Bildhauer-Schüler in Kalamata (Ausstellung)

Im alten Griechenland hatte die Bildende Kunst keine Muse. Musen waren zuständig für Geschichtsschreibung, für Chorlyrik und Tanz, für Tragödie und Komödie, für Lyrik und Flötenspiel, für die Liebesdichtung und die epische Dichtung, für Rhetorik, Philosophie und Wissenschaft. Neun Musen waren es, aber keine für die bildenden Künste!

Die Olympischen Musen. Fresko des Parnassos (um 1510) aus den Stanzen des Raffael,    Apostolischer Palast in Rom.
Die Maler und Bildhauer gehörten zur Gattung der Handwerker, basta. Aber warum? Warum diese Diskriminierung? Hat das Altertum nicht vor allem wegen seiner plastischen Werke  so tiefen Eindruck bei uns Nachgeborenen hinterlassen?
Sicher. Dennoch haben sie keine Muse, denn sie arbeiten mit Materie. Materie ist nicht der Musen Metier. Die Musen sind (wie ihr Gott Apoll) dem Klang, dem Wort, dem Geist verpflichtet. Sie stehen im Dienste des ΛΟΓΟΣ (Logos), von dem das Johannes-Evangelium sagt: am Anfang war Logos (Wort).
Gestern besuchte ich eine Ausstellung von Skulpturen, geschaffen von „Amateuren“  – Menschen verschiedenen Alters, die erst spät ihre Leidenschaft für die Bildhauerei entdeckt haben. Ich stand bewundernd vor ihrer handwerklichen Geschicklichkeit, denn schon die Vorstellung, aus einem Steinklotz eine Figur hauen zu sollen,  zaubern Schwielen in meine Hände und Schweiß auf meine Stirn. Nun will ich einfach die Fotos zeigen, die ich gestern bei Nieselwetter in den Anlagen eines Hotels in Kalamata aufnahm, und will es eurem Urteil überlassen, ob dem einen oder der anderen vielleicht doch eine Muse zur Seite stand.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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18 Antworten zu Bildhauer-Schüler in Kalamata (Ausstellung)

  1. kormoranflug schreibt:

    Wie soll nur Kunst ohne Musen entstehen – wo sind meine Musen?

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  2. Myriade schreibt:

    Ah, da sehe ich unbedingt ein paar Musenverdächtige. Für die Bildhauerei spricht aber auch eindeutig, dass sie kein Massenhobbie ist. Es gibt sicher sehr viel weniger schlechte Skulpturen als zB schlechte Gedichte

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  3. Ulli schreibt:

    Wenn da keine Musen mit im Spiel waren, dann weiss ich es aber auch nicht … ich habe jetzt nicht jedes Bild kommentiert, es gefallen mir sehr viele der Skulpturen und staune, dass es keine Profis waren, ach Quatsch, das waren Profis, neugeborene eben …
    schon seltsam, dass die Griechen keine Musen für die bildenenden Künste hatten, denn auch hier wirkt ja Logos oder nicht?!
    herzliche Grüsse
    Ulli in Eile, ich muss zu meiner Gruppe, die warten sonst …

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    • gkazakou schreibt:

      Ich weiß es nicht bestimmt (warum die bildenden Künste keine Musen hatten), aber ich vermute, dass nur a-materielle Künste für Musen interessant waren, weil sie sich vom Klang (Wort, Musik, Tanz) herleiten. Malerei und Bildhauerei, auch Architektur waren hoch entwickelt, aber sie brauchen die Materie als Medium, um auf die Menschen zu wirken. Musik, Lyrik, Theater sind „göttlich“ insofern, als sie durch den Hauch (Ton) direkt aufs menschliche Gemüt wirken. Sie sind „inspiriert“ und inspirieren im Moment ihrer Hervorbringung. Bilder, Skulpturen und Tempel werden vom Künstler „imaginiert“ und dann materiell „umgesetzt“, sie sind Hand-Werk, Menschenwerk, und du musst, um dich dem Geistigen (dem Logos) zu nähern, dieses erst wieder aus der „gefrorenen“ materiellen Form befreien und zum Klingen bringen.
      Wie du weißt, fragen viele Betrachter von Bildern nach der „Bedeutung“ (was ist drauf abgebildet), sonst „sagen“ sie ihnen nichts. Oder sie meinen, dass ein Blau „einen tiefen Klang hat“ oder ein Gelb „schrill klingt“ – so kann die Farbe zu ihnen „sprechen“.und sie hinüberführen zum Logos.

