Skulpturen im Museum von Vravron (Fotografien)

Gestern zeichnete ich ein paar der dortigen Skulpturen, heute zeige ich Fotos, teilweise von denselben Skulpturen. Warum nicht gleichzeitig? Weil es sich um zwei sehr unterschiedliche Medien handelt. Fürchte ich den Vergleich? Ja und nein.
Fotos sind sehr dicht an dem, was wir zu sehen gewohnt sind. Zeichnungen hingegen können stümperhaft sein, können die Wirklichkeit „falsch“ wiedergeben. Zeichnungen sind potentiell fehlerhaft. So jedenfalls haben wir es gelernt.

„Papa, ich kann kein Pferd, zeichnest du mir eins?“ Dabei hat das Kind, bevor es solche Sätze sagte, schon viele Pferde gezeichnet. Aber nun ist es in einem Alter, wo das Pferd so aussehen soll, wie es in Bilderbüchern halt aussieht. Oder auf Fotos, denn in seltensten Fällen hat es schon leibhaftige Pferde gesehen. Und Papa strengt sich an, ein möglichst realistisches Pferd zu zeichnen. Auch er kennt womöglich Pferde nur aus Abbildungen.  „Das hast du gut hingekriegt“, sagt das Kind dann und meint es lobend, wenn es eine offenbare Ähnlichkeit zwischen der Zeichnung und dem gibt, „wie ein Pferd aussieht“.

Skulpturen möchte man im Raum zu sehen, möchte um sie herum gehen, sie betasten, sie quasi hautnah erleben. Das Foto vermittelt diese Illusion. Es ist insofern der Zeichnung überlegen. Das Zeichnen aber ist dem Fotografieren überlegen, wenn es darum geht, die Wirklichkeit interaktiv zu erforschen. Mit dem Stift in der Hand lerne ich das Sehen. Auch eine missglückte Zeichnung hat mich mehr über den Gegenstand gelehrt als eine gute Fotografie.

Was ich beim Zeichnen gelernt habe, ist mir dann auch beim Fotografieren von Nutzen. Denn ich sehe mit frischerem, informierterem Blick.

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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30 Antworten zu Skulpturen im Museum von Vravron (Fotografien)

  1. kowkla123 schreibt:

    ich sollte auch mal wieder ins Museum gehen, eine schöne Woche ohne Kummer und Sorgen wünsche ich dir.

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  2. derdilettant schreibt:

    Das Interessante am Zeichnen ist ja, dass man ständig Entscheidungen treffen muss. Welche Linie? Was lasse ich weg? Welche Akzentuierung etc. Das zwingt, wie du sehr schön beschreibst, zum genauen Hinschauen, aber auch zum Reflektieren darüber, wie unser Gehirn dass Gesehene verarbeitet.

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  3. Ulli schreibt:

    Liebe Gerda,
    du hast wunderbare Detailfotos eingestellt, die mich sehr anregen.
    Die Hand, die am Ohr eines Hasen zieht, stößt in mir etwas sehr Tiefes an, noch bekomme ich es nicht zu fassen.
    Deine Ausführungen kann ich nichts hinzufügen, ich bin nun mal keine Zeichnerin und habe erst vorgestern wieder erlebt, dass ich dafür nur wenig Geduld aufbringe. Durch die Umgestaltung von Fotos aber hat sich mein Blick ebenfalls im Laufe der Zeit verändert, er kann jetzt Makro, wie auch Weitsicht, das ist nicht immer so intensiv gewesen.
    herzliche Grüße
    Ulli

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  4. mydailypainting schreibt:

    beim fotografieren friert man in sekunden ein motiv ein. beim zeichnen entsteht doch eine ganz andere, fast schon meditative beziehung zum motiv. und auch ohne stift oder fotoapparat schaue ich seither anders in die welt.

