Erneut sind 14 Tage seit der letzten Zwischenbilanz verstrichen.
In der ersten Zwischenbilanz (12.1.) findest du ein Personenverzeichnis und eine Revue, „wie alles begann“: Die „blinde Poetin“ (Domna) ist der spiritus rector dieses „Welttheaters“. Mithilfe von Eichendorffs „Wünschelrute“ (Zauberwort) findet sie das Leitmotiv des Stücks: „Geben und Nehmen im Ausgleich“ – ein Naturgesetz.
Die Handlung des Welttheaters beleuchtet dieses zentralen Thema in jeder Szene anders. Auch die auftretenden Figuren stehen in unterschiedlicher Weise in diesem Spannungsfeld. Wie? Was passiert, wenn der eine Pol zu stark ist? Können sich die Figuren entwickeln und zu einer verbesserten Nehmen-Geben-Bilanz kommen? Die Antwort fällt für jede Figur je nach Charakter, Lebensalter, Lebensumständen, Fähigkeiten verschieden aus.
Seit der achten Zwischenbilanz hat sich die Handlung folgendermaßen weiterentwickelt: Jenny und Abud nähern sich dem Platz, wo Jenny Wilhelm zurückließ. Da kommen von der anderen Seite Danai, Hawi und Domna. Wilhelm entschuldigt sich zwar wegen seiner Ausdrucksweise gegen die Afrikaner, rückt aber nicht von seiner Grundhaltung ab: sie haben hier nichts zu suchen, sie sind illegal. Außerdem sieht er in Abud jemanden, der nimmt, ohne geben zu wollen. Hawi bezeichnet seinerseits Wilhelm als „böse“, weil er ihn einen Dieb genannt hat. Danai hält das „Miteinanderreden“ von realen Individuen für den besten Weg zu verstehen, „was jeder meint“.
Jenny kommt hinzu und bietet an, Wilhelm zusammen mit Abud zu stützen. Als Wilhelm erfährt, dass Abud in seinem Lager war, empört er sich erneut. Jenny macht ihm klar, dass Abud nur etwas Geringfügiges nahm (seinen „Lohn“) und also kein Dieb ist – und Abud macht sie klar, dass er Wilhelm noch schuldet, weil er nur deshalb kein Dieb wurde, weil es nichts zu stehlen gab.
Danai erklärt dem Kind Hawi die Ähnlichkeiten, aber auch die Unterschiede von Mensch und Tier. Der größte Unterschied ist die Sprache. Domna führt dies Thema in „Die Macht der Worte“ aus: größtes Glück können Worte geben, und sie können böse Wunden schlagen, sie können Liebe geben oder jemandem die Würde nehmen…. Die Sprache ist also ein mächtiges Instrument des Gebens und Nehmens.
Die Gruppe zieht los. Jenny und Abud stützen Wilhelm, der durch diese Hilfe beschwichtigt Zugang zu seinem Inneren bekommt. Er erklärt seine Schroffheit mit einem Leben, wo er immer für sich selbst sorgen musste. Er entsinnt sich der Worte, die Isolde (Hedonie) ihm sagte: dass er sie nur gewinnen könne, wenn er das Lieben im Kleinen übe.
Ich solle in der Lieb mich üben
in kleinen Dingen dankbar sein.
Ich solle Menschen nicht betrüben
dann wäre ich auch nicht allein.
Er anerkennt, dass er ihren Rat missachtet hat, als er erst den Macher und dann Abud vor sich sah. Nun äußert er erstmals Dankbarkeit:
Nun aber hilft er, mich zu tragen
ich bin gerührt und dank ihm sehr.
Ich lern in meinen alten Tagen
vielleicht noch danken, ist nicht schwer.
In der Höhle ankommend finden sie Trud mit Clara vor. Trud hat Clara mit Singen bei Laune gehalten – Clara dankt ihr dafür und bittet um ihr Lieblingslied Der Kuckuck und der Esel, in dem es um einen Streit zweier Möchtegern-Sänger geht.
In der Höhle erscheint der Hirt Fotis (neu eingeführte Figur, der Name bedeutet der Lichtvolle) mit seinem Hund. Fotis verkörpert die Tugenden des „Hirten“ und der antiken Gastfreundschaft. Er führt sie in sein armes Haus und bedient sie mit dem, was er produziert. Clara, die sich Milch wünschte, mag sie nicht trinken, als sie erfährt, dass das Zicklein geschlachtet wurde. Der Hirt erläutert ihr, dass er seine mühevolle Arbeit nur machen kann, wenn er Milch, Käse und Fleisch produziert. Clara entscheidet für sich, auf Milch zu verzichten, macht ihre „vegane“ Entscheidung aber nicht verbindlich für andere.
Ich weiß kein Rat, bin ja ein Kind,
mag nicht die Milch, wenn Zicklein sterben.
Weiß nicht, wie die Erwachsnen sind,
will es auch mit dir nicht verderben.
Ich ess vom Brot und vom Salat
das ist genug, da werd ich satt.
Die Milch kann gern die Jenny haben
und auch Hawi mag sich dran laben.
Der Hirt akzeptiert ihre Entscheidung und fordert die anderen auf, tüchtig zuzugreifen.
Nun gut, mein Kind, ich mag nicht streiten
ob du im Recht bist oder nicht.
…
Ihr andern aber, lasst euch schmecken
das Ei, die Butter und die Wurst…
Auch die Tiere (Katze, Hütehunde) bekommen ihren Teil.
Wenn sich die Gäste gesättigt haben, sollen sie erzählen. Auch das ist Teil der recht verstandenen Gastfreundschaft: der Hausherr gibt den Reisenden zu essen und zu trinken, die Reisenden bringen ihrerseits dem Sesshaften die Neuigkeiten der Welt. So werden Geben und Nehmen ausgeglichen.
Eine schöne Zusammenfassung.
Was ich noch bemerkte: Links neben dem Hirten sitzt doch noch ein Kleiner mit Namen „Willi“, – oder irre ich mich, Gerda?
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Das ist die Trud, liebe Gisela, die immer so gebückt geht wie ein Fragezeichen.
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Das schwarze Kleid ließ mich auch an Trud denken. Unter der Mütze aber schaut hier ein lächelndes Gesicht hervor, das mich an Willi erinnert. Aber danke für Deine Aufklärung, Gerda.☺️
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