Was mich an Städten wie Athen fasziniert, ist die Gleichzeitigkeit von Zeugnissen zeitlich weit auseinander liegender Epochen. Und jede dieser Epochen hat ihre Gottheiten, die entweder friedlich nebeneinander hausen oder ineinander übergehen, sich ineinander verwandeln.
So kam ich gestern an einer schönen Kirche des 19. Jahrhunderts vorbei, wo zuvor ein Tempel der Hekate stand. Die Kirche heißt „Heilige Fotini von Ilissos“. Im Hintergrund wird der Felsen der Akropolis mit dem Parthenon sichtbar. (Parthenonas: das Haus der Jungfrau. Gemeint ist Athene, deren Stadtbild in diesem Tempel wohnte. Die frühen Christen bauten eine Kirche hinein, die sie einer anderen Jungfrau namens Maria widmeten. )
Fotini wurde durch die Christen an die Stelle der uralten Göttin Hekate gesetzt. Wie die Heilige zu dieser Ehre gekommen ist, kann ich nicht sagen. Vielleicht fällt dir etwas dazu ein?
Fotinis Geschichte ist im Lukas-Evangelium nachzulesen: Jesus kommt mit seinen Jüngern durch Samarien und setzt sich an einen Brunnen, um sich zu erfrischen („Jakobs Brunnen“ – eine andere Zeiten übergreifende Geschichte). Eine Frau aus der nahen Stadt kommt zum Brunnen, um Wasser zu schöpfen. und die beiden beginnen eine Unterhaltung – was eigentlich unschicklich ist, denn Juden reden nicht mit Samariern.
Sie sprechen über das Wasser, das die Frau jeden Tag schöpft und nach Hause schleppt und wenn man es getrunken hat, wird man wieder durstig, und über das Wasser, das ER zu spenden weiß, und wer davon getrunken hat, ist nie mehr durstig. Die Frau wird neugierig und will von diesem Wasser haben. Jesus sagt: Hol deinen Mann! Sie: Ich hab keinen Mann. Er: Das ist wahr, du hattest fünf und jetzt hast du keinen. Die Frau ist baff, denn es stimmt. Also rennt sie in ihre Stadt und redet mit den Einwohnern: da ist einer, der mein ganzes Leben kennt und sagt, er sei der Christus. Und sie kommen heraus zu ihm, und viele werden überzeugt.
Diese Frau wird in der christlichen Tradition Fotini (die Erleuchtete) genannt, sie gilt als die erste „Missionarin“. Wieso sie an die Stelle der dunklen Göttin Hekate, der Hüterin des Dreiwegs tritt? KeineAhnung. (Zu Hekate hier und hier)

Nyx, die Nacht. Elektronisch bearbeitetes Legebild
Die Kirche liegt in einer Senke, durch die früher der Fluss Ilissos floss:

Ilissos mit Zeustempel, Edward Dodwell 1821
Und dem Fluss war natürlich ein Gott zugeordnet.
Dem Flusse wird sein Gott geraubt,
Sein Bett mit Häusern überbaut,
auf Straßen rast darauf Verkehr
man sieht den Fluss schon lang nicht mehr.
Und nimmst du dann ein Aeroplan
Und kommst vielleicht in London an
Dann findest du den Gott verstaubt
Denn hierher wurde er geraubt.

Flussgott Ilissos, Parthenon-Fries, British Museum
Das Verschen ist aus einer abc-Etüde, hier nachzulesen.
Sehr wahr
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Diese Begegnung der „Frau am Brunnen“ mit JESUS ist bekannt und würde auch von Rembrandt gemalt. Daß sie Fotini hieß oder so genannt wurde. Ist mir neu. Wenn sie eine der ersten Missionarinnen genannt wird, hat man ihr eine erhöhte Bedeutung gegeben, also gewissermaßen eine“Ehre“.
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Die dreieinige weibliche Gottheit der Hekate spricht an. In der germanischen Mythologie gibt es die 3 Normen, die am Fuße der Weltenesche Yggdrasil die Schicksalsfaden der Menschen weben. Merkwürdig: Da taucht auch das Y auf, und es sind 3 weibliche Wesenheiten (nicht „Gottheiten“).
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