Der etwas bedrohlich wirkende Schlund dieser Pflanze (ok, ich bin kein Insekt und nehme es gelassen) kommt mir in den Sinn, liebe Myriade, wenn ich ins lockende Innere einer Blüte schaue. Und bin froh, dass es in der Regel nicht ums Fressen, sondern um weit subtilere Lust geht.
Diese Rose mit ihrem sich allmählich entfaltenden Innenleben duftet entzückend, und wäre ich ein Insekt (nein, ich bin keins!), ich könnte kaum widerstehen und würde mich in die Spirale ihrer Blüte hineinbegeben, tiefer und tiefer hinein bis an die Quelle des mich bezaubernden Dufts.
Dort würde ich bis ans Ende meiner Tage bleiben. Oder würde ich, wie Tannhäuser im Venusberg, ermüdet von der Dauerlust, doch noch einmal ans Tageslicht zurückkrabbeln, um hinkünftig keusch und züchtig höheren Werten zu dienen?
Nun, ich hätte die Wahl, anders als die Krabbel-Tannhäuser, die im verheißungsvollen Schlund deiner Schönen zugrunde gehen. Und darauf kommt es ja schließlich an: ob man die Wahl hat oder ob man sie nicht hat.
Die Wahl haben auch die Blüten, so will mir scheinen, wie sie das Werk der Anlockung zustande bringen. Heute sah ich eine Variante, die mich an die Polypen der Meere gemahnte. Weit greifen ihre roten Fangarme hinaus und angeln sich, wen sie zur Bestäubung benötigen. Ich hatte Mühe, alle ihre Fühler aufs Foto zu bringen.
Hier sieht man sie noch mal aus der Nähe.
Außer der einschlürfenden und der ausgreifenden Weise, sich das zu sichern, was man braucht, gibt es natürlich noch eine Vielzahl andere Möglichkeiten. So sah ich, ebenfalls heute, wie Akanthos ihre reine feine Wäsche raushängt, um Interesse an ihrem zu befruchtenden Inneren zu erregen. Wie unschuldig sie wirkt! Und hat doch auch nichts anderes im Sinn als alle anderen auch.
Von Akanthos (Bärenklau) habe ich schon manchmal gesprochen, zB hier.
Dies ist ein Beitrag zu Myriades Impulswerkstatt.
Schöne Beispiele dafür, dass es in der Natur halt hauptsächlich um Fortpflanzung und an zweiter Stelle um Ernährung geht. Die ganze Schönheit und Vielfalt der Natur dient diesen beiden Zwecken. Ich würde sagen, dass das weder erfreulich noch betrüblich ist, es ist einfach so. Und nachdem wir Teil des Systems sind, sehen wir Schönheit und riechen Düfte.
Ob man die Wahl hat oder nicht, ja das ist wirklich wichtig. Nur überschätzen wir oft unsere Wahlmöglichkeiten. Unsere Gehirne lieben Gewohnheiten und es ist sehr schwierig aus einem Verhaltensmuster herauszukommen.
Aber trotz allem können wir so vieles genießen und das meiste will uns nicht unbedingt fressen.
Vielen Dank für diesen ästhetischen Beitrag, liebe Gerda.
LikeGefällt 1 Person
Dankeschön, Myriade. Die Natur ist, so meine ich, zum größten Teil Selbstausdruck. Das ist es dann auch, was die unglaubliche Vielfalt hervorbringt. Und das ist es, was uns Staunen macht vor so viel Raffinesse und Fantasie. Fortpflanzung und Ernährung sind notwendige Funktionen, doch WIE diese sich ausgestalten, ist das eigentlich Wunderbare.
Wir Menschen hatten früher, vor der „Globalisierung“, auch eine sehr große Vielfalt entwickelt. Ich lese grad in Herodots „Historien“, wo die Vielfalt der Menschenarten, denen er begegnet, ihn staunen lässt. Er vergleicht immer wieder den „kulturellen Standard“ der Gruppe, des Stamms, des Volkes, dem er begegnet, mit dem eigenen und stellt fest, wie sehr sie von einander abweichen. Diese Volksvielfalt wird heute immer mehr abgeschwächt. und wo sie noch existiert, als „Volkskunst“ ins Reservat gestellt, während weltweit verbreitete Moden, Wertvorstellungen und Technologien für Vereinheitlichung sorgen. Genauso wie es früher hundert Sorten Bohnen gab und heute am liebsten nur noch eine oder höchstens drei.
LikeGefällt 3 Personen
Ja, die Globalisierung hat auch sehr viele finstere Gesichter. Die Reduzierung der Vielfalt in allen Bereichen, die Ausbeutung des „globalen Südens“, die Erzeugung eines kulturellen Einheitsbreis.
Mein Partner, der F ist ein Apfelnarr und er beklagt ständig, dass man nur noch einige wenige Apfelsorten zu kaufen bekommt und jene Sorten, die wunderbar schmecken aber nicht gut lagerfähig sind weitgehend verschwinden …
LikeLike
Ja, und die übrigbleibenden Sorten schmecken meist nach nichts. Inzwischen gibt es auch hier Aktivisten, die die alten Sorten sammeln und pflegen, wie meine Samen-Freundin Christina. Die käuflichen Tomaten, meint sie, braucht man gar nicht zu essen, sie haben Null Nährwert. Ich bin gespannt, ob die, deren Sommen sie mir schenkte, was werden.
LikeGefällt 1 Person
Wie geht´s denn deiner Plantage? Tomaten, Bohnen und was noch?
LikeLike
Deine Fotos sind spitze, Gerda! Wie konntest Du denn diesen Polypen fotografieren, ohne selbst berührt zu werden?
LikeGefällt 1 Person
In der Natur geht es vordergründig um das, was Du sagst: Ernâhrung und Fortpflanzung. Aus höherer Sicht geht es aber auch um Schönheitsentwicklung und Kraftentfaltung und noch viel mehr. Ich glaube, das weißst Du auch.
LikeLike
Ja, Gisela. Ich schriebs schon in einem anderen Kommentar.
LikeLike