Welttheater: 4, Akt, 15. Szene: Diaphanias Urteil

Wir lassen die Gruppe Wilhelm-Danai-Abud-Hawi im Sumpf und wenden uns wieder der Bucht zu. Was geschah da zuletzt?

Diaphania (Transparenz) befragt Domna und Tschinn den Macher, der damit begonnen hat, in der Bucht eine Hotelanlage für Reiche hochzuziehen.  Tschinn leitet aus seinem „Recht des Stärksten“ ab, dass er alles an sich raffen und aneignen kann, was die Gelegenheit (Kairos) ihm bietet. Domna sieht das Recht des Stärkeren begrenzt durch das größere Gesetz des Ausgleichs von Nehmen und Geben, auf dem alles Leben beruht.

(Der wie ich finde wichtige Dialog findet sich hier: Recht gegen Recht).

Clara wird von Kairos in ein Haus gelockt, wo sie „Taler“ findet, die angeblich nun ihr gehören. Für Clara sind sie ein hübsches Spielzeug und kein Tauschmittel.

Jenny findet Clara und macht ihr Vorhaltungen:  Wer sich an fremdem Eigentum vergreift, kriegt Ärger. Sie weiß das aus eigener Erfahrung (Der Dialog findet sich hier: Jennys Moral:

Clara, das Kind, weiß nicht, was „Eigentum“ ist, und versteht nur, dass Jenny mit ihr schimpft und sie mit Strafen bedroht. Auch hier steht also ein „Naturrecht“ (freies Spiel) gegen ein von Menschen gemachtes Recht (Eigentum). Letzteres wird mithilfe von Angst vor Strafe durchgesetzt. Um der Strafe zu entgehen, helfen nur noch Lügen und Verschweigen (Jenny zu Clara: „Sag nur ja nichts, keinen Ton“).

Als Jenny und Clara in die Bucht zurückkehren, bietet sich ihnen dieses Bild:

Diaphania:

Ich sehe, verstehe nun gut, wie ihr euch die Dinge

erklärt und was euch bedeutet das Recht.

Wenn es allein nach deiner Meinung nur ginge

Herr Tschinn, dann stünde es schlechter als schlecht

 

um unsere Welt, wo was ihm gefällt, sich jeder gleich raubt

Und wer als Erster erscheint, der nimmt was er will.

Ein solches Verhalten ist nicht mehr erlaubt

und war es schon nicht, als einstens Achill

 

die Tochter des Chryses, die schöne Chrisseis

von Agamemnon forderte, die dieser selber begehrte.

Apoll bestrafte sie beide, und auf sein göttlich Geheiß

schon bald die wütende Pest das Lager der Griechen verheerte.

 

So begann die Geschichte, die die Alten erzählten

und die bis heute noch nicht ist beendet

Begierden sind Räuber, sie plagen und quälten

die Menschen, so wurde die Erde geschändet.

 

Ich frag dich noch mal, hast du ein Dokument

das dich als Käufer und Besitzer nennt?

Hast du es nicht, so soll dies Haus verschwinden

Ein andres Urteil kann ich nicht erfinden.

Tschinn:

Ich habs nicht hier, ich bringe es dir morgen

nur keine Angst, ich werd es schon besorgen.

Wo ist Kairos, mein Biest, der wird gleich laufen

und ein paar Politbonzen kaufen.

 

Kairos? Kairos? wo bist du hin?

Ich bins, der ruft, ich bins, der Tschinn!

 

Er kommt nicht, er gehorcht mir nicht?

Was tu ich da, ich armer Wicht?

Was ich begonnen, ist zerronnen

und gar nichts habe ich gewonnen!

 

Das Gebäude löst sich in Luft auf.

(wird fortgesetzt)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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3 Antworten zu Welttheater: 4, Akt, 15. Szene: Diaphanias Urteil

  1. Gisela Benseler schreibt:

    Wieder so spannend und dramatisch und aktuell. Dann kommt noch das märchenhaft Phantastische hinzu.

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