Alltag 9. Im Zickzack: Wellen, Politik und Eulentasse (Zeichnen + Bearbeiten, 4-7-2019)

Ulli Gaus Alltags-Projekt geht bereits in die 9. Runde. Ulli zählte Wellen, sah ihnen beim Brechen zu. Das tue ich auch, täglich, und es trägt ungemein dazu bei, einen inneren Rhythmus zu finden. Aber es reicht nicht. Ich muss auch hineinspringen Und ich muss zeichnen. Wie die Welle sich bricht? Nein, das kann ich nicht, auch das Anrollen der Wellen überfordert meine Zeichenkunst. Es reicht gerade mal zu Andeutungen, und auch da ist das Bewegte nur als Ungefähres festgehalten: das Meer, der Mann, der Hund, das vorübergleitende Schiff.

Das war gestern abend. Ich fuhr auch die Konturen der Felsen nach, die aus zusammengebackten runden Steinen bestehen.

Das Papier meines Skizzenblocks ist durchscheinend, man sieht es auf den Fotos. Zu Hause half ich ein wenig mit Fotoshop nach, um diesen Effekt auszunutzen. Die Farben habe ich  entsprechend meiner Erinnerung an den Abendhimmel hinzugesetzt.

Zeichnen tue ich neuerdings auch oft, wenn ich politischen Debatten folge, denn dann werden sie für mich erträglicher – so wie hier bei einer Fragestunde im deutschen Bundestag. Die Gesichter kommen und gehen, kaum habe ich sie angeschaut, sind sie schon weg. Ein wenig mehr Stabilität gebe ich manchen, indem ich die Skizzen digital bearbeite (hier in bunter Reihenfolge Originalskizzen und Bearbeitungen).

Auch wenn ich mir Videos anschaue, hole ich mir oft genug den Skizzenblock, denn es langweilt mich, einem Redner untätig zuzuschauen. Die Skizzen interpretiere ich dann auch gern digital, so wie gestern bei diesen.

Das aber, was mir Sicherheit gibt, was mich erdet, ist das Feste, Greifbare, ist die Welt der Dinge. Und so zeichnete ich auch gestern, während ich mir ein Interview bei Ken.FM mit Rainer Mausfeld anhörte, eine Ecke meines Schreibtisches. Ich zeichnete, was dort in meinem Blickfeld stand. Das Zickzack des handgewebten Tischläufers gab mir die Struktur vor. Alles gelten zu lassen, eine Balance zwischen rechts und links, oben und unten herzustellen, ohne die Dinge von ihrem Platz zu verrücken – dies Bedürfnis habe ich derzeit. Ob es mir wohl gelungen ist?

Zickzack-Balance (Zeichnung 2019-07-04)

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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15 Antworten zu Alltag 9. Im Zickzack: Wellen, Politik und Eulentasse (Zeichnen + Bearbeiten, 4-7-2019)

  1. Beate schreibt:

    Liebe Gerda,
    ach ja: Erdung über konkretes Tun
    und den Umgang mit Dingen!
    Das ist auch meins.
    Die Vorträge von Dr. Mausfeld sind für mich
    bereichernd. Manchmal
    verstehe ich nicht alles sofort, weil er sehr
    wissenschaftlich argumentiert.
    Weil ich es gerne begreifen möchte,
    höre ich es mir öfter an!

    Ich halte das nicht mehr aus, Politikern solange zuzuhören.
    Dass du das mit Skizzieren erträgst ??… jedenfalls gut gelungen!!!

    Übrigens bin ich ab nächster Woche in Griechenland,
    wieder in der Nähe von Zacharo….
    Vielleicht sehen wir uns dann mal in Kalamata?!

    Ein schönes Wochenende!

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    • gerda kazakou schreibt:

      Dankeschön für deinen Kommi, liebe Beate. Ich hoffe, wir können uns in Kalamata treffen. Allerdings fahren wir jetzt erst mal nach Athen wegen der Nationalwahlen, die am Sonntag sind, und bleiben dann auch ne Woche oder so. Wenn du magst, melde dich, fallls du in zehn Tagen noch hier bist. Liebe Grüße!

