Wenn es „Schnee von gestern“ gibt – warum nicht auch „Schnee von morgen“? So dachte ich und reimte mir eine etüde zusammen. Danke, Christiane, dass du uns wieder eingeladen hast, danke für deine Wörter und für deine Illustration.
Schnee von morgen
Das Kläuschen nögelt, bittet, greint
und hätt am liebsten laut geweint
doch er, als Bub, muss sichs verkneifen
sonst wird der Vater ihn ankeifen.
„Wann fahrn wir nun in Skiurlaub?“
Doch der Herr Vater stellt sich taub.
Schnee und Eis die sind ihm schnurz
„Frag die Mama“, knurrt er kurz
Und hämmert weiter in die Tasten
Denn der Artikel übers Fasten
Den er, obgleich selbst recht beleibt,
fürs Kirner Frauenblättle schreibt
muss fertig werden heut Nacht
und jetzt ist es schon halbe acht.
„Mama, ich hab mich so gefreut!“
Die Mama hat bereits bereut
Dass sie dem Karl zu Weihnachten
Ein teures Skierpaar vermachten
Denn seitdem gibt der Karl kein Ruh,
Und ihr Gemahl sagt: „Sorg mal du“.
Sie hat das internet durchsucht
Doch war schon alles ausgebucht
Was ihr gefiel, auch wars zu teuer
Denn mit dem Geld da haperts heuer.
„Mein Karlchen, hör, im nächsten Jahr
Da wird der Schnee ganz wunderbar.
In diesem Jahr ist er recht mickrig
Und guter Schnee, der ist doch wichtig!
Ich weiß es sicher, denn der Herr
Vom Wetterdienst, der ist doch wer!
Der weiß Bescheid, er kennt Frau Holle,
du weißt doch diese Dicke Olle
die droben in den Wolken wohnt
allwo auch unser Herrgott thront,
die lässt es schnein, grad wie er’s kommandiert.
Den hat noch niemand angeschmiert.
Und nun sei lieb und mach nicht son Gesicht
Es macht mich traurig. Helfen tut’s doch nicht.“
Joa, helfe tuats net, doas is gewiss.
Schöne reimerei, gerda 😀
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Kannst du südländisch?
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Sichr doch, wess wie ma in Froanke spriecht
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Och, und immer trifft es das Kläuschen … fein gereimt, liebe Gerda, und ja, wie oft haben die Kinder das Nachsehen und werden mit halbgaren Versprechungen getröstet.
Dein Bild erinnert mich eher an ein Schneechaos oder an eine Lawine, aber vielleicht wolltest du ja an das Chaos in den Skiorten erinnern, so mit Aprésski und so’n Gedöns?!
Herzlichst, Ulli
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Danke, Ulli. Ich wollte den verwundeten Berg von oben, quasi aus Frau Holles Sicht, zeigen: Skiresort mit Gebäuden und Pisten, auf die dürftiger Schnee fällt.
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Dann lag ich ja nicht sooo falsch. Heuer müssen die Skimenschen weit pilgern. Am Feldberg werden Schneekanonen eingesetzt, was für eine absurde Welt!
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ich hab als Vorbereitung für diese Etüde bisschen im internet gestöbert und fand einen mit Daten gespickten Bericht aus Österreich, aus dem hervorgeht, dass sich die Schneeverhältnisse seit hundert Jahren kaum verändert haben. Nur der Sommer ist in den Bergen wärmer geworden, Gletscher schrumpfen daher und die Baumgrenze wandert höher.
Die Schneekanonen werden eingesetzt, weil die Leute den Schnee haben wollen, wenn sie Urlaub machen – aber Frau Holle lässt sich – anders als meine Protagonistin behauptet – eben nicht herumkommandieren, Mal schneits früher, mal später, mal mehr, mal weniger…https://www.youtube.com/watch?v=tCXna2XBFiA
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Also hier fällt auf alle Fälle viiiel weniger Schnee als noch vor 5 Jahren.
Als ich vor 20 Jahren von Berlin hierher gezogen bin war es normal, dass ab Mitte Oktober, spätestens Anfang November Schee lag und nicht vor Mitte/Ende März schmolz. Einheimische erzählten von der Schneeschmelze ab Anfang Mai, nun, das habe ich nur einmal erlebt, das war da schon vorbei!
