Der Landstreicher streicht durch die Lande
Im Frühling ists angenehm
Er streift die Stadt nur am Rande
Die Erde ist ihm bequem.
Der Landstreicher streicht durch die Felder
Wenn hoch die Halme stehn
Wenn Schatten spenden die Wälder
Da ist’s ihm ein leichtes Gehn.
Der Landstreicher streicht durch die Berge.
Beschwerlich wird nun sein Weg
Doch er schreitet voran, denn die Zwerge
Zeigen ihm Wege und Steg.
Der Landstreicher spricht zu sich selber
Und singt sich selber ein Lied
Sein Antlitz wird fahl und gelber
Wie die Felder, durch die er zieht.
Bald wird er niedersinken
Am Bach, im Feld, im Moos
Ich will ihm Abschied winken
Ihm, der das Erdenlos
Rein wie sonst keiner mir zeigt
denn sag, sind wir nicht alle
wenn sich das Leben neigt
in ganz demselben Falle?
Die Aquarelle und die Zeichnung stammen aus meiner Schulzeit, ich war so zwischen 12 und 14, als ich sie malte. Meine Nichte schickte sie mir kürzlich als Fotografie.
Dies ist ein Beitrag zu #Juniverse, das von https://www.silbenton.de/ gehosted wird. Jeden Tag ein Gedicht, zu den folgenden vorgegebenen Wörtern.
Schön, die Zeichnungen aus deiner Kindheit zu sehen. Das Landstreicherlied ist gar allerliebst.
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Danke dir, Jules!
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Ich bin immer wieder beeindruckt von deinen vielfältigen Talenten! Solche Bilder schon als Kind, wow!
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Danke, Maren. Ich fand mich im Malen gar nicht besonders talentiert. Aber es machte mir offenbar Spaß. Was mich wundert, ist die perspektivische Darstellung der Landschaft und insbesondere der Wege. Diese tiefe Ergriffenheit durch Wege, die ins Land gehen, habe bis heute. (Vorfrühling von Rilke: „Wege gehen weit ins Land und zeigens“)
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erstaunlich, dass du so früh schon so schöne Bilder gemalt hast. Mindestens das erste hat mich schon einmal bei dir begeistert. Vielleicht auch das zweite. Und ein sehr schönes Gedicht. Aber warum sind wir alle Landstreicher, wenn sich das Leben neigt? Mein Gefühl ist eher, dass die Wanderung dann zu Ende geht… Vielleicht wird uns dann das Leben als Wanderung gewahr?
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Ich habe diese Bilder schon mal im April gezeigt, zusammen mit vielen anderen, die mir damals zugeschickt wurden. Daher wirst du dich erinnern.
Ja, das meinte ich: Das Leben als Wanderung, „Wir sind Vorübergehende“ und wir sind am Ende allein, sprechen mit uns selbst und vielleicht mit den Bäumen, Tieren, Sternen und Steinen.
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🙂
ich gehe da vermutlich den umgekehrten Weg. Mit mir selbst gesprochen habe ich fast ausschließlich schon als Kind. Für andere nicht hörbar natürlich. Jetzt bemühe ich mich eher um Kommunikation mit meinen Mitmenschen. Das ist super anstrengend aber ich finde, es ist endlich Zeit, es zu lernen…
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Unglaublich, wie Du damals, mit etwa 12 Jahren, den Landstreicher 3mal gemalt hast, so, als hättest Du eine persönliche menschliche Beziehung zu diesem bestimmten Landstreicher, der sich ja ähnelt. Und die Proportionen sind schon so gut und richtig gezeichnet. Ach, ich war in dem Alter von 12 Jahren ja eher noch wie ein Kind und zeichnete dementsprechend kindliche „süße“ Gestalten…
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Danke, Gisela. wahrscheinlich hatte ich eine bestimmte Vorstellung davon, wie ein Landstreicher aussieht; hager, bärtig, dunkelhaarig,mit geflickten Hosen und Hemden und einem langen Wanderstab, dazu auch Pfeife, haarige Arme, haarige Brust, Wasser und Schnapsflasche. Ich finde dennoch nicht, dass sie sich besonders ähneln.
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Was für einen reichhaltigen Schatz du verwahren musst, wenn Du sogar auf Bilder zurückgreifen kannst, die vor so langer Zeit von Dir gemalt wurden. Dass muss doch auch immer ein bisschen wie eine Zeitreise sein.
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Danke, ja. Als diese Bilder, die ich vollkommen vergessen hatte, mich kürzlich erreichten, war ich sehr erfreut. Ein Angelpunkt mehr im Gedächtnis, ein Schrittchen mehr, mich selbst kennenzulernen. 😉
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Toll, dein Ausflug in die eigene Kunstverganhenheit und feine immense Begabung schon als Mädchen 💐
Dankeschön fürs Zeigen und Erzählen!
Herzliche Morgengrüße vom Lu
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Immer gern, danke fürs Begleiten, lieber Lu!
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Immer seeehr gerne! ⭐ ⭐ ⭐
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Wir streichen durch unser Leben, bis es sich neigt, NUn gehen wir noch ein letztes Stück…
Deine Zeilen sind intensiv, liebe Gerda und Deine Kinderaquarelle zeigen kaum noch kindliche Züge. Du warst schon dabei, erwachsen zu werden.
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Ein Leben lang war ich dabei, erwachsen zu werden, liebe Bruni…. 😉
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1955 war ein Landstreicher etwas anderes als er es heute wäre. Heute ist selbst das Wort fast verloren gegangen.
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wie heißen diese Menschen eigentlich heute? Odachlose, Aussteiger, Streuner, Unbehauste, Heimatlose, Glückssucher, Nomaden, Rumtreiber, Zigeuner?
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Am ehesten würde man wohl von Obdachlosen sprechen. Zigeuner ist so gut wie ausgestorben. Die offizielle Alternative Sinti oder Roma setzt sich meiner Beobachtung nicht durch, weil die Bezeichnung nicht eindeutig ist.
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