
Auftritt das Paar, Yin und Yang.
Du weisst, wir bleiben einsam: du und ich,
Wie Stämme, tief in Gold und Blau getaucht,
Mit freien Kronen, die der Seewind streift;
So nah, doch ganz gesondert, ewig zwei.
Und zwischen beiden webt ein feines Licht
Und Silberduft, der in den Zweigen spielt,
Und dunkel rauscht die Sehnsucht her und hin.
(Dies ist kein eigenes Gedicht, es stammt von Paul Wertheimer, Seelen, aus: Neue Gedichte, 1904. Yin und Yang sahen es heute bei Christiane und fanden es für ihren ersten Auftritt passend.)
Yin undYang treten ab
Freude, Wonne, in der Liebe
In dem Spiegel deiner Augen
Funkelt mir das All entgegen
Eine bin ich mit dem Ganzen
Nichts kann mich von dir entfernen
Denn Eins sind ich, du und alle
Meine Lippen wolln dich küssen
Meine Schenkel dich umfassen
Und mein Herz will nur dich schlürfen
Diesen reinen süßen Trank
Deinen Atem will ich trinken
Will in deinem Hauch versinken
„Sind es Wogen
wonniger Düfte?
Wie sie schwellen,
mich umrauschen,
soll ich atmen,
soll ich lauschen?
Soll ich schlürfen,
untertauchen?
Süss in Düften
mich verhauchen?
In dem wogenden Schwall,
in dem tönenden Schall,
in des Welt-Atems
wehendem All —
ertrinken,
versinken —„
unbewusst —
höchste Lust!“
(Wie du vielleicht erkannt hast, geht der Gesang der Hedonie in den der Isolde über, als sie sterbend hinsinkt. Libretto von Richard Wagner )
Isolde tritt ab
Wo seid ihr, ihr andern? Ich bin so allein!
Wer bin ich, wenn ich euch nicht hab?
Ich möchte so gerne geliebt von euch sein
Ihr seid mir der Trost, ihr seid mir der Stab!
Sehr gern werd ich grün, wenn das Grün euch behagt
Was zählt ist allein, dass ihr andern mich liebt
Ich werde auch blau oder rot, wenns gefragt
Denn ihr seid mein Alles, so wahr es mich gibt!
Jerma tritt ab
Friede sei an allen Küsten
lasst uns die Welt von Krieg befrein!
Kommt her und saugt an meinen Brüsten
die euch Unsterblichkeit verleihn!
Ich geb euch Nahrung, geb euch Quellen
denn darben sollt ihr wirklich nicht.
Doch dürft ihr nicht die Bäume fällen
Auch fordere ich Fleischverzicht.
Die Tiere sind mir tief verbunden
Sie schütze ich, sowie auch dich
Ich mag es nicht, wenn sie geschunden
Wenn du sie tötest, triffst du mich!
Ich bin die Göttin, die vor Zeiten
ihr habt von ihrem Thron gestürzt
Die Rückkehr sollt ihr mir bereiten
sonst wird das Leben euch verkürzt
Ich geb dir alles, doch verlange
ich stets Respekt vor Baum und Tier
so du den hast, sei dir nicht bange:
Mit Gotteskraft steh ich bei dir.
Hera tritt ab
Auftritt Diaphania, die Transparenz
….
Hier schaltet sich Dora ein. „Sag mal, spinnst du? Willst du alle 17 Typen auftreten lassen, damit sie ihr Sprüchlein daherbeten? Die Zuschauer – und sicher auch die Zuschauerinnen – werden sich zu Tode langweilen, wenn das so weiter geht. Sie verlangen Handlung, Action! Also lass dir was einfallen, ja?“
Erschrocken lasse ich den Vorhang fallen, bevor Diaphania ihr Sprüchlein loswerden kann. Dora hat wahrscheinlich recht. Ich werde mich mit ihr beraten müssen.
Also ganz Unrecht hat Dora nicht, aber Recht hat sie auch nicht, ich fand die Gesänge sehr berührend und würde auch gerne noch lesen, was Diaphania zu sagen hätte. Frohes neues Jahr noch liebe Gerta.
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Danke! Vielleicht möchtest du auch wissen, was das Spielende Kind, der Weltraumforscher und all die anderen zu sagen hätten`? Ich könnte mich drauf einlassen…. 🙂
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Lass dich bitte darauf ein 😉
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Danke, sehr gern, Mitzi!
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mich auch
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🙂
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Kann ich da nein sagen? Ich werde mich mit Dora beraten müssen.
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Ja, das wär schön, danke dir
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Na dann! (freut mich!)
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Das ist sehr motivierend.
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Na da ist ja einiges los. Und alle Deine Figuren haben interessante Namen bekommen. Woher stammen die Namen, Gerda?
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Sie fielen mir zu….
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Ganz neue Wortschöpfungen also? Sie klingen gut und sind wohl jeweils passend.
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Dora ist ein kluges Mädchen, Gerda.
Es wurde ein bissel sehr lange, das Weltentheater und ich merkte, wie meine Aufmerksamkeit nachließ 🙂
Das Gedicht von Herrn Wertheimer fiel mir sofort auf, denn ich fand es bei Christiane schon so wunderschön.
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Danke, Bruni, auch für den Hinweis auf die Länge. Ich bin mir bewusst, dass die Texte samt Bildern auch für den Leser eine Herausforderung sind, da kaum jemand Zeit hat, so viel Zeug anzuschauen und zu lesen. Ich möchte nun aber trotzdem meinem inneren Rhythmus folgen und veröffentlichen, was sich gestalten will. Die eine oder der andere bringt vielleicht genügend Geduld auf. Wenn ich mich ausbremse, geht die Inspiration flöten.
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Das verstehe ich gut mit der Inspiration, die verloren geht…, liebe Gerda ❣️
Du machst es ja ganz wundervoll und ich lese es mit grossem Interesse .
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„WAS SICH GESTALTEN WILL“…Wie eine höhere Macht
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Ja, lieber Gerhard, die Muse ist eine Himmelsmacht….
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