Nachdem ich den Baum zwischen den beiden Frauen im Greco-Bild Visitatione freigelegt hatte (https://gerdakazakou.com/2016/05/12/jeden-tag-eine-linie-iii-ikonographischer-vergleich/), begann ich mich mit der Frage rumzuschlagen: Kann man das, was zwischen zwei Menschen geschieht, im Bild fassen? Die Art ihrer Beziehung – wie sieht sie aus? Welche Form hat sie?
Eine erste winzig kleine Skizze notierte ich in dem Heft, das ich meist bei meinen Spaziergängen mit mir führe. Ich dachte an ein Paar, das ich aus meiner therapeutischen Arbeit kenne. Er hat die Neigung, sie zu „überschwemmen“ und dann, wenn sie ihre Grenzen respektiert wissen will, sich frustriert zurückzuziehen: eine große Woge rollt – und zieht sich zurück; Flut – Ebbe. Die Frau gleicht eher einem Streifen festen Landes mit einem Bachgeriesel. Hinter sich hält sie ein Kind, das sie vor den Fluten schützt. So dachte ich und kritzelte. Ich versuchte, die Bewegung des Mannes zu mildern und die der Frau zu verstärken, dachte auch: Wässert euren Garten. Dann wird dort ein schöner Baum wachsen und Früchte tragen. Noch hängen seine Wurzeln im Leeren. Auch der Boden braucht Bearbeitung, Stabilität.
Im Atelier nahm ich einen großen Zeichenkarton und Kohle und dachte an zwei andere Personen, ebenfalls ein Paar. Sie haben eine starke Herzensverbindung, aber die sexuelle Anziehung ist wenig ausgeprägt und ihre Denkweise ist so unterschiedlich, dass sie sich schwer verständigen können. Die entstandene Skizze sieht so aus:
Durch Filter konnte ich das Gemeinte noch einmal verdeutlichen:
oder auch
Sollte ich es in Worte fassen, so würde ich sagen: sie haben eine Gefühlsbrücke zwischen sich errichtet und das ist schön, aber der Fluss darunter ist trocken, und über die Brücke geht kaum ein Gedanke.


Ich glaube, liebe Gerda, hier ist mir die Beziehung nicht ganz klar. Die beiden haben eine starke Herzverbindung, aber haben eine Gefuehlsbruecke aufgebaut, fuer mich ist das ein Widerspruch. Koenntest du mir das bitte ein bisschen erklaeren.? Vielen Dank zum Voraus🌺
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„Herzverbindung“ und „Gefühlsbrücke“ habe ich hier fast synonym benutzt. Ich wollte sagen, dass die beiden sich „herzlich lieben“, also gefühlsmäßig stark verbunden sind, dass sie dies auch wissen und pflegen (Brücke bauen), dass sie aber auf der sexuellen und der Verstandesebene wenig kommunizieren können. Es gibt ein tiefes Gefühl der Zusammengehörigkeit, aber kaum gemeinsame Themen und auch wenig sexuelle Befriedigung. Das ist für die beiden quälend. Das, was sie in der Beziehung nicht finden, suchen sie sporadisch bei anderen, was sie als Verletzung und Verrat empfinden.
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berührt mich sehr und fühlt sich vertraut an – ja das gibt es – diese alleinige von Herz-zu-Herz-Verbindung
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Diese Visualisierung von Gefühlszuständen gefällt mir sehr gut !
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Flut und Ebbe – eine Gefühlsbrücke, das stelle ich mir als ein Steg ins Watt vor! Danke für diese schöne Vorstellung, Gerda und einen schönen Pfingstsamstag!
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Sehr interessante Darstellung einer Beziehungswelt, erinnert mich an einige berühmte Künstlerpaare.
Ich glaube, im Alleinsein findet man den besten kreativen Weg, da stört eine Partnerschaft. Und dass ist dann der Widerspruch, wenn man dann doch eine Partnerschaft eingeht. Man will einerseits, weil Herzensbindung da ist und kann andererseits nicht, weil man sonst etwas einbüßt.
Wie immer ist dass mein Senf, den ich ja zu pflegen abgeben muss.
Du regst zum Denken und analysieren an und dass finde ich herrlich!
Gruß Babsi
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Es soll Menschen geben, die diese Linien sehen können.
Liebe Grüße.
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ich kanns leider nicht. Bislang. Das kann sich natürlich ändern. 😉
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