Noch einmal lade ich euch ein, mit mir eine Reise durch ein Bild zu machen. Es macht gewaltige Wandlungen durch, und ist eigentlich nur dadurch zu identifizieren, dass immer an denselben Stellen Stücke von Wellpatte verklebt sind. Die verändern ihre Stellung nicht. Sonst aber steht alles zur Disposition.
Die Reise beginnt in einer düsteren Straße. Die Kuben der Häuser setzen sich schwach ab gegen einen goldenen Himmel, den die Sonne verlassen hat. Vielleicht tobt dort in der Ferne eine Feuersbrunst. Schwärzliche Gerüste halten die Häuserblocks aufrecht . Eine Hausfront und ein paar unbestimmte Formen reflektieren ein Kunstlicht, lila-weiß, das sich gegen das Gold des Himmels durchsetzt und diesen verfinstert.

Stärkere Zusammenfassung der Formen, Verstärkung der Kontraste (a, b), Bilddrehung (c). Aus dem Hochformat wird ein Querformat, aus der Straßenschlucht ein Platz mit einem diesen abschließenden hellen Gebäude..
Ich zeichne Linien, die den Raum und die Architektur betonen, und so entsteht ein nächtlicher verlassener Platz. Ich bin gerne hier. Es ist einer dieser Plätze des Südens Europas, italienisch, denke ich, auf denen ich schon gestanden habe, irgendwann.

Wie der Platz aus der Erinnerung aufstieg, so sinkt er zurück in die Erinnerung.
Das Bild bekommt nun etwas Gläsernes, Immaterielles. Die Kontraste ebnen sich ein, die zwei-dimensionale Fläche tritt an die Stelle des Räumlichen. Es ist vor allem die Zeichnung, die die Illusion des Platzes noch aufrechterhält.

Auch dieses Bild gefällt mir: die nur leichten Abschattungen des Grau, die Integration der aufgeklebten Wellpappen in die Linienführung. Auch dieser Eindruck vergeht, wird Vergangenheit.
Ist das noch dasselbe Bild? Freilich. Was ist nur geschehen? Der sich ins Gläserne verlierende Ort der Erinnerung wird zum gläsernen Tag mit lichten Farben, in denen sich eine neue Struktur andeutet. Etwas Kreisendes bricht ein in die Welt der Horizontalen und Vertikalen, legt sich um und vor die gemauerte Welt, ein Gewimmel von Linien nimmt die letzten festen Formen hinweg. Neues entsteht. Alles scheint möglich.

Aus der kreisenden Bewegung bildet sich so etwas wie ein Ei, das auseinander bricht, eine Muschel, die sich öffnet und Formen entlässt. Tiefere Erinnerungsschichten reißen auf, vielleicht Ägyptisches? Die ockigen und rosa Wände, die hoch ragenden Pyramiden und ein wie vom Wind über das Bild getriebener Schatten von Palmzweigen.

Auch diese Welt schwindet dahin, matt wird das Licht. Tief im Unbewussten rühren sich Bilder, Erinnerungen an einst Gewesenes.

Die Reise kommt an ihr Ziel. Eine glänzende Straße, eine erhabene Architektur leicht wie eine Lufterscheinung, über der ein Orgelton schwebt, hat sich aus dem Perlmutt der Muschel herausgeboren. Aus dem äußeren Raum des ersten Bildes bin ich fortgegangen und angelangt im Innenraum der Utopia.

Ich habe das Bild innerhalb von zweieinhalb Monaten in neun Schritten umgestaltet, bis es die letzte Form erreichte. Mir ist erst jetzt, wo ich diese Bildreihe vor mich hinstellte, klargeworden, um was für eine Reise es sich handelte und was mich trieb, all diese Umgestaltungen vorzunehmen. Es ist nicht schade um die Bilder, die sich fanden und wieder verschwanden. Nichts bleibt, wie es war. Panta rhei.



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Ich danke, und höre es mir an, sobald der Lautsprecher meines Computers wieder funktioniert. Der ist nämlich defekt 😦
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Deine Bilder zu deiner speziellen Reise gefallen mir alle,Gerda, aber die Letzten geben mir denn Anschein, dass du unterdessen viel weicher geworden bist. Cari saluti Martina
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danke dir für deine Beobachtung. Das „unterdessen“ macht mir Freude.
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Hat dies auf haluise rebloggt.
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über die geometrische form legt sich chaos ?
von einst bis grad jetzt … BIN LUISE
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wo siehst du Chaos?
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bild 1 und 2 sind klar strukturiert, dann werden sie überlagert mit feinlinierten geometrien, was haben die mit den bildern zu tun ?
dann sprüht eine tür braunen schmutz aus unter druck und danach grünlich-graue galle..
das letzte bild scheint die strukturen durchstrahlt aufzulösen vielleicht in eine andere dimension.
das alles ohne deinen text zu berücksichtigen.
die letzte auflösung ermöglicht einen NEUBEGINN.
machs gut IN immerwährnder ERNEUERUNG
ICH GRÜSSE DICH HERZINNIGLICH, die LUISE
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Ich bin begeistert.
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hej, tikerscherk, das freut mich aber sehr!
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auf dieser Reise bin ich dir gerne gefolgt, jedes einzelne Bild steht für Erinnerungen und Gedanken,
und Gefühle, sehr spannend.
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du bist mir eine besonders liebe Reisegefährtin, Afrikafrau. danke fürs Mitgehen.
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Das letzte Bild hat scheinbar nichts mehr mit dem ersten gemein … und doch hat es alles mit ihm zu tun – denn es ist ja deine Reise, die du dorthin unternommen hast.
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Was für ein Weg! Ich danke dir, dass du uns mitgenommen hast und bin begeistert. Bestimmt ist es nicht schade und dennoch trauere ich ein ganz kleines bisschen um das 7. Stadium …
liebe Gerda, ich grüsse dich sehr herzlich
Ulli
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das mit den vielen offenen Möglichkeiten? So ist es eben. Solche Situationen lassen sich nicht perpetuieren. Aber man kann versuchen, sie zu nutzen.
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Wunderbar, diese Veränderungen, Verwandlungen und Stationen.
Es kommt einem schon fast wie ein Lebensweg vor. Du demonstrierst damit auch den Mut zu Veränderungen und das Zulassen von Neuanfängen.
So interpretiere ich es für mich. So ist das Leben und der Weg ist das Ziel!
Auch Deine begleitende Kommentation ist super!
Auch von mir ein herzliches Dankeschön
Grüße Babsi
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Liebe Babsi, danke! Tatsächlich ist es mir beim Schreiben aufgegangen, dass da ein Stück Lebenswegbeschreibung drin steckt.
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Panta rhei…ist eie steinalte DDR- Gruppe, in der viele ei überbordendes Zuhause fandem.
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ich hoffe, ich kanns bald hören.
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Danke für die schöne Reise!
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gern!
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