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  2. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda, schön, dass dein Beitrag das Zeichnen zum Thema hat und du auch das Betrachten der Wellen mit eingebracht hast, diese Kante zu erwischen, wenn die Welle bricht, ist auch fotografisch eine große Herausforderung, ich zeigte ja nur die gelungenen Bilder 😉 – zeichnerisch stelle ich es mir um einiges schwieriger vor, aber wundere mich doch auch, dass du sagst du könntest es nicht, wo du doch so vieles so genial zeichnen kannst!
    Ich kann übrigens auch schlecht einfach nur zuhören, muss dabei auch immer etwas kritzeln (also ich kritzel, du zeichnest!), stricken geht auch, aber wann stricke ich schon mal?!
    Deine neue Zeichnung hat für mich eine gewisse Unruhe, bei der ich gerne die Tasse verrücken möchte, aber ich weiß ja nun, dass es Absicht gewesen ist.
    So, nun habe ich deinen Beitrag doch gelesen und angeschaut, hoffebntlich vergesse ich ihn nicht zu verlinken … nein, werde ich nicht 🙂
    dir eine gute Zeit in Maroussi, wo du hoffentlich zu lange bleiben wirst oder musst,
    herzliche Grüße
    Ulli

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    • gerda kazakou schreibt:

      Die Unruhe nahm ich auch wahr, liebe Ulli, und ich habe ziemlich um ein Gleichgewicht gerungen, indem ich den Schatten so weit ich konnte nach links zog, den kleinen Spitzer linkks stark betonte und das Bild durch das helle Kabel am linken Rand festmachte. Aber das Gleichgewicht bleibt prekär. Nun fahren wir erst mal zum Wählen nach Athen. Liebe Grüße dir!

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  3. Susanne Haun schreibt:

    Liebe Gerda,
    ich zeichne auch gerne beim Podcast, Hörbuch, Nachrichten …. hören …
    Manchmal gleiten meine Gedanken weg.
    Gerade war ich beim Kunstmaterialhandel und habe mir Stifte gekauft, die Probiere ich jetzt auf verschiedene Papiere aus. Freu!
    Ich mag deine Wellenzeichnungen als Antwort auf Ullis Wellen.
    Einen schönen Freitag Abend von Susanne

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  4. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Es für ein schöner und sehr anspruchsvoller Beitrag zu Ullis feinem AlltagsProjekt, liebe Gerda.
    Du hast hier so vieles reingepackt und dein Satz ist mir aufgefallen, den ich so gut nachempfinden kann *, was mich erdet, ist das Feste, Greifbare, ist die Welt der Dinge.*
    Zeichnen kann ich nicht, aber dies nachempfinden gelingt mir ganz und gar und nun versuchtest Du beim Zeichnen, ohne die Dinge vor Dir zu verrücken, eine Balance schaffen, die so gut wie unmöglich war und es wäre Dir gelungen, würde der Stock?, Stab?, dickes Kabel? , oben ein wenig nach links gerückt, damit auch der Becher hätte nachrücken können. Vielleicht irre ich mich, aber mir scheint es im Moment des intensiven Hinsehens so zu sein.
    Ein toller Beitrag, liebe Gerda
    Mit lieben Grüßen in die Nacht zum Sonntag von Bruni

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    • gerda kazakou schreibt:

      Danke, Bruni. „Kabel, Stab“ o.ä. ist die dicke Webkante des Tischvorlegers. Ich überlegte schon, ob ich das Bild links beschneiden sollte, um ein besseres Gleichgewicht zu schaffen. Aber nun ist es wie es ist, und ich muss es aushalten, dass ich die Tasse immerzu verschieben möchte… Das ist schon mal eine gute Vorübung für heute Abend, wenn die Wahlergebnisse bekannt gegeben werden, da werde ich sicher auch gern ein wenig herumschieben wollen und werde doch akzeptieren müssen, was Sache ist.:)

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    • gerda kazakou schreibt:

      SO; NUN SIND AUCH DIE WAHLERGEBNISSE RAUS, UND ICH BIN ES – ABGESEHEN VON EIN PAAR SCHÖNHEITSFEHLERN – ZUFRIEDEN: Da ich ja sowieso nichts dran ändern kann, ist es besser zu hoffen, dass es vorwärts geht mit diesem Land und es aus der Ecke, in der es seit fast zehn Jahren stand, herauskommt. Ich bin zuversichtlich. 🙂

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  5. wildgans schreibt:

    Da fällt mir ein, dass ich meinen Schulkindern erlaubte, während des Zuhörens zu zeichnen, was für die Kollegen eine mittlere Katastrophe bedeutete. Was hat man nicht alles anders gemacht, und es war gut so!
    Gruß von Sonja

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    • gerda kazakou schreibt:

      Aber klar doch, liebe Sonja! Zum Glück gab und gibt es immer Lehrer, die ein Einsehen haben. Ich habe als Schülerin mit der linken Hand in Spiegelschrift aufgeschrieben, wa mir so durch den Kopf ging, und gekritzelt habe ich auch. Nichtstun ist tödlich langweillig.

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