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      • Ulli schreibt:

        Fast täglich denke ich, wie wunderbar es ist, so eine gebildete Bloggerfreundin zu kennen! danke Gerda …
        Ulli beschwingt von der heutigen Gruppe (ich leite sie und es ist immer wieder so bereichernd zu lehren und zu lernen!)

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    • gkazakou schreibt:

      Du bist fröhlich und beschwingt, man merkt es schon die ganzen Tage. Du hast Wind unter den Flügeln. O ja, es macht Spaß zu lehren und zu lernen! Ich arbeite ja auch mit Gruppen, und es ist manchmal ganz schön schwer, womit ich da arbeite, aber ich tue es sehr sehr gern, auch wenn ich hinterher meine Knochen zusammensammeln muss. Und was das „gebildet“ anbetrifft, so ist das gar nicht so weit her damit. Wichtiger ist das Nachdenken und Begreifen. Sei lieb gegrüßt! Gerda

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      • Monika schreibt:

        Worte sind der Klang (Stimme) der Seele. Ein Bild, oder Skulptur, ist Ausdruck von Körper und Geist. Also handwerklichen Können und geistiger (empathischen) Vermögen. LG. Monika

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      • Ulli schreibt:

        Nachdenken, ja, aber eben auch nachspüren, manches erschliesst sich nicht nur den Geist allein. Die englischsprachigen Völker kennen mind und mind, das mag ich sehr, das eine meint den Verstand, das andere sozusagen das Herz … wenn wir vom Herzen aus arbeiten, ergibt sich vieles von allein. Immer bereite ich mich gut vor und dann gebe ich es in den offenen Raum, manchmal staune ich, was davon ich wirklich sage und was dann von den Teilnehmerinnen, es schwebt eben doch durchs Feld!
        herzlichst
        Ulli

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  4. Maren Wulf schreibt:

    Ich vermute, Bildhauern ist leicht: Man muss nur die störenden Stücke wegmeißeln. So wie ja auch Schreiben leicht ist, wenn man die falschen Wörter weglässt. (Mark Twain) 😉

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  5. kunstschaffende schreibt:

    Das sind fantastische Werke und ganz besonders gefallen mir die Frauen im Stein (Bild Nr. 1, 4 & 17)
    und ich finde sie allesamt professionell gemacht kreiert! Ich bin begeistert!

    ❤ Abendgrüße Babsi

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    • gkazakou schreibt:

      Ja, Babsi, ich bin auch schwer beeindruckt. Wenn man bedenkt, dass diese Leute voll berufstätig sind und nur ab und zu einen Kurs machen! Da steckt so viel Sinn für Raum und Form drin, und manche Werke sind wirklich ziemlich komplex und dennoch voll gelungen.

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  6. gkazakou schreibt:

    Upps, weg ist mein Kommi (für Ulli): ja Ulli, so erlebe ich es auch. Die eigene geistige u seelische Vorbereitung bereitet auch das Feld vor. Anhand ähnlicher Erfahrungen, wie du sie erwähnst, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass „Geist wirkt“, und zwar sogar ohne die Vermittlung durch die Sprache oder andere Medien. Wir erfahren, dass wir das Feld beeinflussen können …

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  7. gkazakou schreibt:

    Als Antwort auf Monika: das stimmt, liebe Monika, für alle Künste. Auch Musik, Deklamation, Tanz etc kommen nicht ohne „handwerkliches Geschick“ aus. Der Unterschied ist, dass in den Bildenden Künsten (Malerei, Plastik, Installationen) auf die Materie eingewirkt wird, dass der Mensch ihr seine Ideen aufprägt, während die Musen nur in Künsten wirken, die aus dem Seelisch-Geistigen heraus auf Seelisch-Geistiges unmittelbar wirken

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