Ich bin ja immer ein bisschen skeptisch gegenüber solchen Berichten, ich schaue lieber selbst aus dem Fenster 😉
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fünf Jahre ist zu wenig, um irgendwelche Aussagen zu machen. In dem Video werden Datensätze von 100, 50 und 30 Jahren für das Alpengebiet ausgewertet – also seit der Zeit, als der Skisport begann. Für das Schwarzwald-Gebiet wird es auch solche Messdaten geben. ich hab grad Karte des Bundesumweltamts gefunden: https://www.google.com/url?sa=i&rct=j&q=&esrc=s&source=images&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwir2bGWxPzmAhUCalAKHdPBBG0QjRx6BAgBEAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.umweltbundesamt.de%2Ftou-i-4-das-indikator&psig=AOvVaw2I2WBNQFkEn1jwU7QggE61&ust=1578865803291226
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Ich hoffe, es wird später noch etwas mit dem Winterurlaub, für Kinder kann so etwas hart sein. Aber die Eltern scheinen ja auch ihre Probleme zu haben, so ist es zumindest keine Bösartigkeit.
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Tja, Frust ist eingeplant, wenn man dem Sohn Skier kauft, aber nicht das Geld für einen gescheiten Skiurlaub hat. Da muss man dann eben mit tröstenden Zukunftsvisionen winken und zu Märchen seine Zuflucht nehmen. Nein, bösartig sind diese Eltern sicher nicht.
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Was lernt uns das, liebe Gerda? Der Schnee von morgen ist so genau so wenig wert wie der Schnee von gestern. Alles nur Gestöber. Eine echte Kata-strophe!
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🙂
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Und im nächsten Winter wird der Junge wieder dastehen und „Du hast es aber versprochen!“ sagen. Und wer weiß, was dann gerade ist.
Gute Frage: Soll man sich um die Wahrheit herummogeln oder zugeben, dass es gerade finanziell nicht geht? Und was sagt das über die Familie und ihren Status aus?
Ich mag dein Bild dazu, auch wenn ich keine Gebäude und Pisten erkannt hätte.
Schön, dass du auch dieses Jahr wieder mit (den großartigen Kata-Strophen) dabei bist!
Liebe Grüße
Christiane 😁🐱☕🍪👍
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Danke, Christiane. Ich freu mich, dass du der Etde was abgewinnen konntest. Ich hab mich gestern sehr beeilt, den Anschluss nicht zu verpassen, denn ich mag diese Zusammenarbeit der etüden sehr. Für ein wirklich passendes Billd reichte es dann nicht mehr, und so entschloss ich mich, ein schon vorhandenes zu überarbeiten, wobei ich an die Diskussion dachte, die in den Kommentaren zur Fragwürdigkeit des Wintersports geführt wurde.
Ich hatte dazu auch einiges recherchiert, aber als es dann ans Schreiben ging, kam etwas ganz anderes dabei heraus: eine kleinbürgerliche Familie in der Konsumfalle: die Eltern schenken dem Kind zwar die teuren Ski, aber die Folgehandlungen können sie sich dann nicht mehr leisten, und so kommt nix als Frust dabei heraus. Die Erklärungen und Versprechungen der Mutter unterstreichen die Bodenlosigkeit dieser Situation: vom Herrn vom Wetterdienst (Wissenschaft) über Frau Holle (Märchen) bis zum Herrgott (Kirche) wird jeder Mythos bedient, um die Hoffnungen des Kindes aufrechtzuerhalten. Inkonsequenz kennzeichnet auch den Vater: er schreibt, selbst recht wohlbeleibt, über Diäten für Frauen, um damit etwas Geld zu verdienen. Zugleich kehrt er verbal den „harten Mann“ heraus, wenn der Sohn weint.
Bis zum nächsten Mal, dann hoffentlich nicht auf den letzten Drücker.
