Ich lese mich grad ein zweites Mal durch Nadolnys Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit„*. Eine Szene, die mir schon beim ersten Lesen hängengeblieben ist und nun mit erneuter Wucht zuschlägt, ist die Seeschlacht von Kopenhagen (Kapitel Kopenhagen 1801). Ein Meisterstück der Genauigkeit und zugleich Absurdität des Krieges. „Der Trekroner und die anderen Geschütze trafen in einem fort. Für einen, der immer etwas spät reagiert, geht bei solchen Stößen jeder Halt verloren. Am schlimmsten waren die eigenen Breitseiten. Das Schiff schien jedesmal einen Satz zu machen. Die gute Ordnung ging weiter, wie er sie gelernt hatte. Nur war ihr Zweck jetzt, dem Gegner das Chaos zu schicken, und das kam wieder zurück mit jener Plötzlichkeit, die John nicht liebte.“
Prägendes Erlebnis für den Helden der Geschichte, John Franklin, der erstmals einen ihm völlig unbekannten Menschen umbringt. „Die Kehle war warm, die Haut weich. John hatte noch nie einen Menschen so lange angefasst. Jetzt war das Chaos wirklich da, die Schlacht innerhalb seines Körpers. Denn die Nerven, die zu seinen Fingern gehörten, fühlten …., wie die Kehle – schnurrte! Sie vibrierte, zart und elend, ein tief elendes Schnurren.“ (S. 64). Und dann all die anderen Toten, denen er sich zugehöriger fühlt als den Lebenden: „Ein Ausruf ließ ihn nach unten blicken: im klaren flachen Wasser lagen zahllose Erschlagene auf dem Grund, etliche mit blauen Rücken, viele mit geöffneten Augen nach oben sehend. Schrecken? Nein. Natürlich lagen sie da.“ (S. 65-66)
Dies Bild entstand gestern, nach gründlicher Überarbeitung eines früheren. Es ist keine Illustration (meine Bilder sind nie Illustrationen) und steht für sich, aber ich finde, es gibt ein wenig vom sinnlosen Schrecken einer Seeschlacht wieder. Pappe, Kohle, mit etlichen eingeklebten, übermalten Papieren, Akryllpulver, Kleister. Format 60 x 120 cm.
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*Sten Nadolny, Die Entdeckung der Langsamkeit, April 1987. Piper Verlag, München. Das Titelbild der Taschenbuchausgabe (von Isolde Ohlbaum) basiert auf einem Gemälde von William Turner: The Fighting Temeraire tugged to her last berth to be broken up, 1838. Alles Wissenswerte dazu findest du hier. Und hier das Gemälde von Turner, den Briten von 2005 ihr „liebstes Bild“.




Dieses buch sollte auch von mir mal wieder gelesen werden! Liebe Grüsse Kat.
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ja.
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ist ja ja eine Anregung zum Lesen, meine besten Grüße an dich
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Eich finde disesen Roman sehr lesenswert
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Nadolny – hm, von dem habe ich „Ein Gott der Frechheit gelesen“. Ein sehr amüsantes Buch über eine skurrile Version des Gottes Merkur, der auferstanden ist.
Ja, an eine Seeschlacht habe ich bei deinem Bild gedacht. Ich schaue mir immer die Bilder vor den Erklärungen an, weil ich keine Freude damit habe, wenn man mir bei einem abstrakten Bild vorher sagt, was ich sehen soll 🙂
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So ewige du mache ich es bei allen Bildern, und mir widerstrebt es eigentlich, mit Worten eine bestimmte Richtung des Sehens vorzugeben, aber im geschwinden elektronischen Medium ist es wohl nötig. Den Gott der Frechheit las ich auch, fand es aber ziemlich enttäuschend , und auch an Selim erinnere ich mich kaum noch. Sein Erstling (Langsamkeit) war ein genialer Wurf.
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So wie du…
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Gutes Buch. Die haben inzwischen die Expedition wohl fast komplett wieder ausgegraben.
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Die auf der Suche nach der Nordwest-Passage vermutlich?
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Ja. Wor müssen ja heut nicht mehr suchen. Die Passage ist aus überraschend unvorhergesehenen Gründen ja plötzlich freigeschmolzen. Ich hoffe, Sie haben auch schon genügend Aktien von atlantisch-pazifischen Transportschiffahrtsgesellschaften.
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Nee, leider. Keine Aktien. 😉
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Eins meiner Lieblingsbücher
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so geht es mir.
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Beeindruckendes Zitat. Genau solche Stellen lassen mich sehr frösteln…nein, mich innerlich schreien!
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….
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Vielen Dank für diesen Anstupser: das lese ich auch noch einmal, schönes Wochende
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ich finde es weiterhin sehr sehr gut.
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lang ist es her, ja, ich sollte es noch einmal lesen … danke Gerda für die Erinnerung und deine Bilder? welche Schlacht war je sinnvoll?
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Vielleicht die von Salamis?
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ich weiß nicht(s)
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Was das für eine Schlacht war? Schau mal hier
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