Raphael:
Die Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner sie ergründen mag;
Die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.
(J.W.Goethe, Faust I, Vorspiel im Himmel)
Oben. Herangezoomt, um die Figurengruppe (Papa und zwei Kinder) festzuhalten. Unten: Ohne Zoom, ein paar Minuten zuvor:
Ich habe einen Sonnengong, geschmiedet aus zwölf Metallen. Er tönt, so versicherte man mir, wie die Sonne. Den lasse ich nun erklingen, denn …
Heute ist Mikis Theodorakis im Alter von 96 Jahren gestorben. Unglaubliches hat er geleistet und überstanden, denn er war ja durchaus nicht nur ein großartiger Musiker. Er war ein Kämpfer für Freiheit und Mitmenschlichkeit, ein politischer Mensch im besten Wortsinn, seit frühester Jugend schon, als er sich am Kampf gegen die deutschen Besatzer beteiligte. Seine Liedersammlung „O Ηλιος και ο Χρόνος“ „DIE SONNE UND DIE ZEIT“….
schrieb Mikis im Gefängnis Averoff, in das ihn die Obristen warfen und zwei Monate in vollkommener Isolation hielten. „Am Montag, den 21. August 1967, kurz nach Mitternacht, verhaftet die Polizei Mikis Theodorakis in seinem Versteck in Haidari. Die Polizei stürmt ins Haus. Sie ziehen ihn nackt aus, binden seine Hände an eine Stange und nehmen ihn mit. Babalis führt eine virtuelle Hinrichtung durch. Sie treten ihn, drehen seine gefesselten Hände…Schreckliche Bilder von Folter gehen ihm durch den Kopf. Er ist sich sicher, dass sie ihn hinrichten werden. – Bouboulinas-Straße, Zentrale der Sicherheitsdienste in Athen. – Zwei Monate in völliger Isolation mit „der Erwartung des sicheren Todes“. Abends nach acht, am Geländer hängend, singt er in den Lichtschacht hinein. – Nacht ohne Mond… Niemand weiß, wo Mikis ist. Weder seine Familie noch seine Kameraden von der Patriotischen Front, die alle festgenommen und gefoltert wurden. – Nachtverhöre. „Du gehst direkt zur Erschießung“, sagt ihm ein Offizier. „Schade, denn du bist ein großartiger Musiker“. – Am 4. September geben sie ihm Papier und Bleistift. Und da schreibt er 32 Gedichte – „Ich habe die letzten Nächte schlaflos verbracht“, schreibt Mikis in „Hreos“, „mit dem Rücken an die Wand gelehnt, und habe darauf gewartet, entweder zum Verhör oder zur Hinrichtung gebracht zu werden. Mein ganzes Dasein war geprägt von der Erwartung des sicheren Todes.“ – Im Oktober 67 wird er in Zelle 1 unter der Terrasse, wo die Folterungen stattfinden, verlegt. Da vertont Mikis 16 der 32 Gedichte. So entsteht der Liederzyklus „Die Sonne und die Zeit“.
(Übersetzung eines Artikels von Anastasia Boulgari, vom 20.8.2017, anlässlich der 50. Wiederkehr der Entstehung.)
Wie tragisch und sinnlos zugleich. Der Mensch lernt NICHT …
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Das verstehe ich jetzt nicht. was ist tragisch und sinnlos? Für die Freiheit zu kämpfen?
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Gerda, wenn so viel Leid damit verbunden ist, schon. Und Du siehst es ja heute, es ändert sich dadurch nichts. Wir erleben ständig die Wiederholung von der Wiederholung …
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Das sehe ich anders. Ich finde, jeder Mensch, der für Freiheit kämpft, macht einen Unterschied. Und je mehr es werden, desto mehr kann sich ändern!
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Ich seh es auch anders. Im Grunde geht es gar nicht drum, was man erreicht, sondern darum, ob man seinen eigenen Überzeugungen entsprechend handelt oder sich einschüchtern lässt. Wenn man sich einschüchtern lässt und gegen seine Überzeugungen handelt. wird man innerlich mürbe und krank. Das ist schlimmer, als die Konsequenzen zu tragen, die aus mutigem Handeln erwachsen können.
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Das mag sein, aber ich sehe an mir selbst, wohin es führt, wenn man für etwas einsteht und sich nicht einschüchtern lässt. Seit 1 1/2 Jahren. Es tut mir alles andere als gut und macht mich in der Familie zum Aussenseiter. Das ist alles, was ich erreicht habe.
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Ja, Lore, das ist sicher richtig. Ich erlebe in meiner Familie dasselbe. Es ist nicht leicht, damit umzugehen. Aber was hilft es..Soll ich deshalb tun, was mir verhasst ist?
