6.2.2021 Will.i und die Technikgeister (vier Kritzeleien)

„Sag mal, Will.i, ich lese hier grad was Merkwürdiges und würde gern deine Meinung hören. Hier steht, dass technische Geräte, also zum Beispiel eine Waschmaschine oder ein Auto, einen „Naturgeist“ haben geradeso wie die Bäume. Du interessierst dich doch für Technik, wie siehst du das?“ – „Wieso haben Bäume einen Naturgeist?“ fragte Will.i prompt zurück. „Nun, so glauben halt viele. Früher glaubten es sogar alle Menschen. Wenn die einen Baum umhauten, baten sie den Naturgeist erst mal um Entschuldigung. Ich finde das passend.“ – Will.i schaute nachdenklich. „Und du“, fragte er dann, „hast du auch einen Naturgeist?“

Nun war es an mir, nachdenklich zu werden. Habe ich einen Naturgeist? Oft spreche ich zu meinem Herzen, meinen Füßen, Händen, auch zu meinen Zähnen, rede ihnen gut zu, sage ihnen ein Dankeschön und bitte sie, durchzuhalten. „Vielleicht“, sage ich zögernd, „habe ich sogar viele. Jeder arbeitet still vor sich hin und sorgt dafür, dass ich am Leben und gesund bleibe. Wenn ich es recht bedenke, hat sogar jeder Blutstropfen einen Naturgeist, und auch jedes Haar und jede Zelle meines Körpers…. Also das ginge ja in die Milliarden. Und wenn ein paar der Geister keine Lust mehr haben und nicht mehr kooperieren mögen, geht es mit mir zu Ende…. Aber eigentlich wollte ich wissen, ob du meinst, dass auch technische Dinge einen Naturgeist haben.“

„Wenn schon, denn schon“, meinte Will.i salomonisch. „Entweder alle oder niemand“. – „Aber die technischen Dinge sind doch nicht lebendig?“ – „Woher willst du das wissen? vielleicht sind sie es ja doch. Redest du nicht auch manchmal mit deinem Auto?“ Da hat er freilich recht, der Will.i.  Ich rede mit meinem Auto, und als mein voriges bei einem Unfall zu Bruch ging und abgeschleppt wurde, winkte ich ihm hinterher – vielmehr, ich winkte IHR hinterher, denn das Auto war eine schöne weiße Fee und blickte traurig, weil ich sie mit einem Abschleppwagen davonschleifen ließ, wer weiß wohin, auf welche Abwrackhalde …  Mein jetziges Auto ist männlich, ein robuster Kerl ohne besondere Eleganz, aber tüchtig.

„Vielleicht haben Dinge ja keinen Naturgeist, sondern einen Technikgeist“, unterbrach Will.i meine Überlegungen. „Als erstes sollten wir ihnen einen Namen geben“. – „Und dann zeichnen wir sie“, stimmte ich zu.

Und so entstanden heute vier Technikgeister.

Tipotu, der Geist meines tüchtigen robusten Autos.

Tiptoptu, der Geist meines klapprigen aber noch funktionsfähigen Computers

Manulio, der Geist unseres Manihauses

und schließlich Krakelou, der Geist meiner Brille, die schon ziemlich angekratzt ist. Vielleicht, so Will.i, werde ich sie besser behandeln, wenn sie einen Namen hat.

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Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter Erziehung, gemeinsam zeichnen, Kinderzeichnung, Leben, Mythologie, Natur, Technik, Willi, Zeichnung abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

24 Antworten zu 6.2.2021 Will.i und die Technikgeister (vier Kritzeleien)

  1. Werner Kastens schreibt:

    Aber man sagt doch auch: Dies und Jenes hat seinen Geist aufgegeben ….

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  2. Also bevor man seinen Geist aufgeben kann, muss man ihn ja besessen haben. Absolut überzeugend. 👍 Wer durch gute Worte/und oder Handauflegen eine lahme Technik zum Laufen gebracht hat, spürte auch, dass da mehr war als nur ein paar Kabel. 😉

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  3. wildgans schreibt:

    Auch Dinge und Orte haben eine Verbindung zur geistigen Welt, wie immer diese auch ausschaut…

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  4. finbarsgift schreibt:

    *großes Schmunzeln*

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  5. Gisela Benseler schreibt:

    Das sind ja originelle Namen und Zeichnungen. Da kann man/frau ja nur lächeln und hoffen, daß diese Dinge noch eine Weile halten. Geist und Wesen sind zweierlei, und tote Dinge haben keinen Geist und kein Wesen. Wenn wir sie liebevoll nutzen und ihnen gut zusprechen, erhalten sie wohl eine feinstroffliche Ausstrahlung.

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    • gkazakou schreibt:

      Im Plural verwendet man Wesen und Geister wohl doch gleich. Wie passiert es denn deiner Meinung nach, dass Dinge eine „feinstoffliche Ausstrahlung erhalten“? Beleben sie sich?

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    • gkazakou schreibt:

      Ich habe eben bei Bruni kommentiert: „Da wir wenig bis nichts über die „Dinge an sich“ wissen (Kant), können wir ja eigentlich nur über die „Dinge für mich“ sprechen“. Und da scheinen diese Dinge durchaus einen je besonderen Charakter zu besitzen. ZB ist „mein“ Auto ein anderes als alle anderen der gleichen Bauweise. Dasselbe gilt für „meine“ Wohnung etc

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      • Gisela Benseler schreibt:

        Die Dinge an sich sind uns weitgehend unbekannt, die Dinge für mich umkleiden sich anscheinend mit unseren Gedankenformen, und was wir sehen und fühlen, sind wohl mehr unsere eigenen Gedankenformen.