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Liebe Gerda, danke für die ausführliche Antwort. Meine Geschichte dazu: Als Kind wollte ich reiten lernen. Es wäre sogar in der Nähe möglich gewesen, aber meine Eltern lehnten es ab – die Kosten für den Reitunterricht wären wohl nicht das Problem gewesen, die dort vertretene „Gesellschaft“ mit ihren (finanziellen) Ansprüchen schon. Das wurde mir auch so erklärt. Ich begehrte selbstverständlich dagegen auf, fügte mich dann aber. Heute verstehe ich meine Eltern besser, aber immer noch frage ich mich gelegentlich, was passiert wäre, wenn ich den offenen Aufstand wenigstens geprobt hätte, was ich aus Loyalität(?) meinen Eltern gegenüber nicht tat.
Ich fand die Reaktion der Eltern in deiner Geschichte sehr typisch.
Du bist übrigens überhaupt nicht spät, wir haben noch eine Woche mit diesen Wörtern. 👍👍👍
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O, noch eine Woche? Na, dann fällt mir vielleicht ja noch etwas ein,vielleicht auch ein Bild. Deine Erinnerung finde ich sehr interessant und wichtig in diesem Zusammenhang. Es ist schwer abzuwägen, wie das Reit-Erlebnis mit allem drum und dran auf dich gewirkt hätte: bestärkend oder einschüchternd. Deine Eltern haben ihrerseits abwägen müssen und sind zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, dir eine frustrierende Sozial-Erfahrung zu ersparen.
Mir fällt in dem Zusammenhang eine ehemalige befreundete Kollegin ein: sie war sehr begabt und wurde aufgrund des Lehrerurteils ins Gymnasium geschickt, wo sie aber todunglücklich war. denn ihre Eltern waren einfache Leute, ihr Vater Steiger im Kohlebergbau. Und ihre Freundinnen stammten alle aus diesem Milieu. Also stufte man sie ihrem Wunsch gemäß zurück zur Volksschule, die sie beendete. Danach machte sie den Mittelschulabschluss. Dann machte sie das Abitur in einer Abendschule nach. Erst verunglückte ihr Vater tödlich, später wurde ihre Mutter vor der Haustür von einem Auto überfahren, sie wurde Vollwaise – ich erinnere mich nicht, in welcher Lebensphase das genau geschah. Sie studierte, promovierte, wurde Professorin. Ihr Weg, der so schwierig begonnen hatte, endete dort, wo er von Anfang an hinzielte.
Hast du später die Kreise aufgesucht, die deine Eltern dir damals verwehrten?
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😂
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Bilder, Texte, einfach super, liebe Gerda, erhole dich, entspanne dich, lass es dir gut gehen, Klaus
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Danke dir, Klaus. Habs auch gut!
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so machen wir es
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Im Allgäu lagen vor einem Jahr vier Meter Schnee.
Heuer ist alles grün – dafür liegen in Tirol Massen
von Schnee (zuviel) – extreme Lawinengefahr !
Die Natur lässt sich eben nicht steuern… 😉
( das wussten schon unsere Vorfahren )
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so ist es. Mme Holle hat ihren eigenen Kopf und richtet sich nicht nach den Wünschen der Liftbetreiber und Skiwilligen. Danke für die zusätzlichen Informationen.
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Wieder ´ne köstliche Reimerei!
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Dankeschön. Hella! 🙂
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Der arme kleine Kerl. Da bekommt er die heißersehnten Skier endlich zum Weihnachtsfest, doch wo soll er denn damit üben? Jetzt liegen oder stehen sie nutzlos herum und die Mama vertröstet nur aufs nächste Jahr und bis dahin ist es doch noch soooooooo lange hin…
Dein eindrucksvolles Gemälde zeigt vermutlich den Skizirkus und das Chaos auf den Pisten, liebe Gerda, aber ich muß nochmal nachlesen, ich glaube, Du hast weiter oben schon erklärt, was es darstellt.
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Danke, Bruni. Dein Mitleid mit dem Kleinen teile ich. Aber nützt es ihm was? Das Bild hast du schon richtig gedeutet. Liebe Grüße und Gute Nacht!
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Du könntest für ihn eine Trostgeschichte schreiben 🙂
Schlaf gut, liebe Gerda
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Hm, mal sehen…..
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