Als wir an der Abbruchkante einer Oliventerrasse vorbeikommen, rutscht Dora von meiner Schulter und ruft: Guck mal diese runden Dinger! Eh ich es mich versehe, hat sie sich abgeseilt und ist auf einem Gebilde gelandet, das einem winzigen Boxsack nicht unähnlich sieht.
Verwundert schaue ich an der bröckeligen Lehmwand hoch. Wo kommt dies Seilchen denn her? Nun, offenbar von oben, dort, wo der Klee mit seinen gelben Trichterblüten blüht. Er ist allgegenwärtig. Alle Oliventerrassen sind damit bedeckt, zur Freude der Bienen und des betrachtenden Auges.
Es ist ein Sauerklee, soviel verstehe ich gleich bei der ersten Google-Recherche. Bei der zweiten erfahre ich, wie man ihn erfolgich bekämpfen kann. Ich lese Dora die Fundstelle laut vor: „Der zur botanischen Gattung Oxalis gehörende Horn-Sauerklee ist ein wahres Ärgernis im Garten, denn die ebenso robuste wie vermehrungsfreudige Art besiedelt mit Vorliebe Gartenbeete, Rasenflächen und Pflasterfugen. Einmal etabliert, werden Sie Oxalis corniculata so schnell nicht wieder los. Das Unkraut gedeiht fast überall und verbreitet sich sowohl durch seine zahlreichen Samen als auch die tiefen Wurzeln immer wieder aufs Neue. Mit diesen Mitteln bekämpfen Sie Sauerklee endlich endgültig.“ (Plantopedia)
Dora ist entrüstet, und auch ich bin trotz des griechisch klingenden Namens der Seite wenig erbaut. Warum sollte ich diesen goldenen Schatz vernichten wollen? Kann man ihn nicht jedenfalls essen? Nein, erfahre ich. „Dieser (Klee) enthält hohe Anteile an giftiger Oxalsäure und ist daher nicht zum Verzehr geeignet.“ (ebd)
Also weg damit? „Das Unkraut ist äußerst hartnäckig und nur schwer zu vernichten, zumal sich die Art sowohl durch Wurzelausläufer als auch durch Samen flächendeckend vermehrt. Die schmalen Kapselfrüchte springen schon bei der kleinsten Berührung auf und schleudern die innen liegenden Samen dadurch mehrere Meter weit weg – aus diesem Grund bezeichnet man die Art auch als „Springklee“. Kleine Tiere wie beispielsweise Ameisen tun ihr Übriges und verteilen die Samen im weiteren Umkreis. Problematischer als die Samen sind jedoch die Ausläufer, die aus den tief im Boden verankerten Wurzeln sprießen. Da diese gerade in lehmigen Böden kaum zu entfernen sind, kommt das Kraut bei lediglich oberflächlicher Behandlung immer wieder.“ (ebd)
Ziemlich martialisch die Beschreibung. Der Klee – dein Feind. Dass er offenbar nicht leicht zu vernichten ist, freut mich sehr, denn leider gibt es auch hierzulande Gegner von Kräutern, die dem Menschen nicht dienen. Und so betrachte ich mit einer gewissen Schadenfreude die Wurzeln mit den Säckchen, die hier an der Abbruchkante sichtbar wurden, aber normalerweise „tief im Boden verankert“ auf ihre Chance warten. Sie scheinen sogar die Attacken mit Round-up, derer sich so mancher Bauer bedient, gut zu überstehen.
Was schlagen die Gartenfreunde denn vor, um den Klee loszuwerden? fragt mich Dora, die wie gewöhnlich auf meiner Schulter hockt. „Regelmäßiges und tiefgründiges Jäten“, „Abflammen bewachsener Steinfugen“, „Fugenkratzer“, „Ritzen mit Flüssigharz versiegeln“ – oder, damit der Klee gar nicht erst eine Chance hat: ein „Unkrautvlies unter die Steine positionieren“. Im Rasen: „den Klee herausreißen, und kontrollieren Sie die Rasenfläche in kurzen, regelmäßigen Abständen auf neue Austriebe, die Sie ebenfalls sofort entfernen“.
