Das Märchen vom Fischer und seiner Frau schickte der Maler Philipp Otto Runge dem Verleger von Achim von Arnims „Des Knaben Wunderhorn“ – vor 210 Jahren, zusammen mit dem Märchen vom Machandelboom. So ging es auch in die Märchensammlung der Brüder Grimm ein. Für mich war es das Märchen meiner Kindheit, vielleicht weil mein Opa Fischer in Vorpommern war. Den lernte ich leider nicht mehr kennen, auch meinen Vater nicht, der in diesem Milieu groß wurde. Mehr dazu findet ihr in meinem Beitrag https://gerdakazakou.com/2015/10/10/meinem-grossvater-gewidmet/
Wer das vorpommeraner Platt nicht versteht, wird vielleicht trotzdem seine Freude haben an den Reimen, die sich mehrmals wiederholen und die sich mir tief einprägten.
Das Märchen handelt von einem einfältigen Fischer und seiner wundergläubigen Frau Ilsebill. Die beiden sind sehr arm, leben in einem „Pisspott“. Eines Tages hat der Fischer einen prächtigen Butt an der Angelleine. Der aber bittet um sein Leben: Er sei in Wahrheit ein verwunschener Prinz. Der gutmütige Fischer gibt ihn ohne Wenn und Aber frei.
Als seine Frau davon hört, wird sie ungehalten: warum er sich nichts gewünscht habe! Sie quängelt und quält ihn solange, bis er wieder an den See geht und den Fisch ruft:
„Mandje! Mandje! Timpe Te!
Buttje! Buttje in de See!
Mine Fru, de Ilsebill,
Will nich so, as ick wol will.“
Der Fisch ist auch gleich zur Stelle und fragt zurück: „Na! wat will se denn?“ Sie will aus dem stinkigen Pisspott raus und endlich in einer ordentlichen Hütte wohnen. Gesagt, getan.
Eine Weile ist die Frau zufrieden, aber dann beginnt es wieder in ihr zu nagen: ein steinernes Haus wäre doch besser. Und so geht ihr Mann wieder an den See und ruft:
„Mandje! Mandje! Timpe Te!
Buttje! Buttje in de See!
Mine Fru, de Ilsebill,
Will nich so, as ick wol will.“
Und wieder erscheint der Fisch und fragt zurück: „Na! wat will se denn?“ Klar, jetzt will die Ilsebill einen Palast. Sie bekommt ihn umgehend.
Und weil das so schön ist und so einfach (einfach wünschen und schon wird es Realität!), will sie nun der Papst werden, denn der ist noch reicher. Auch das wird ihr gegeben. Schließlich aber überschlägt sich ihre Hybris: sie will Gott werden. Warum? Sie glaubt, der Fisch bringe das nicht zustande.
Dat fuur den Mann so dörch de Gleder, dat he bewt vör Angst; buten awer ging de Storm, dat alle Böme un Felsen umweigten un de Himmel was gans swart, un dat dunnert un blitzt; daar sach man in de See so swarte hoge Bülgen as Barg’ un hadden baben all eene witte Kroon von Schuum up, da sed he:
„Mandje! Mandje! Timpe Te!
Buttje, Buttje in de See!
Mine Fru de Ilsebill,
Will nich so, as ick wol will.“
„Na wat will se den?“ sed de But. – „Ach! sed he, se will warden as de leve Gott.“ – „Gah man hen, se sitt all wedder in’n Pißpott.“ Daar sitten se noch hüt un dissen Dag.
Ps. Mir kommt es manchmal so vor, als ob all die, die sich durch „Erfolgsautoren“ davon überzeugen lassen, dass das Universum dem wahrhaft Wünschenden alle Wünsche erfülle, sich dies Märchen zu Gemüte führen sollten. Wer wünscht, muss zuerst die sittliche Reife und das Bewusstsein für den richtigen Wunsch entwickeln. Überwuchern ihn die egoistischen Wünsche, so landet er eben wieder „in seinem Pisspott“ und bleibt drin sitzen.
Das ganze Märchen findet ihr bei wikisource : Von den Fischer und siine Fru.
Ich hatte anfangs ein wenig schwierigkeiten mit dem Dialekt, doch wenn man des Märchen kennt, erkennt man in dem Text manche Merkmale, die es einem erleichtern
LG Chiliwein
;D
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Was für ein wunderschöner grüner Fisch!
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🙂 🙂
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Deine Legebilder passen ganz wunderbar zu der Geschichte. Die ich als Kind und viele andere Märchen sehr gerne gelesen habe.
Deinem Nachsatz kann ich nur zustimmen. Wo bei ich mir schon oft die Frage gestellt habe ob wünschen wirklich nötig ist. Die Erfahrung lehrt eher das jeder seines Glückes Schmied ist. Zumindest wenn es um selbst bezogene Wünsche geht.
LG Bine unter den Linden
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Da stimme ich dir zu, Bine! Bei selbst bezogenen Wünschen ist das Wünschen völlig überflüssig und sogar störend, denn es nimmt Kraft weg. Anders ist es wohl, wenn man sein Wünschen bezüglich der großen Menschheitsziele klärt, wodurch eine Art Ordnung entsteht, die eigenen Schritte in eine bestimmte Richtung zu lenken, anstatt einfach nur vor sich hin zu trotten.
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Sehr schön, Gerda, meine Frau, deren Vater auch aus Pommern stammt, haben uns von diesem interessanten Märchen berieseln lassen. Der bunte Fisch in der Mitte deines Beitrages hat es besonders mir angetan; wundervoll.
Ich wünsche dir einen angenehmen und kreativen Sonntag. LG Alexander
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Freut mich ganz besonders! Beste Grüße an deine Frau! Gerda
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Wenn der Butt schon so herrlich schillert, wage ich mir kaum die Schönheit des verwunschenen Prinzen vorzustellen ;-*)
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Bin ich gar nicht drauf gekommen!! Ja, der ist sicher sehr schön – aber für wen? Eigentlich schade.
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Hat dies auf MitmachBlog rebloggt und kommentierte:
Noch ein bebildertes Märchen zum Thema „Es war einmal“, das ich zuvor schon in meinem Blog veröffentlichte: De Fischer un sin Fru.
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Pingback: Gleich einem lauernden Tier | GERDA KAZAKOU
Liebe Gerda, morgen bin ich in Wolgast, der Geburtsstadt von Philipp Otto Runge. Zum einen, um meine Töchter und Enkel zu anderen, um die Lange Nacht der Denkmäler und Museen zu besuchen. Diese Veranstaltungen sind in Wolgast, dem Tor zur Insel Usedom, immer sehr schön. Das Märchen vom Fischer und sin Fru habe ich erst kürzlich meinem Besuch aus Bayern erzählt, als wir in Wolgast vor dem Runge- Museum parkten. Wie klein ist doch diese Welt 😊
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