Sommer-Intermezzo „Flüsterpropaganda“(keine Kata-Strophe, versprochen!)

Interessante Fragen haben Myriade und Christiane diskutiert (https://365tageasatzaday.wordpress.com/2018/08/29/kloss-im-herz-etuedensommerpausenintermezzo-ii-18/): Wie geht eine jede, ein jeder vor, wenn er oder sie eine Geschichte aus einer vorgegebenen Reihe von Wörtern bauen will?

Auch ich fragte mich: Wie gehe ich eigentlich vor? Nun, so ähnlich wie bei den Legebildern. Die Wörter sind meine Schnipsel. Ich sehe sie mir an, denke über Klang und Assoziationen nach und welche sich einander zuordnen lassen, um eine „Gestalt“ zu bilden. Manchmal ist es mehr der Klang (die Farben), manchmal mehr die inhaltliche Assoziation (die Form). Schließlich nehme ich eines der Wörter als „Kopf“ bzw. Leitidee, schließe die „Gestalt“ an und verwende die restlichen Schnipsel-Wörter zum Ausschmücken oder für kleine Nebenmotive.

Zum Beispiel wie hier, wo jedes der zwölf von Jürgen alias Buchalov gespendeten Teile einmal Kopf sein durfte:

 

Jürgens Bildmaterial: Kopf und Gestalt – Sechs Variationen

Da sind sie nun, von Ludwig Zeidler ( lz. ) bildschön in Reih und Glied gebracht: Die Wörter des 2. Sommer- Intermezzos, zu dem Christiane eingeladen hat.

Was fange ich diesmal mit den Wörtern an?

 

 

 

 

Zunächst lasse ich sie mir noch einmal auf der Zunge zergehen (am besten laut und rhythmisch zu lesen).

Fl … Gr … Ho … Ka-blabla –
Knäck.. La … La-wa-a …
Mu-kke-fuck …Sar-kas-muss …
Sch … Schr…Wa-in …
Wa-bau …. Wi-hau.
(Schluss).

Als nächstes betrachte ich mir die möglichen dramatis personae. Da sind eine Beere und ein Bär – und schon sehe ich sie vor mir, wie sie zum Tanz einladen. Wie? Natürlich via Flüsterpropaganda.

Herr Schaukelbär und Frau Johannisbeere
geben sich die Ehre.
Die Flüsterpropaganda flüstert’s fort,
von Ort zu Ort
der Windhauch trägt es
aus Waldesmitte
der Hirsch erzählt es
durch seine Schritte
ans Holz klopft es der Specht
dem Mäuslein ist es recht
es knusperts fort am Knäckebrot
das Feuer qualmt es durch den Schlot.
Frau Graugans ruft es
das Pferd das huft es
Selbst das Karninchenstallscharnier
Verkündet knarrend dir und mir:
Heut Nacht in der Waldeinsamkeit
Macht euch bereit
Da tanzen unter Sternen und Lampionen
Alle, die am Waldesrande wohnen
Zu trinken gibt es Muckefuck und Bowle
Dass jede/r sich vom Tagsgeschäft erhole.

Flüsterpropaganda

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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41 Antworten zu Sommer-Intermezzo „Flüsterpropaganda“(keine Kata-Strophe, versprochen!)

  1. karfunkelfee schreibt:

    Wenn ich mehrere Schlüsselwörter in einen Kontext bringen soll, lese ich sie ein paar Mal bis sie in meinem Kopf sind. Da drin beginnt es dann -im Optimalfall-zu kochen und zu brodeln. Bis der Text fertig ist. Dann erst hämmere ich los und manchmal ändert sich noch etwas, eine Wendung, ein Stilelement, während des Flows. So sehr ich mich ihm hingebe, so wachsam bin ich, meine Schlüsselreize im Hintersinn. Sie diktieren den Text als Bezugspunkte. Die Assoziationen geschehen zufällig wie ein Corpus, der um schlagende Wortherzen wächst.
    Ich finde sehr spannend wie unterschiedlich Menschen Texte schreiben. Danke für Deine Einblicke. Dank auch immer wieder für die lesenswerten Etüden und ihre Herausgeber.

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  2. Christiane schreibt:

    Wortherzen! Assoziationshöfe! Wie schön ist diese Verbindung von Abstraktem und Konkretem! Danke auch für deine Herleitung über den Klang, ich stelle fest, zumindest in diesem Fall ist/war/wäre es nicht meins. Ich gruppiere Bilder oder Farbeindrücke (ausgelöst durch die Wörter) in meinem Kopf und reihe sie dann beschreibend aneinander, bis sie für mich den gewünschten Bogen oder Kreis ergeben.
    Ach, ich mag den Gedanken an ein spätes Sommerfest am Rande der Waldeinsamkeit, ich würde hinkommen wollen …
    Liebe Grüße in den Süden
    Christiane

    Gefällt 5 Personen

  3. Susanne Haun schreibt:

    Danke, Gerda, die Schnipsel hast du schon einmal gezeigt, oder?
    Ich stelle auch immer wieder gleich Vorgänge beim Schreiben und Zeichnen fest. Ich arbeite gerade am Symbolgehalt der Rückenfigur in der Romantik. Es ist interessant.
    Liebe Grüße von Susanne

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  4. ann christina schreibt:

    Sehr schönes Gedicht. Ich hatte als Kind ein Buch – ich habe es immer noch: Das Wichtelreich. Da musste ich dran denken, vielen Dank für diese schöne Assoziation. Auch, wie immer, schöne Legebilder! Liebe Grüße!