Dora ist nun echt verwundert. So viel Arbeit, um diesem „Feind“ zu Leibe zu rücken? Wozu soll das gut sein? Ist der Klee nicht vielleicht sogar nützlich? Also wenn du mich fragst: ich glaube, dass er den Boden sogar heilen kann! Also google ich zum dritten Mal, diesmal mit dem Suchbegriff „Klee Bodenverbesserer“, und werde sofort fündig (Gartentipps).
„Klee zur Gründüngung einsetzen. Der Klee gehört zu den schnellwachsenden Pflanzen, die Sie zur Gründüngung einsetzen können. Er bietet sich neben Lupinen vor allem zur Bepflanzung von mittleren bis lehmigen Untergründen an. Die Wurzeln können bis zu zwei Meter tief reichen, was eine tiefgründige Lockerung des Bodens bewirkt.
Außerdem lebt der Klee mit verschiedenen Bodenbakterien in einer Gemeinschaft, die sich an den Wurzeln der Pflanze festsetzen und Stickstoff aus der Luft hineinschleusen. In der Folge erhöht sich der Gehalt an Stickstoff in der Erde, der vom Regen nicht so schnell ausgewaschen werden kann.“
„Siehste!“ ruft Dora triumphierend, und ich denke: Sieh mal einer an! Zwei Geschäftsmodelle. Die einen wollen dich, lieber Klee, mit Stumpf und Stiel ausrotten, und bieten mir dafür allerlei Hilfsmttel an. Die anderen wollen mir deine Samen verkaufen, damit du dich vermehrst und die Böden verbesserst. Beide sprechen über dasselbe Phänomen: deine tiefen Wurzeln. Woran erinnert mich das bloß? Woran?

über Doras Kopf: Kleeblüte
Klee ist nicht Klee, liebe Gerda, der von dir beschriebene Sauerklee wird nicht zur Gründüngung verwendet, sondern der violette und weiße Klee.
Aber ansonsten kann auch ich nur immer wieder den Kopf über diese Feindschaft gegenüber Pflanzen schütteln, nebst der Angstmacherei. Natürlich kannst du zwei, drei Blättchen essen, ohne zu sterben. Bekanntlich macht ja die Menge das Gift.
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Danke, Ulli. Ich hab extra nachgelesen: da stand, dass jede Art von Klee geeignet sei. Als ich diese Wurzeln mit den Stickstoffspeichern anschaute, dachte ich gleich, dass sie gute Böden machen. Nun brauche ich den Klee aber nicht auszusäen, er ist hier im Olivenland omnipräsent. , Ich las auch, dass der Klee als Ziegenfutter schädlich sein kann – je nach Umständen und Jahreszeiten. Sicher gilt das nur für Stalllziegen, denn die freien wissen eh Bescheid. .
Mir kam es vor allem auf die beiden Denkweisen an, die hier gegeneinander stehen. Beide können ökonomisch nützlich sein. Die eine geht mit der Natur, die andere gegen sie.
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Okay, das wusste ich nicht. Aber ich weiß auch nicht, ob es hier diese gelbblühende Variante gibt. Ich kenne nur weiße Blüten mit lila Strichen beim Sauerklee.
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Ich staune und schaudere auch immer wieder über den totalitären Tonfall der Gärtnernden um mich herum.
Hier wird der Vernichtungskrieg eher gegen Giersch und Nacktschnecken geführt, die Sprache ist aber dieselbe.
Persönlich habe ich festgestellt, dass sich die Schäden bei den Varianten „totaler Krieg“ (allerdings habe ich die C-Waffe immer gemieden) und „leben und leben lassen“ in etwa gleich sind.
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Diesen tollen gelben Klee habe ich hier noch nicht gesichtet. Ich finde auch, daß es eigentlich keine Unkräuter gibt. Nur Kräuter, die an Stellen wachsen, wo sie den Menschen nicht passen und deshalb wegsollen…
Ich jäte äußerst behutsam und lasse das Wieschen sprießen wie es mag
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