„Komm, Will.i, ich zeig dir mal einen meiner Lieblingsorte!“ Ihr, meine lieben LeserInnen, kennt den kleinen Hafen von Kitries bereits, Will.i aber nicht. Denn das letzte Mal war ich am Tag vor seiner Geburt dort. An dem Tag also, als das vorige Jahr versank und verlosch. Ich verabschiedete es mit dem Foto eines Bootes, das den schönen Namen „ΥΠΑΡΧΩ“ trägt („ich existiere“). Vielleicht meinte das Jahr sich selbst? Dass es weiter existiert, auch wenn wir es haben in der Versenkung verschwinden lassen?
Nun, wie auch immer. Das Boot gibt es noch, und den Hafen auch. Ein schöner später Nachmittag wars. Dem Will.i erzählte ich ein wenig, was es mit diesem Hafen auf sich hat, wie es hier früher aussah, mit wem ich schon dort war, ja, ich erklärte ihm auch, warum die Tische und Stühle der beiden Tavernen und des Cafes jetzt verpackt und verschnürt sind. Shutdown …
Will.i stieg dann ein bisschen im steilen Gelände herum, um das Ganze noch mal von oben zu betrachten (er hat gern die Übersicht). Ich aber erbat mir von einem Netze flickenden Fischer einen Plastikstuhl und machte mich ans Zeichnen.
Sehr stark waren die Kontraste im Licht der tiefstehenden Sonne. Der blaugestrichene Teil des Bootes wurde eins mit dem dunklen Wasser dort, wo es nicht vom Licht getroffen wurde. Fast schwarz erschien die gegenüberliegende bewaldete Steilküste, scharf abgegrenzt gegen das gleißende Meer.
Ich begann noch eine zweite Zeichnung, doch hatte Will.i inzwischen „alles“ gesehen und wollte nach Haus. Meine Zeichnung billigte er: „Fast so gut wie ein Foto“, meinte er. „Man kann sehen, wie es festgebunden ist. Aber du hast die Planken ein bisschen zu sehr ausgebeult.“
Ich gebe zu, dass mich sein Lob und sogar auch seine Kritik freuen. Er ist halt ein Beobachter der Wirklichkeit. Seine Kriterien sind nicht meine Kriterien. Aber was macht das schon? Jedem das Seine.
Und wie sah es nun „wirklich“ aus? Auf dem Foto erscheint dieser Teil des Hafens tatsächlich fast wie ein Schwarz-Weiß-Gemälde.
In der anderen Blickrichtung aber entfaltete sich ein fantastisches Farbenspiel. Das wiederzugeben, hätte es schon anderer Mittel als meines schwarzen Kugelschreibers bedurft.
Wunderschön hast Du den Glanz des Meeres gegen die fast schwarze Steilküste in Deiner Zeichnung eingefangen, Gerda. Den Glanz sieht man im Photo noch starker, doch das Schwarz wirkt nur wie eine Silhouette. Die beleuchtete andere Seite des Hafens ist natürlich wunderschön. Könnte man es malen, ohne daß es kitschig wirkt?
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Danke, Gisela. Ich würde es wohl nicht so malen, genauso wenig wie ich so zeichne, wie es auf dem Foto erscheint.
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Das glaube ich Dir. Es aber zu malen, müßten ganz neue, intuitive Wege gefunden werden, sozusagen lichtgeleitet.
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Fabelhafte, nuancenreiche Widerspiegelung!
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Danke, Beate!
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Licht, Schatten, Spiegelung…ich mag, wie Du mit einem Kuli (so scheint’s mir) so lebendig und kontrastreich zeichnen kannst
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Danke, Johanna. Ja, Kuli.
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Herrlich! Ich kann förmlich eine leise Brise spüren!
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🙂 Sie war tatsächlich nur leise, ich brauchte das Blatt beim Zeichnen nur festzuhalten, nicht festzuklemmen.
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😊
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Das erste Foto war wunderschön und dann begannst Du zu zeichnen und ein feines kleines Boot, schier eins mit dem Wasser , entstand. *die Planken ein bisschen zu sehr ausgebeult.“ , meinte der Will.i. Was meint er denn da genau? Den Bauch des Bötchens kann er nicht meinen, oder doch? Die Planken müßten doch der Boden innen sein, oder? Aber die sieht man nicht.
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Er meinte schon den Bauch, der ja aus Planken besteht.
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Ach soo!
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