Ich möchte gern noch eine abc-etüde für Christiane schreiben. Dora hockt auf meiner Schulter, bereit, mir zu helfen. Es geht um Ludwig Zeidlers Wörter
Königskuchen
akribisch
träumen.
„Kai ti einai parakalo ena Königskuchen„? fragt Dora. Sie spricht gewöhnlich Griechisch mit mir. Auf Deutsch: „Und was ist bitte ein Königskuchen?“ „Königskuchen heißt hier Vassilopita“, erkläre ich ihr. Was eine Vassilopita ist, weiß Dora, auch wenn sie sich nicht an Einzelheiten erinnert, war sie doch erst einen Tag alt, als sie den Königskuchen zu Gesicht bekam. Am 1. Januar, so will es die Sitte, wird er auf den Familientisch gestellt und geteilt. Der Hausherr oder auch die Hausherrin ritzt drei Kreuze rein, möglichst akribisch bitte, denn es sollen zwölf gleichgroße Stücke entstehen. Oft kommt ein Kreis in der Mitte hinzu. Und dann wird bestimmt, an wen die Stücke fallen: an den Hausstand, an den Papa, die Mama, die Oma, die Tante Emma, an den abwesenden Sohn, den Bruder, den Neffen, die Hungrigen dieser Welt, die Flüchtlinge, die Freundin, den Fremdling….Das runde Stück in der Mitte wird oft dem Lieben Gott zugesprochen. Manchmal ist es auch die Firma oder, bei Emigranten, das ferne Vaterland.
Ist der Kuchen verteilt, beginnt die Suche nach dem Glückstaler, der im Kuchen versteckt ist. Früher war es schon mal ein echter Silber-Sterling, heute reicht eine billige Nachahmung, in Aluminiumfolie eingewickelt. Aber egal: Glück ist Glück! Fällt er dir zu, zeigst du ihn glücklich herum und beginnst zu träumen: Dieses Jahr, so träumst du vielleicht, mache ich endlich eine Weltreise, treffe ich meine große Liebe, wird endlich Frieden einkehren, haben alle Menschen genug zu essen…. Jeder träumt anders.
„Und wer bekam dieses Jahr den Glückstaler?“ fragt Dora. „Ich“, antworte ich lächend. „Und ich träumte von einer Dora, die mir tagtäglich Freude schenkt“.
Das ist eine schöne Sitte, die Verteilung des Königskuchens, inklusive der Berücksichtigung der 13. Fee in der Mitte, wie auch immer man sie bezeichnet.
Dann muss es ja ein gutes Jahr werden, eigentlich, oder? Zumindest scheinst du den Sturz gut überstanden zu haben – ich war so erschrocken, als ich es las, daher frage ich nach. 😉👍
Danke für die Etüde!
Abendgrüße 🌅🌼🍵🥗👍
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Hab Dank für die liebe Nachfrage, Christiane. Es geht so, ein bisschen gestresst ist der Corpus ja doch, und so mache ich langsam. Und ja, die 13. Fee, die 13 Monate des Mondjahres, auch Jesus und die 12 Jünger komplettieren sich zur 13. Eben fand ich noch ein Bild zu Artus Tafelrunde, das der Vassilopita sehr ähnlich sieht. : https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Winchester_RoundTable.jpg
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Dora macht uns alle Freude. Ein Glück gibt es diesen Königskuchen! Ich würde mir jahraus, jahrein weniger Selbstgerechtigkeit und mehr Dora-Leichtigkeit wünschen! Viele Grüße!
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Dora freut sich und lacht über beide Ohren. Danke, Alexander!
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Was für ein wertvoller „Glückstaler“!
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Es ist ein schöner Brauch..
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Ich meinte nicht den Brauch sondern was Du daraus gemacht hast mit Doras Hilfe😊
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Wie hast Du das wieder wunderschön dargestellt!
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Danke, Gisela!
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Ich kenne den Brauch nur mit einer Bohne, die darin versteckt wird.
Deine Etüdengeschichte gefällt mir aber besser, Gerda!
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