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    • gerda kazakou schreibt:

      So ähnlich geht es mir auch, seit ich wieder vor der Natur zeichne. Nur bin ich eigentlich nicht meditativ gestimmt, sondern sehr aktiv (interaktiv), wenn ich zeichne. Der Gegenstand spricht zu mir. ich kämpfe damit, seine Sprache zu verstehen. Und am Ende habe ich eine Art von Übersetzung in der Hand: die Zeichnung des Gegenstandes in meiner eigenen Sprache.

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  5. Myriade schreibt:

    Hmmmm, du regst mich heute zum Philosophieren an: kann ein frischer Blick gleichzeitig auch informiert sein ? Wenn ich informiert bin, ist mein Blick ja nicht frisch sondern voreingenommen bzw vorinformiert …..

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    • gerda kazakou schreibt:

      Mit Verlaub, liebe Myriade, das ist spitzfindig! frisch heißt hell, klar, kühl, lebendig. Es wehte ein frischer Wind, frische Luft, frisch aus dem Ofen, frisch auf den Tisch….Der Gegensatz zu informiert ist nicht frisch, sondern naiv, uninformiert, ahnungslos, voreingenommen, blöd. Karl reist nach Griechenland (Österreich, Honolulu), ohne sich zuvor über die Wetterbedingungen, die Lebensformen, die Geschichte und Sprache des besuchten Landes zu informieren. Würdest du sagen: der Mann reist mit frischem Blick nach Griechenland (…)? Oder vielmehr: er ist ein stumpfer Zeitgenosse, dem es reicht, wenn ihm die Sonne auf den Kopf scheint und er seinen Rezina (Wiener Würstchen, Bauchtanz von Eingeborenen….) kriegt? Informationen haben der Frische der Auffassung noch nie geschadet.

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      • Myriade schreibt:

        Es ist natürlich eine Frage der Interpretation von „frisch“. Ich meine „frisch“ als Gegensatz von abgestanden, schal, ausgelutscht, sattsam bekannt ….. Ein frischer Blick ist dann einer, der direkt wahrnimmt und nicht den Umweg nimmt über schon vorhandenes Wissen über das wahrgenommene Ding. Ein Blick, der vielleicht ganz etwas anderes sieht als alle anderen. Wenn also der nach Griechenland gereiste Karl zB die Akropolis auf sich wirken lässt ohne vorher zu lesen woraus sie besteht, wie ihre Maße sind, welchem Zweck sie gedient hat …… Schon klar, bei der Akropolis wird einem das als einigermaßen gebildeter Mensch nicht gelingen, aber bei einer kleinen Skulptur, einem unerwarteten Ausblick etc. …….

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      • gerda kazakou schreibt:

        „den analytischen Modus ausschalten“ – hehe! In dem Moment, wo ich das tue, ist eben dieser analytische Modus hellwach. Er sagt: „ich schalte mich jetzt mal aus. Und beobachte, was dann geschieht. O ha! Was sich jetzt alles zeigt! Ist ja spannend! Also das sollte ich öfter tun“. So viel über die Möglichkeit, den analytischen Modus auszuschalten. 😉

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    • gerda kazakou schreibt:

      Da wir am Philosophieren sind, sei mir eine weitere Gegenrede gestattet, liebe Myriade. „…ohne vorher zu lesen woraus sie besteht, wie ihre Maße sind, welchem Zweck sie gedient hat…“ Zu schön wäre es, wenn die, die auf der Akropolis herumkrauchen, auch nur die geringste Ahnung von solchen Dingen hätten! Da sei ganz unbesorgt, die meisten gehen mit vollkommen „frischem“ Blick hin, machen ihre Selfies und setzen sich dafür vielleicht auch auf einen Steinbrocken, ohne die geringste Ahnung, woher der stammt und wie der warum dort hingeschafft wurde.
      Es gibt freilich auch „Belesenen“, die mit ihrem Stadtführer rum laufen und die Sehenswürdigkeiten abhaken. Vielleicht meinst du die? Auch sie schauen nicht wirklich hin, sondern in ihr Buch.
      Generell meine ich, je mehr man von einer Sache weiß, desto mehr ist einem auch bewusst, dass man unendlich wenig weiß, Man wird aufmerksamer, sensibler, forschender. Der Blick wird wacher, Das ist beim Spaziergang in der Natur so, beim Anhören von Musik (das Ohr wird wacher), beim Betrachten von Bildern, aber auch bei wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Themen (da wird das Hirn wacher, man denkt mehr nach, wenn man mehr Informationen hat).