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Natürlich nicht Gerda … 🙂
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Wie schön, daß Du seiner hier gedacht hast, mit dem Sonnengong und dem Sonnengesang.
Ja, der große Theodorakis ist hinübergegangen. Wir haben seine Lieder geliebt, sein Schicksal hat uns bewegt, Griechenland war durch ihn bei uns präsent.
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Danke, Hella, für deine lieben einstimmenden Worte.
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danke, gerda, diese todesnachricht hatte i noch nicht vernommen, stecke so sehr in arbeit diese woche, dass i kaum noch rechts und links schauen kann.
96 jahre … und welch ein leben, ja … möge leicht und hell seine seele reisen durch die sphären der planeten …
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Danke, Pega. In ihm war die Musik sehr stark, daher bin ich zuversichtlich, dass sie ihn auf Ihren Wellen hinübertragen wird. Tragen wird ihn auch die Liebe der Menschen.
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Danke Gerda, fuer die Nachricht das Theodarkis gestorben ist und dein wundervolles Tribut an Ihn. Er war Teil meiner Jugend , ich habe seine Lieder geliebt und ihn fuer seinen Mut immer bewundert. ES war immer fuer mich das Griechenland damals, er hatte so viel Herz und Liebe fuer sein wunderschoenes Land.
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Danke, Cornelia. Ja, mit seiner Musik und seinem Sosein trug er den freiheitsliebenden und zugleich zutiefst mitmenschlich-friedlichen Geist des Griechentums hinaus in die Welt
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Ja, ich hab’s gestern Abend in der Tagesschau erfahren. Es schmerzt;denn er , seine Musik und sein Kampf für die Freihet beeindrucken michtief. Seine Musik und sein Freiheitskampf waren auch fürmich sehr mireißend.
Du hast ihm hier einen großartigen Nachruf gewidmet!
Ihm habe ich vor langer Zeit 3 Beiträge gewidmet (https://ppawlo.com/?s=Mikis+Theodorakis)
Ich habe auch eine Zyklus dazu gemalt (https://ppawlo.com/2011/02/08/fur-die-freiheit-kampfen-eine-bilderreihe/)
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Liebe Petra, das ist eine ganz wundervolle Bildreihe, die du hier verlinkt hast Ich würde sehr gern einen Beitrag davon als Ergänzung zu meinem Nachruf rebloggen. Sag mir bitte, welcher dir der liebste ist.
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Liebe Gerda, ich hab lang gebraucht um mich einzuloggen. Auf die eigene Seite keinen Zugriff zu haben ist schon seltsam! Das gab’s für mich noch nie.
Am passendsten für einen Reblog finde ich meine Widmung zu seinem 90.
https://ppawlo.com/2015/07/31/eine-widmung-an-mikis-theodorakis-a-tribute-to-mikis-theodorakis/
Ich freu mich! Danke!
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DANKE, Gerda. Er war schon immer, auch als Lebender, als Kämpfer und als Künstler, in den Herzen vieler Menschen. Weltweit. Dank auch für deine Übersetzung des Artikels von Anastasia Bulgari ! Ein MENSCH von einer so unglaublichen inneren Kraft. Den abgrundtiefer Hass und Folter nicht vernichten konnten. „Die Sonne und die Zeit.“ WAS für eine Antwort .Inmitten der Hölle. So ein Mensch gibt etwas wie eine positive Substanz in unsere aus den Fugen geratenen Welt.
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Danke, Elsbeth! Ja, jetzt, wo er gestorben ist, kommt sein ganzes Lebenswerk noch einmal kurz an die Oberfläche, flutet mit mächtigen Tönen die Herzen der Menschen, und stärkt Liebe, Mut und Widerstandskraft. „Athanatos“ (unsterlich) rufen die Menschen ihm zu.
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Ein großer Mann ist gestorben, den ich sehr bewunderte, schon seit vielen Jahren.
Er durfte so lange leben, damit er aufrütteln konnte…
Deine herangezoomte Sonne ist ganz wundervoll geworden, liebe Gerda.
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Herzlichen Dank, Bruni!
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In den späte 60er Jahren war ich ein Fan der Lieder von Theodoratis gesungen von Soula Birbili. Auch an diese glückliche Zeit wurde ich durch den Tod dieses großen Menschen erinnert.
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Danke, Joachim. Ich lernte ihn eigentlich erst in den Jahren der Diktatur ab 1967 wirklich kennen, als seine Musik in der Heimat verfehmt war, aber in Deutschland bei den großen Kundgebungen natürlich dominierte. Über den Alexis-Zorbas-Kult ärgerte ich mich, ich hielt ihn für ein grobes Missverständnis.
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Das habe ich auch in der Wirkung als eine „Eindimensionalisierung“ empfunden.
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Danke Gerda, für den wundervollen Beitrag.
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