1.3.2021 Will.ie ist zurück! Geburtstag und die zweite Verwandlung.

„O, da bist du ja! Wo warst du denn solange, mein Will.i? Seit vorgestern, als du so wütend hinausgestürmt bist wie ein Verrückter … He, oder soll ich sagen: wie eine Verrückte? Du hast dich ziemlich verändert in den zwei Vollmondnächten, wo du weg warst! Bist du etwa eine Will.ie geworden?“

Will.i lächelt verschmitzt und blinzelt mir zu. „Warum nicht eine Will.ie? Leben wir nicht in einer Transgenderzeit? Und überhaupt: ich hatte Geburtstag und bin ja schließlich nicht nur für weiße Männer zuständig!“

Geburtstag? Nach ein wenig Nachdenken wird mir klar: Will.i wurde im Licht des Vollmonds geboren und feiert an jedem Vollmond Geburtstag! Am ersten Februar war sein erster Geburtstag, Vollmond auch damals, und er verschwand, rutschte von der Burg Haravgi (gänzendes Morgenrot) auf einem Längengrad nach Kenia zur African Lady, sauste dann hinüber nach Japan… und kam als Afrikaner zurück. Beweis? Hier, wenns beliebt.

Will.i trifft Shin.nin im Land der aufgehenden Sonne

Und nun ist er eben als junges Mädchen oder soll ich sagen: als junge Frau? zurückgekommen, als eine Will.ie. Da muss ich ja wohl sie zu ihm sagen. Das ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber warum nicht? Es gibt Schlimmeres, an das man sich gewöhnen muss.

Außerdem gefällt mir Willie. Ein charmantes, lustiges Wesen ist das, ein Lichtblick in meiner heute matttrüben Stube.

„Und?“ frage ich gespannt. „Wo warst du? Wo hast du dich herumgetrieben?“ – „Solltest du dir ja eigentlich denken können!“, antwortet Will.ie mit breitem Grinsen. „Siehst du nicht, wie ich aussehe? Eine Rothaut bin ich geworden! Hab mich an einen Mondstrahl gehängt und bin mit ihm immer nach Westen gezogen, über das große Meer. Viele Schiffe traf ich, große und kleine, Flugzeuge, Satelliten, Sterne und Planeten, ging auch tiefer, spielte mit den Fischen, den Vögeln, den Gestirnen. Da war es dann, dass ich merkte, wie ich zur Frau wurde.

Ich trieb dann weiter nach Westen. Gleich neben dem Meer ragt die Stadt New York auf, die ist riesig, mit tiefen Häuserschluchten. Da musste ich landen, denn da kam kein Mondstrahl hin.“

Will.ie auf einem Segler in Manhattan

„Und? hast du neue Freunde gewonnen?“ Denn Freunde zu gewinnen, ist doch das wichtigste im Leben eines jungen Menschen, der Geburtstag hat und auf Reisen ist. „Na, es geht so“, kommt die etwas rätselhafte Antwort. „Wen sollst du da schon kennenlernen. Nachts sind die Straßen einfach nur leer, wie ausgestorben.  Und wenn du doch wen triffst, ist er maskiert und reißt er vor dir aus, als wärst du der Teufel.  Wahrscheinlich, weil ich keine Maske trage.  Zwei der Maskierten waren schließlich ganz lustig, nahmen mich in einen verqualmten Puff mit und verpassten mir das outfit, das ich jetzt trage. Ich musste mir auch die Augen und den Mund anmalen. Sie sagten, das gehört so, wenn man ein Mädchen ist und Fasching feiert. Was ist Fasching?“

Ja, was ist Fasching?  Woher soll das Kind wissen, was Fasching ist? So viel weiß es schon, so weit ist es herumgekommen, aber dass man an Fasching maskiert herumgeht, das weiß es nicht. Fasching ist ja heuer verboten.  … Grad will ich zu einer Erklärung ansetzen, da gähnt Will.ie heftig. „Als es Morgen wurde, reiste ich weiter. Aber nun muss ich ein bisschen schlafen, ja? Siestazeit. Später erzähl ich dann weiter“.

 

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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27 Antworten zu 1.3.2021 Will.ie ist zurück! Geburtstag und die zweite Verwandlung.

  1. Werner Kastens schreibt:

    Bin mal gespannt, welche Wandlungen Will.i/Willie noch durchmacht und was für einen Partner er findet? Wird er/sie den Verlockungen der Drogen widerstehen können?