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      • Myriade schreibt:

        Da bin ich absolut deiner Meinung, diese Leute und Betrachtungsweise habe ich nicht gemeint!
        „Auch sie schauen nicht wirklich hin, sondern in ihr Buch.“ —— das habe ich gemeint, zuerst die Sache mit einem „frischen“ Blick zu betrachten und dann erst den Reiseführer oder was immer zu konsultieren.
        Aber, dass die große Mehrheit der Massentouristen weder wegen eines frischen Blicks noch wegen des Wissens unterwegs sind, da sind wir uns ganz einig.
        Ich meine mit „Blick“ auch nicht das analytische, intellektuelle Wahrnehmen sondern nur den Sinneseindruck, aber ja, auch dieser Blick wird wacher und aufmerksamer zB in der Natur, aber dieses wacher werden, ist doch eine Schärfung der Wahrnehmung und nicht des intellektuellen Verständnisses.

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    • gerda kazakou schreibt:

      Sowohl als auch. Mir nützt zB, was Joachim Schlichting schreibt, zumal er es mit sehr ansprechenden Fotos verbindet, mit wacherem Blick auf die Umwelt zu schauen. Ich meine, es sei ein Vorurteil zu glauben, dass Intellektualität die Wahrnehmung behindert. Natürlich gibt es auch die Intellektuellen, die sich hinter Wörtern und Büchern verschanzen….Ebenso gibt es die Un-Intellektuellen, die durch ein Paradies joggen und nicht merken, woran sie grad vorbei sprinten.
      .

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      • Myriade schreibt:

        Die Beiträge von Joachim Schlichting finde ich auch sehr gut und informativ.
        Menschen sind halt verschieden: bei mir ist es so, dass ich anders oder anderes wahrnehme je nachdem ob ich den analytischen Modus ein- oder ausgeschaltet habe. Ich höre dich sagen „den kann man nicht ausschalten“ 🙂 aber ich finde in einem gewissen Ausmaß kann man es doch und das ist ein sehr beglückender Zustand.

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    • gerda kazakou schreibt:

      „den analytischen Modus ausschalten“ – hehe! In dem Moment, wo ich das tue, ist eben dieser analytische Modus hellwach. Er sagt: „ich schalte mich jetzt mal aus. Und beobachte, was dann geschieht. O ha! Was sich jetzt alles zeigt! Ist ja spannend! Also das sollte ich öfter tun“. So viel über die Möglichkeit, den analytischen Modus auszuschalten. 😉

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  6. wechselweib schreibt:

    Danke für deine erhellenden Gedanken.
    Das Gesicht der Frau wirkt auf mich sehr freundlich, gütig und nachdenklich. Und schon interpretiere ich…

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  7. juergenkuester schreibt:

    Liebe Gerda! Und für mich gilt: Was ich beim Fotografieren gelernt habe, ist mir nun auch beim Zeichnen von Nutzen.
    Liebe Grüße

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  8. Peter Klopp schreibt:

    Das Format deiner Zeichnungen vertikal über die zwei Seiten deines Skizzenbuches ausgebreitet gibt deiner Arbeit eine völlig neue und originelle Perspektive. Ich hatte übrigens auch denselben Eindruck wie Juergen von einem Tattoo auf einem Frauenrücken. Liebe Grüße aus dem fernen Kanada! Peter

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  9. Pingback: Der Hase |

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