Eigentlich ist heute ein großer Festtag. Es werden die 200 Jahre gefeiert, seit eine Handvoll Verschworene die „Revolution“ ausriefen, um das Land von der 400jährigen osmanischen Okkupation zu befreien. Das war am 25. März 1821. Der großen Militärparade schauen vor Ort nur ein paar Regierungsmitglieder und wenige Häupter bzw Ersatzhäupter befreundeter Staaten zu: Frankreichs Macron lässt sich von seinem Verteidigungsminister vertreten, Russland schickt seinen MP Missoustin – diese beiden Nationen unterstützten damals den griechischen Freiheitskampf -, der US-Außenminister schickt eine Grußbotschaft, wer aus Deutschland kam, weiß ich nicht. Das Volk sitzt an den TVs, sofern es diesen großen und mit ziemlichem Aufwand vorbereiteten Festakt sehen möchte.
Ich will es nicht sehen. Nicht, weil ich den Festtag der Griechen nicht ehre – o doch, das tue ich! aber ich ertrage den Anblick der Masken nicht. Die Helden der Revolution im weißen Faltenrock, Frauen und Kinder in traditionellen Trachten – maskiert. Die Reiter auf schönen Pferden – maskiert. Die Truppen im Vorbeimarsch oder auf teuer bezahltem Kriegsgerät – maskiert. Nur die Männer des Posaunenchors haben das Recht, ihre Atemluft ungefiltert der Atmosphäre zuzumischen. Der MP sagt: Heute haben wir nicht weniger schwere Kämpfe durchzustehen. Und das stimmt sogar.
Da ich es nicht sehen will, mache ich einen großen Spaziergang. Hoch der Himmel, mächtig die Wolken, sie reißen gelegentlich auf und lassen die Sonne auf das frühlinghafte Land scheinen. O, es ist schön. Ich setze mich zwischen Mandarinen-, Feigen- und Olivenbaum auf einen gefundenen Plastikstuhl und mache in meinen Winzlingsblock ein paar zarte Zeichnungen in Blau.
- Olive
- Feige und Pfad
- Feige
- Zypressen, Oliven
Ganz ohne Farben lässt sich der Zauber dieser Frühlingswelt jedoch kaum wiedergeben, zumal jetzt die Orangen-, Zitronen- und Mandarinenbäume gleichzeitig blühen und Früchte tragen, und das Wechselspiel von Wolken und Blauhimmel das Besondere dieser Epoche ist. Weiß und Blau wie die Fahne des Landes, das heute seine Helden feiert, die ihm Souveränität und Selbstbestimmung bringen wollten. Vor 200 Jahren.






ziemlich zynisch wenn Griechenland jetzt 200 Jahre Souveränität und Selbstbestimmung feiert. Interessant aber, dass Orangen-, Zitronen- und Mandarinenbäume gleichzeitig blühen und Früchte tragen. Dass so etwas möglich ist, wusste ich nicht. Ich mag auch die zarten blauen Zeichnungen. Der Feigenbaum sieht ein bisschen aus wie ein schwer beladener Mensch…
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Ich weiß schon, was du meinst, liebe Leela, aber dennoch ist es ja nicht zynisch, solche Ereignisse zu feiern, sondern es stärkt die Widerstandskraft und lässt den Abstand zwischen Wunsch und Wirklichkeit ein weiteres Mal fühlen. Das ist auch wichtig.
Danke für deine Wertschätzung meiner Zeichnungen. Der Feigenbaum ist sehr bemerkenswert wegen der beiden Stämme, die man tatsächlich für die krummen Beine eines schwer beladenen Menschen halten könnte.
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Vielleicht könnte man sagen, dass zur Zeit die Selbstbestimmung wieder unter den Masken erstickt.
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Oder vielleicht: die Masken sind das äußere Zeichen der neuerlichen Versklavung.
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Der Duft der Citrusbäume und die Gabe des kreativen Umgangs sind doch eine wunderbare Alternative zum Aufmarsch der ewig Gestrigen, oder ?
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Für mich sicher, liebe Marie. Aber der Ausdruck „Ewig Gestrige“ gefällt mir in diesem Zusammenhang nicht. Griechen können auf ihre historischen Leistungen stolz sein. Sie haben sich nichts vorzuwerfen, und ihr Gestern ist Blauweiß und nicht Rotschwarz mit Hakenkreuz wie das deutsche. Militäraufmärsche sind zwar nicht meins, aber ich anerkenne, dass das Land sich verteidigen muss. Und dazu gehört auch, den Verteidigungswillen zu demonstrieren und zu stärken. Traurig ist allein, dass Griechenland so tief in Schuldknechtschaft geraten ist. Liebe Grüße!
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Es ist nur so, dass mich Aufmärsche in jeglicher Form abschrecken und verstören. Das mit der Schuldknechtschaft sehe ich genauso wie du. Liebe Grüße Marie
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Wird Freiheit nicht oftmals mit Befindlichkeit verwechselt?
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Danke für die Frage, lieber Werner. Sie lädt zum Nachdenken ein.
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Du hast den besseren Teil gewählt, liebe Gerda. Du hast Dich der Natur zugewandt.
Deine drei Zeichnungen sind wunderschön geworden und ich mag sie sehr.
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Danke, ja, so sehe ich es auch, Bruni. Es sind übrigens vier Zeichnungen. Willlst du mich testen, ob ich deine Kommentare auch gründlich lese? 😉
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Huch, natürlich sind es vier Zeichnungen, liebe Gerda 🌞🌼❣
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🙂 🌼
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Masken sehe ich auch nicht gerne.
Nackte menschen sähe ich auch nicht gerne, es sei denn zum zeichnen. Doch dies ruht ja bis zum sankt nimmerleinstag.
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