Wir sitzen gemütlich am Mittagstisch. Es gibt Erbsen und Artischocken a la Polita (nach Art der Polis, dh aus Konstantinopel), dazu Taramosalata (Fischrogencreme), Oliven und Langana – das spezielle Fladenbrot für den heutigen Tag. Denn es ist „Reiner Montag“, der die Fastenzeit einläutet. „Und wann lassen wir den Drachen steigen?“ fragt Will.ie. Ich blicke zweifelnd aus dem Fenster. Draußen regnet und stürmt es. Keine guten Voraussetzungen, um den Drachen steigen zu lassen, wie es sich an diesem Tag gehört. „Keine Ahnung“, sage ich. „Vielleicht morgen.“
Aber später kommt die Sonne raus und malt einen Regenbogen an den Himmel. Magisch wird das Licht, die eben noch schwarze Zypresse hebt sich hell gegen das dunkle Gewölk ab.
Und so machen wir uns auf den Weg ans Meer.
Ein riesiger Wolkendrachen fliegt schon am Himmel, und ein Wind geht auch. Doch bis wir Schwanz und Schnur auseinandergeklaubt und den richtigen Platz zum Starten gefunden haben, ist der Wind eingeschlafen. „Blas, elender Wind!“ ruft Will.ie, aber sie ist kein Prospero* und der Wind ist nicht Ariel aus Shakespeares „Sturm“*, und so bleibt der Drachen am Boden, hüpft auch mal drüber weg und vertüttelt immer wieder seinen mit Zeitungspapier verstärkten Schwanz.
Endlich, endlich hebt er ab, erst ein wenig ….
Es beginnt auch zu regnen. „Schnell, schnell einsammeln! Nächstes Jahr! Nächstes Jahr wird er fliegen“, schreie ich. Nächstes Jahr? Und Will.ie? Ach! Es wird sie dann ja nicht mehr geben. Was sie nicht hier und heute erlebt, wird sie nie erleben.
Und siehe da. Als wir uns traurig zum Abmarsch bereit machen, erhebt sich der Drache und steigt und steigt hoch in den nun makellosen Himmel. Vielleicht ist Will.ie ja doch ein Prospero und versteht sich auf Magie? Oder was sonst?
*Zu Shakespeares Drama „The Tempest“ und Prospero, dem Magier, der eine Welt entstehen und vergehen lässt, und als Helfer den Geist Ariel hat, vergleiche die Anmerkung im Eintrag https://gerdakazakou.com/2021/03/14/14-3-2021-will-ie-will-was-werden-unterhaltung-ueber-die-zukunft-der-erde/
Ein Jahr erscheint so kurz zu sein. Aber ihr beide füllt es mit so viel Leben und so viel erlebten, dass es am Ende doch sehr viel länger sein wird.
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Tja, da Will.i bzw Will.ie nur dies eine Jahr haben, muss man sich etwas bemühen… 😉
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Einen schönen Drachen habt Ihr
und am Ende konnte Will.ie doch noch sehen, wie der schöne bunte Drachen flog
und nicht gleich wieder abstürtzte..Ein toller Erfolg!
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Liebe Bruni, auch Fotos können lügen 😉 Der Drachen in der Luft ist nicht unserer…..
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Och, wie schade ❣🌞🌷
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Du liebst die Illusion, Mme de la Poesie! Ich auch, liebe Bruni, ich spiele ständig mit ihr, aber ich liebe noch mehr die Desillusionierung, die Ent-Täuschung, auch Wahrheit genannt. 😉
Viele verstehen diese meine Leidenschaft wohl nicht. 😦
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Schön, dass du dir dein Kindheitsich bewahrt hast!
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Zauberhaft ☀️
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