(Fortsetzung)
Zuerst mal eine Korrektur: die Titel und entsprechenden Beschreibungen der Skulpturen habe ich heute Nacht womöglich vertauscht. Jedenfalls befinden sich drei Großplastiken im ersten Raum der Galerie. Mir scheint nun, dass das folgende Objekt unter dem Titel „Der Blinde führt den Blinden“ und nicht „Mount Ventoux“ figuriert (sicher bin ich nicht). Urzeitlich, wie ein gewaltiger vom Fleisch eines unbekannten Tiers entblößter Knochen wirkte es auf mich.
Die gestern gezeigte Skulptur dürfte zu einer Werkgruppe von 2013 gehören, die „Mount Ventoux“ betitelt ist. Verwendet wurden Aluminium, Epoxidharz (eine Art Flüssigglas), Polyurethan, Gewebe, Kuhmagen und Dreikanthölzer. Was Polyurethan ist und zu welchen Zwecken es benutzt wird, musste ich erst nachlesen – hier.
Vergleichsweise elegant ist die „Stummer Zeuge“ betitelte Skulptur von 2020. Hergestellt wurde sie aus Polyurethan und Stoff (Gewebe).
Im zweiten Raum befindet sich die gestern auch im Detail gezeigte Skulptur mit dem Titel „Mount Ventoux“ – falls ich die Titel nun richtig zuordne. Wie auch immer: ich finde dieses schwärzliche Konglomerat aus Eisen und undefinierbarer Füllmasse besonders eindrucksvoll.
Weitere ebenfalls große Arbeiten (ca 1 m Höhe) sind in Schaukästen montiert.
In die massigen organischen Stücke sind etliche teilweise erkennbare Materialien und Artefakte eingearbeitet.
Hier beeindruckte mich besonders der grüne Schmelzfluss. Im Detail werden auch die Bienenwaben erkennbar.:
Und noch ein weiteres Stück der Serie „Mount Ventoux“.
Den Berg Ventoux gibt es übrigens wirklich. Sein kahler gebogener Rücken erstreckt sich in Südfrankreich zwischen Avignon und Marseille. Die Kelten verehrten ihn und Petrarca beschrieb ihn, als er ihn im Jahre 1336 bestieg. Dazu Wikipedia: „Die Schilderung dieser Besteigung gilt …als Ausdruck einer neuen Natur- und Landschaftserfahrung, bei der sich ästhetische und kontemplative Sichtweisen miteinander verbinden. Aus diesem Grund wird die Besteigung des Mont Ventoux heute … als der Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit angesehen.“ Ich frage mich jetzt, ob die Mount Ventoux-Gebilde des belgischen Künstlers nicht einen neuzeitlichen Übergang anzeigen – wo die Kunst quasi die Natur auffrisst, sich einverleibt und Brocken einer im Werden begriffenen künstlichen Neuen Natur erschafft.
Blickt man aus dem Fenster der Galerie, schaut man auf die altgewohnte „natürliche Natur“. Die ist freilich selbst ein Konglomerat aus gewachsenem Fels und gebauter Kirche, Himmel und angepflanztem Grün. In den spiegelnden Fensterscheiben wird es zu einem Abbild seiner selbst oder, um mit den Worten des Künstlers zu sprechen, zu „autonomen Stücken einer Wirklichkeit, die sich nur auf sich selbst beziehen“.
- Bick aus dem Fenster, gewohnte Wirklichkeit
- Überblendung, neue Wirklichkeit
Archaisch scheinen mir die Objekte, die sich Mount Ventoux nennen, liebe Gerda.
Wie aus der frühen Geschichte der Menschheit kommend. Urtümlich und kraftstrotzend.
Ich kenne den Mount Ventoux gut. Jeder, der mit Leidenschaft Rennrad fährt, kennt ihn und wir haben in der Nähe viele Urlaube verbracht.
Er ist ein Koloss, insofern passen die Objekte irgendwie zu diesem Berg. Er wird im Volksmund auch Glatzkopf genannt und wächst gerwissermaßen aus bewaldeter Natur urig in die Höhe und am Ende erhebt er sich aus dem ganzen grünen Gewirr von Pflanzen als kahler schroffer Bergrücken ohne jegliche Vegetation.
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Danke, Bruni, für die lebhafte Beschreibung! Ich muss ihn wohl auch gesehen haben, als ich, zwanzigjährig, in Aix-en-Provence studierte.. Da war ich oft in Marseille und auch in Avignon.
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Liebe Gerda, du hast ihn bestimmt gesehen.
Frage nur einen einzigen Menschen, der begeistert Rennrad fährt 7nd schon bekommt er leuchtende oder auch sehnsüchtige Augen 🙂
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doch… interessant…
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Liebe Gerda! So kenne ich ihn : https://www.sueddeutsche.de/sport/tour-de-france-ventoux-radsport-1.5343803!amp.
Liebe Grüße
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Danke, Jürgen. Ja, er ist wohl bei den Radfahrern sehr bekannt und gefürchtet.
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Mir gefällt die Skulptur auf dem ersten Foto dieses Beitrags. Mich erinnert sie auch an Fossilien, an Knochen von sehr großen urzeitlichen Tieren …
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Genau, daran dachte ich auch.Danke dir.
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