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  2. evaannacarola schreibt:

    so hübsch ist er/sie/ es geworden. Das wird noch spannend…

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  3. Mitzi Irsaj schreibt:

    Will.ie nun also. Das gefällt mir. Dieser junge Mensch erlebt so viel, dass einem ganz schwindlig wird. Aber so war es auch, als ich dieses Alter hatte. Alles neu, nicht alles gut, aber vor allem noch nichts festgelegt.

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    • gkazakou schreibt:

      Dies „Noch-nicht-festgelegt“ hat ja bei heutigen Jugendlichen nochmal ein andere Radikalität erreicht. Bei uns stand das Geschlecht kaum in der Debatte, auch wenn es gleichgeschlechtliche Liebschaften gab. Heute wird das Geschlecht, insbesondere inden USA, selbst in Frage gestellt und umgemodelt. Drum habe ich sie diese Geschlechtsumwandlung, die bei ihr freilich spontan erfolgte, beim Eintritt in die USA vollziehen lassen.
      Bezogen auf die besondere Beschaffenheit meiner Personnage, die das Jahr repräsentiert, ist der Wechsel natürlich vor allem ein Kunstgriff. Mal sehen, wie ich damit zurecht komme. Ich trauere schon ein bisschen um meinen Jungen.

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      • Mitzi Irsaj schreibt:

        Wenn ich ganz ehrlich bin, Gerda, dann habe ich dem Jungen auch nach getrauert. Schon nach wenigen Erzählungen von dir, ist er mir ans Herz gewachsen. Andererseits finde ich diese Wandlung auch wahnsinnig interessant. Auch meine Nichten und Neffen wurden mir in einem gewissen Alter für kurze Zeit fremd und es fiel mir schwer sie zu verstehen. Da trauerte ich den kleinen Kindern nach. Heute bin ich wahnsinnig stolz auf die jungen Erwachsenen.

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  4. kopfundgestalt schreibt:

    Die junge will.ie weiss schon viel, vor allem über masken.
    Masken hier, Masken da, Masken überall.
    Lehre sie doch, hinter die Masken zu gucken. Das wäre ein Gewinn!

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  5. Verwandlerin schreibt:

    Liebe Gerda, dein reiches Innenleben ist einfach großartig.
    Ich freue mich sehr, dass du es mit uns teilst!

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  6. Johanna schreibt:

    Eine unerwartete Wandlung 😅 allerdings konnte ich mich nicht an die vorherige Veränderung von Will.i gewöhnen und nun wird sich heraustellen, ob ich mich an diese neue Umwandlung gewöhnen kann… Irgendwie ist für mich Will.i immer noch der Alte. Aber wie in einem klassischen Bühnenstück, können auf diese Weise viele Aspekte beleuchtet werden. Das ist prima und engt nicht ein… Viel Spass mit Deiner neuen Ziehtochter also ☀️

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    • gkazakou schreibt:

      Die Vorstellung eines Bühnenstücks ist hilfreich. Das Wesen hinter den Masken und Kostümen (wozu man sogar auch den Körper zählen kann, der sich im Laufe des Lebens ja sehr wandelt) ist immer dasselbe, es drückt sich aber auf verschiedene Weisen aus, und so reagiert auch die Welt verschieden. Nimm den Will.i als europäisches Kind, nimm ihn als schwarzafrikanischen Jungen, nimm ihn als heranwachsendes Mädchen… Die Welt wird immer anders auf ihn reagieren, auch wenn er sich als identisch empfindet.
      Wegen dieser Interaktion mit der Welt sind dann auch die Lebensmöglichkeiten und Schicksale dieses Wesens je nach Kostüm und Maske andere.

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  7. Willi oder Will.ie,,, ?
    Er/ sie weiß nun schon viel, und doch noch viel zu wenig, liebe Gerda.
    Die Weltstadt mochte er nicht so sehr und nun weiß er nicht mehr so genau, ob er Junge oder Mädchen ist… Ihm / Ihr scheint es egal zu sein, oder?
    Kein Thema, im Falle Will.i oder Will.ie ?

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  8. Wie schön, denn Willie lernt die Welt kennen! Auch die Unterwelten gehören dazu! Hast Du sie darüber und ihre Gefahren aufgeklärt?

    Jetzt lernt sie die Menschen kennen, diejenigen mit Masken und diejenigen ohne Maske! Jetzt lernt sie Menschenkenntnis mit all ihren Farben und Facetten! Willie wird bald sehr weise sein❣😁🙋‍♀️

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Babsi, für deine Ermunterung. Momentan ist sie erstmal ziemlich verzweifelt. Sie liegt mit dem Baby Apelpis im Arm auf dem Sofa und nährt es. Aber Elpis die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

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