Im Atelier war es mir heute abend stickig. Das Licht konnte ich bei geöffneter Tür nicht anlassen, ohne die mir die gesamte Mottenwelt hereinzulocken. Also entschloss ich mich, im Stockdunklen zu zeichnen. Ich suchte mir eine große Zeichenpappe, fixierte sie, nahm ein Stück Kohle, löschte das Licht und tastete mich an die Zeichenfläche heran. Natürlich war ich dann neugierig, was dabei herausgekommen war. Ein Faun, befand ich.
Na schön, ein Picasso-Faun ist es nicht geworden. (Sah ich im Februar 2016 in Athen)
Im zweiten Anlauf stellte ich mir eine Szene vor, die ich heute am Strand beobachtet hatte. Eine dicke Mama mit zwei schmächtigen überbehüteten Kindern näherte sich dem Wasser, in dem zwei dunkelbraun gebrannte wilde Kinder mit Wasserpistolen herumtobten.
Ich machte dann noch einen dritten Anlauf mit demselben Thema, baute die Zeichnung mit Ölkreiden aus, die ich mir bei Licht zurechtlegte, kontrollierte die Wirkung, drehte das Bild und zeichnete noch mal kräftig blind mit Kohle hinein. Voila!
Es hat Spaß gemacht, im Dunkeln zu zeichnen. Ich musste mir eine ungefähre Vorstellung vom Bildformat, dem Strich, der gewünschten Darstellung machen, ohne dass das Auge die Möglichkeit der Kontrolle hatte. Spannend dann, wenn ich das Licht anmachte, zu entdecken, was ich gezeichnet hatte.
Es wird so sein: Die Künstlerin FÜHRT den Strich! Und so wird dann doch etwas Besonderes daraus.
Gottvertrauen.
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Gottvertrauen?
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Ja, Gottvertrauen?! Was meinte ich eigentlich damit?!
Ja, ein Vertrauen, daß die künstlerische Ader sich zeigen/durchscheinen wird. Ist man durch und durch Künstlerin, kann man darauf vertrauen, daß sich das Besondere zeigen wird, egal unter welchen Umständen.
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Aha! ich nenne es Selbstvertrauen. das Selbst ist freilich göttlicher Natur.
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Dein Faun gefällt mir am allerbesten, er ist so frei und leicht und beschwingt gezeichnet. Aber auch die dicke Mama hat durchaus ihren Reiz.
Das Blindzeichnen bringt in der Tat oft tolle Überraschungen, denn manchmal summieren sich Kreativität und Zufall ganz vortrefflich.
Herzliche Grüße
Agnes
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Danke Agnes. Ich sehe es übrgens nicht nur vom Ergebnis her (das ich hier zeige), sondern auch vom Prozess (den ich nicht zeigen kann): Ertasten der Oberfläche, Kontakt aufnehmen und halten, sehr bewusst leichten oder starken Druck ausüben, Unausgewogenheiten ausgleichen etc. Es ist spannend wie das Leben selbst. 🙂
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Das ist sehr wahr, auch der Prozess des Zeichnens selbst. Ich habe es neulich auch erst wieder ausprobiert und war gerade vom Moment des „Machen“ besonders begeistert, das Gefühl, wirklich etwas zu spüren, sich leiten zu lassen, zu vertrauen und die Spannung auf das Ergebnis.
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Liebe Gerda, deine Experimentierlust schein unerschöpflich! Es ist immer wieder schön, wenn du uns daran teilhaben lässt! Spannend auch dein Blick auf Kinder und „Kind sein dürfen/können“, der hier durchscheint.
Herzliche Grüße sendet dir
Nina
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danke, Nina! o ja, Kind sein im Sommer – dazu die Papas, Mamas, Opas …. welch ein Beobachtungsfeld! (Das Kinderbuch habe ich nicht vergessen, es ruht grad ein wenig aus….) Herzliche Grüße! Gerda
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Das Selbstvertrauen gestärkt durch Können, ergibt eben dann solche schönen Ergebnisse.
Das erste Bild zeigt im rechten oberen Bereich einen wunderschönen Frauenkopf, also dass sehe ich darin.
Ich finde die Zeichnungen sehr gelungen!
LG Babsi
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Danke, liebe Babsi, ich freu mich!
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Der Faun zeigt sich persönlich, toll.
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persönlich, klar. Wie denn sonst? Einen schönen Nachmittag mit Faun wünsche ich dir!
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Der Faun ist toll! Picassos finde ich nicht besser *g* und er hat vermutlich nicht mal bind gezeichnet.
Die Strandmama und die wilden und behüteten Kinderchen bringen mich zum Lächeln und ich finde Deinen Mut zum Blindexperimentieren wundervoll.
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