Überlegungen zur Malerei: Wie werden die Farben eines Gemäldes sichtbar? (kleine Beobachtungen)

Um ein Gemälde sichtbar zu machen, muss man es auf irgendeine Weise beleuchten. Das ist so banal, dass die meisten Menschen, die Bilder betrachten, vergessen, wie stark die Farben eines Bildes von der Beleuchtung abhängen. (Selbstverständlich gibt es noch viele  andere Wirkungen, die aus der Art der Hängung folgen…)

Vielleicht hast du Petra Pawlofskis Arbeiten gesehen, die sie ins Atelierfenster hängte und unter verschiedenen Beleuchtungszuständen ablichtete. So entstand eine Reihe höchst komplexer Bilder, bei denen das Ursprungsbild zwar der Tonangeber ist, aber Sonnenstände und Spiegelungen als höchst bedeutsame Mitspieler bewusst gemacht werden (siehe hier).

Als ich Petras Reihe sah, fielen mir eigene Fotos ein, die ich von Gemälden in unserem Wohnraum machte, als sie von der tief stehenden Sonne getroffen wurden. Das obere hatte ich grad aufgehängt, das untere stand als Alternative bereit. Ein Lichtstreifen verband die beiden auf magische Weise, machte sie zu einem Bild.

Es sind zwei farblich sehr verschiedene Bilder, doch der Sonnenstreifen wandelten sie einander an.

oben hängendes Bild                                               unten stehendes Bild

 

An eben dieser Stelle der Wand hing zuvor ein anderes Bild. Eines Tages bemerkte ich, wie es im Licht der tief stehenden Sonne aufleuchtete. Und machte ein Foto. In dem breiten orangefarbenen Streifen bilden sich der Schatten des Fenstergitters ab. Es fügt sich in das Bild ein, als sei es ein Teil der Zeichnung.

„Normal“ beleuchtet sieht das Bild etwa so aus…. „Etwa“, sage ich, denn auch diese Farben entsprechen nur annäherungsweise dem, was ich gemalt habe.

Am Segelhafen 6 (Vor Sonnenaufgang)

Hier noch eine Ansicht desselben Bildes,  wie es von einem Licht leicht gestreift wird. Das Rosa ist hier sehr viel intensiver und das Rot des Segels zeigt keine Spur von Orange.

Das Thema lässt sich in zwei Richtungen weiterdenken: a) unter welchen Lichtverhältnissen arbeitet der Maler? Und wie sehr entsprechen diese den Verhältnissen, unter denen das Bild schließlich gezeigt wird? b) Wie steht es mit der Farbähnlichkeit von Originalen und reproduzierten Bildern? (Und was heißt „Farbähnlichkeit“, wenn das Original unter wechselnden Lichtverhältnissen in Erscheinung tritt, die Reproduktion hingegen standardisiert und „immer gleich“ ist?)

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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14 Responses to Überlegungen zur Malerei: Wie werden die Farben eines Gemäldes sichtbar? (kleine Beobachtungen)

  1. Oh ja, daß ist wahrlich ein wichtiges Thema! Wenn ich da an die alten Meister denke, die im Kerzenschein gearbeitet haben, dann ist es phänomenal was sie mit ihren Ergebnissen geleistet haben! Mit der Beleuchtung steht und fällt ein Werk mit seinem Ausdruck förmlich!

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  2. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Farbähnlichkeit“, wenn das Original unter wechselnden Lichtverhältnissen in Erscheinung tritt, die Reproduktion hingegen standardisiert ist.

    Das fiel mir erstmals bei Hopper in Köln auf.

    welche Diskrepanz!!

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  3. nicht nur bei bildern kommt es auf die beleuchtung an. die realität selbst erscheint uns anders, je nach nach dem licht. das einfachste beispiel: tag und nacht. im sonnenschein wirkt die umgebung anders auf uns als bei einem bewölkten tag. die beleuchtung der realität interagiert mit unserem inneren zustand. manchmal mögen wir es vielleicht gar nicht in der sonne, weil sie alles zu hell macht; manchmal mögen wir lieber das gedämpfte licht…

    wie ein künstler seine bilder beleuchtet haben will, ist natürlich seine sache. aber der betrachter wird immer seine eigene sicht und vorlieben haben. nicht alles ist im sinne des künstlers sozusagen „ins beste licht zu rücken“ – das ist eine illusion.

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  4. Der breite Lichtstreifen auf Deinem Bild, vor allem dem unteren gefällt mir sehr, Er erhellt den Mittelteil, der ein bissel zu dunkel auf mich wirkte. Nun bekam er Licht und das ganze Bild leuchtete gewissermaßen auf, obwohl nur das mittlere Feld beleuchtet wurde. So ist mein Empfinden, wenn ich mir ansehe, was Du uns heute zeigst, liebe Gerda.

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