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    • gkazakou schreibt:

      Da kommen wir uns schon recht nah. Ich würde allerdings noch weitergehen: Die Dinge verändern sich durch meine „Gedankenformen“ (ich umkleide sie nicht nur, es ist nicht nur ein subjektiver Vorgang) – und nicht nur durch meine eigenen. Auch die des Arbeiters in der Fabrik oder des Vorbesitzers oder des wohlwollenden bzw missgünstigen Betrachters… gehen in das „Ding“ ein. Wie man das beweisen kann? Wer weiß. Seit kurzem erst hat man ernsthaft damit begonnen zu untersuchen, wie sich Gedankenformen auf das Wachstum von Pflanzen auswirken. Man meint wohl, dass da das Wasser als Träger von Informationen eine Rolle spielt. Man könnte aber auch noch tiefer in die Atomstruktur hineinschauen. Alles ist vom Geist belebt. Denn alles ist vom Geist.

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      • Gisela Benseler schreibt:

        „Alles ist vom Geist belebt. Denn alles ist vom Geist.“ Das hast Du ja wunderbar erkannt und gesagt. Mit dem Geist meine ich allerdings den GEIST, und der fließt auch durch uns.

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  6. Herrlich, die gemalten Geister der Dinge, liebe Gerda!
    Ich bin auch dafür, daß Wesen und alle natürlichen Geschöpfe eine Seele (einen Geist) haben. Bei technischen Dingen weiß ich nicht recht. Werden sie zu einem Geschöpf, das einem lieb und teuer ist, oder das wir unausstehlich oer launisch finden, dann bekommt es von uns eine Seele verpasst.
    Ich rede oft mit meinem Bodenstsaubsauger, den ich Robbi nenne und schimpfe mit ihm oder lobe ihn auch mal 🙂

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  7. Johanna schreibt:

    Toll, Gerda! Die Überlegungen und die humorvollen Zeichnungen. Das ist auf leichte Art tief gedacht … Dieser Gedanke fasziniert mich auch, und ich habe auch Erlebnisse wo mein guter Zuspruch manches Gerät wieder hat kooperieren lassen… dennoch scheint es anders als bei beseelten Pflanzen oder Tieren. Ich denke eher, dass wir Menschen eine Art schöpferische Qualität haben, und dass dieses ‚Wesen‘ dem gebauten Instrument vorausgeht, sozusagen als die Idee, die Planung. Und dann scheint es, dass unser Umgang mit und Dankbarkeit für ein Gerät noch weitere Elemente zufügen… denn im Prinzip nehmen ja auch Gedanken formen an… auch wenn ich das nicht beweisen kann 😉

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    • gkazakou schreibt:

      Danke für dein Weiterdenken, Johanna! Ja, Gedanken nehmen Formen an, das wissen wir aus der Psychologie. Ob sie auch direkt in den Außenraum hineinwirken? Ich denke schon, denn wir sind mit der Dingwelt auf ähnliche Weise verbunden wie mit der Naturwelt und den Menschen: in einem gemeinsamen Feld miteinander vernetzter Informationen. Konzentriere ich mich auf einen Punkt dieses Feldes, belebt er sich, zeigt die Verbindungen auf. Ich kenne das vom Aufstellen, wo ich zB sehr oft Häuser befrage: wie geht es dir mit diesem und jenem?
      Naturlich frage ich dann auch: Wer hat es gebaut, wie kam der Bebauer zu dem Geld, wie die Erben, welche Konflikte gab und gibt es, Gefühle der Benachteiligung, der unrechtmäßigen Aneignung oder auch der besonders liebevollen Zuwendung … Es ist erstaunlich, was da manchmal zum Vorschein kommt.

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      • Johanna schreibt:

        Danke Gerda, ja mit dem Beweisen ist es schwierig, es sei denn wir sprächen unseren inneren, intuitiven Fähigkeiten dieses Recht zu, und dann können wir doch mehr wissen, als wir dachten. Das hast Du ja mit Deinen Aufstellungserlebnissen schon bewiesen..

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  8. Melina/Pollys schreibt:

    Also Dein Will i ist echt ein kluger Kerl – und ich finde auch, dass alles einen Geist hat – irgendwie. Z.B. hat mein Staubsauger grad seinen Geist aufgegeben und die Waschmaschine hat auch gleich mitgemacht und ist jetzt undicht, als sie das mitgekriegt hat.

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    • gkazakou schreibt:

      o je! Da kooperieren zwei Technikwesen miteinander – gegen deine Interessen. Sie streiken. Hast du etwas versäumt? Oder sind sie einfach aus dem Alter heraus, in dem man von ihnen vollen Einsatz fordern kann?

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      • Melina/Pollys schreibt:

        Der Staubsauger hat aus Altersgründen aufgegeben und die Waschmaschine habe ich vor 2 Jahren gekauft – sie war billiger, aus einem Laden wo man solche mit kleinen Lackschäden kaufen konnte – meine Rente ist klein…. aber jetzt zahle ich eher drauf.

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    • gkazakou schreibt:

      da wurde der Lackschaden wohl zum Rostschaden….Ja, manchmal ist es teurer, billig zu kaufen.Da hilft es dann auch nicht, mit dem Wachmaschinengeist zu reden…

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