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  5. kopfundgestalt schreibt:

    Oppulent wie immer, deine Ausführungen! 🙂

    „Dass jede/r sich vom Tagsgeschäft erhole“ :
    Du meinst das Herumwuseln in Haus und Hof? Wenn nicht der Kopf wäre, der soviel Unverdauliches aufnehmen muß.

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  6. Werner Kastens schreibt:

    Eine tolle Gemeinschaft hast Du da beschrieben. Alle arbeiten Hand in Hand.

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  7. Ulli schreibt:

    Gar nicht so einfach, wie ich gerade feststelle, meine Vorgehensweise zu beschreiben- zuerst sind da die Wörter, dann die Assoziationen, sie beginnen miteinader zu tanzen, sie umkreisen sich zuerst, dann finden sie einen Rhythmus und wenn dann alles gut geht formen sie sich zu gemeinsamen Sätzen und dann ist so eine Etüde, Geschichte, ein Gedicht fertig. Manchmal kommt noch die Feile am Ende dazu.
    Danke für deine erbauliche Waldetüde, nun werde ich immer bei den zarten Nebeln über den Wäldern an Muckefuck denken, gekocht von Hase, Kaninchen, Maus und Igel 😉
    herzliche Grüße und danke für die Erfrischung nach all den schweren Themen …
    Ulli

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  8. wildgans schreibt:

    Schauen und lesen. Lesen und schauen.
    Täglich.
    Und ich muss ja nicht stets und stets kommentieren.
    Freiheit der Kunst und des Schweigens.
    Obwohl der Name Abramovic gestern, glaub ich, mich aufschreckte und sofort ein diesbezüglicher Gedankenstrom einsetzte. Der bleibt geheim.
    Gruß von Sonja

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    • gkazakou schreibt:

      nein, du musst nicht stets und stets kommentieren, liebe Sonia. Ich tus bei deiner Seite auch nicht, was nicht bedeutet, dass mich nicht beschäftigt, was ich da lese. Heute die zugefrorene Zaudersee und die Leseaxt von Franz Kafka, die das Eis zertrümmert. (Tut sie grad nicht, das Eis ist noch im Zustand der Halbflüssigkeit)

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  9. karfunkelfee schreibt:

    Abramovic triggert auch mich. Ich schauderte auf – dies zu können die Kunst, den geheimen Gedankenströmen einen Ausdruck zu geben oder einen Sinn darin zu finden und seinen Windungen zu folgen. Das, was stet ist, kann vertraut sein oder aber auch selbstverständlich. Aber ein Kommentar kostet immer Lebenszeit, Gedanken und Einsatz. Auch und besonders wenn es ein kritischer ist. Insofern sind Kommis so wertvoll.
    Deiner hier und andere sind inspirierend. Danke…✨

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  10. www.wortbehagen.de schreibt:

    Ich lese so gerne bei Dir, weil ich so oft lächeln muß, vor allem auch bei Deinen Antwortkommentaren, liebe Gerda 🙂 Manchmal ist das Lächeln auch eher ein zustimmendes Grinsen oder ein totales Amüsiertsein, manchmal eher ein Augenzwinkern, mehr nicht.
    Kann es sein, daß Du eine gehörige Portion Mutterwitz mitbekommen hast? Lächelnd, Bruni

    Gefällt 2 Personen

    • gkazakou schreibt:

      Weißt du, Bruni, es gibt zwei Sorten von Menschen für mich: die, die meinen Humor verstehen, und die anderen. Die erste Gruppe ist nicht sehr groß, du kannst dich also zu einer exquisiten Minderheit rechnen. 😉

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  11. www.wortbehagen.de schreibt:

    und über die exquisite Minderheit bin ich immer noch am Kichern 🙂

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  12. www.wortbehagen.de schreibt:

    Aber nun mal sehr ernsthaft, liebe Gerda, Deine waldeinsame Schaukelbärflüsterpropaganda für ein Fest mit Muckefuck und Bowle weckt Sehnsucht in mir, aber ich zögere noch, denn Muckrfuck mag ich keinen, aber Bowle mit Johannisbeeren würde ich doch zu gerne mal probieren

    Tja, wie gehe ich denn an meine Textchen heran?
    Gute Frage, denn ich frage mich das auch oft selbst *g*
    Zuerst schmeichelt sich ein Wort bei mir ein und möchte umbedingt in einen Text hinein
    Doch es ist manchmal auch ein Satz, mit dem ich in Gedanken herumspiele, ein Thema spukt mir im Kopf herum oder ich habe ein Foto, das ich gerne zeigen möchte und da brauche ich passende Worte dazu. Ich mag Worte und Wörter und verpacke sie, mal gelingt die Verpackung und manchmal, da sind die Worte widerspenstig und wollen nicht recht. Dann hatte ich kein Händchen für die richtige Verpackung und brauche eine neue.

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, das ist wieder ein anderer Zugang. Weil du nicht mit fremden Wörtern, sondern mit eigenen zaubern möchtest. Ich schreibe ja selten bis nie poetische Texte, sondern nur prosaische. Ausnahme sind die Kata-Strophen mit vorgegebenen Wörtern. für die muss ich dann taugliche Verpackungen finden, ob sie mir gefallen oder nicht, ist da zweitrangig.

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  13. www.wortbehagen.de schreibt:

    Da Deine Verpackungen hier immer sehr humoristische, Gerda gemäße, Züge aufweisen, freue ich mich auf jede einzelne von ihnen.. Sie sind halt zum Piepen schöööön

    Gefällt 1 Person

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