Metamorphose einer Zeichnung in 6 Phasen (Tägliches Zeichen)

Eine neue Leinwand hat für meine Kohlezeichnungen herhalten müssen, weil ich die anderen drei nicht auslöschen mochte. Es sind die folgenden sehr unterschiedlichen Bilder:

Heute nahm ich eine mittelgroße Leinwand und machte, nach gerade beendeter Lektüre eines Textes von Wassili Kandinsky, eine abstrakte Kohle-Zeichnung.

Gar nicht so schlecht, befand ich. Aber so schnell mochte ich die Leinwand nicht freigeben. Also zeichnete ich weiter.

Auch nicht schlecht. Assoziationen kommen zu hauf. Erträgt das Bild eine weitere Intervention?

Mehr geht nicht, also wische ich die Zeichnung halbwegs mit einem weichen Lappen aus. Das Auswischen ist ein Vorgang, der genauso durchs Auge gesteuert wird wie das Zeichnen. Es geht mir dabei nicht um inhaltliche Aspekte, sondern um ästhetische Entscheidungen.

Ich drehe das Bild und mache eine neue Zeichnung.Auch sie könnte ich stehen lassen.

Doch ich will noch ein wenig zeichnen, drehe das Bild um 90 Grad und zeichne weiter. Und so entsteht mal wieder eine Hafenszene. Wie könnte es auch anders sein (siehe hier)

Diese Zeichnung lasse ich vorerst stehen.

Zeichnen ist wie reisen. Du wanderst von Anblick zu Anblick, schaust, fühlst, denkst, gehst weiter. Ein jedes hat seinen Reiz. Irgendwann aber bist du müde und sagst: hier verweile ich ein bisschen. Und so verweile ich nun bei diesem Hafenbild mit Booten.

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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9 Responses to Metamorphose einer Zeichnung in 6 Phasen (Tägliches Zeichen)

  1. Also, der Weg bis zum Verweilen und Stehenlassen ist ein interessanter Vorgang!
    Bei mir ist es ganz anders, weil ich den Schwung oder die Bewegung nicht abrechen möchte!
    Das erste Bild und das letzte, das Hafenbild, sind phantastisch! Gerade durch das wischen mit einem weichen Tuch entsteht ein besonderer Ausdruck!
    Auch bei Graphitstiftzeichnungen kommt das auch gut!
    Ich bin immer wieder von Deinem Malstil und Deinem Können begeistert!

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  2. Avatar von Reiner Wende Reiner Wende sagt:

    Wow, die einzelnen Schritte sind sehr hübsch. Am Anfang wusste ich nicht was es werden sollte. Beeindruckend

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  3. Nicht schlecht: der Beginn und der vorläufige Ruhepunkt. Und die Wandlungen dazwischen sind Übungen…

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  4. Zeichnen ist wie Reisen… wie schön hast Du es gesagt, aber meiner Meinung nach ist Dein erstes Blatt nach der Lektüre über Wassili Kandinsky, eine abstrakte Kohle-Zeichnung, das allerschönste und allerbeste auf Deiner Reise, liebe Gerda.
    Alles, was dann kommt, ist für meine suchenden Augen ein Viel zu viel auf einem einzigen Blatt, aber vieleicht wolltest Du von Kandinsky weg und zu Deiner eigenen Ausdrucksform kommen, so scheint es mir wenigstens.
    Ein Weg von ihm, dem so bekannten Künstler, zu Dir selbst, Gerda 🙂

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Danke, liebe Bruni! Das mit dem zu viel … ja, es ist schwierig, die Balance zu finden. So sehr ich minimalistische Kunst mag und bewundere, wie manche Menschen mit drei Strichen oder Worten den Kern einer Sache bezeichnen können – ich bin nicht so. Ich kreise immer um die Themen, brauche viele Anläufe, Verdichtungen, Löschungen…. und bin mir nie sicher, ob es so nun richtig ist. Das ist so beim Zeichnen und auch beim Sprechen oder schreiben.

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  5. Mein Kommi von eben ist mal wieder weg, weg, weg…

    Deine erste Kohlezeichnung fand ich am besten, aber Dein Weg von Kandinsky weg zu Deiner eigenen Ausdrucksform war spannend

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