Dies ist ein Beitrag zu Myriades Impulswerkstatt.
Aus deinen Bildern eins und zwei, liebe Myriade, habe ich eine Collage angefertigt. So kann man nun das Gesicht des Akkordeonspielers sehen. Und sich fragen, was sein Schicksal war.
Ich suchte passende Musik. Das bekannte Lied vom Akkordeonspieler, gesungen von Mireille Mathieu? Es ist grausam kitschig: Es besingt ein „Freudenmädchen“, das sich in einen Akkordeonspieler verliebt, aber der muss zu den Soldaten und kommt nie zurück. Sie ist untröstlich. Doch als sie einen anderen Akkordeonspieler hört, belebt sie sich und tanzt.
Der Akkordeonspieler in meiner Version oben wäre sozusagen die Umkehrung: Er ist doch nicht im Krieg gefallen, er kommt zurück, kriegsversehrt und erblindet. Das „Freudenmädchen“ findet er nicht wieder. Und so sitzt er nun und spielt und lauscht mit übergroßen Ohren in die Nacht hinein, und ihm ist, als käme ein Echo seiner Musik aus dem Himmelsraum (wo das Freudenmädchen weilt) zu ihm.
Ich suchte weiter nach einer passenden Musik und stieß auf einen Balkan-Tango, 2017 vom bosnischen Musiker DRAŽAN KOSORIC, im Rahmen eines Festivals in Kharkiv/Ukraine interpretiert.
Ich las seinen Werdegang nach, der sich durch all die kriegerischen Schrecknisse Mittel- und Osteuropas zieht. 1976 in Sarajewo (noch Jugoslawien) geboren, Studium in Odessa/Ukraine, Master in Sarajevo/Bosnien-Herzegovina. Seine Werke wurden aufgeführt in Ukraine, Russland, Slowakei, Kroatien, Serbien, Slowenien, Bulgarien, Polen, ferner in Italien, Deutschland, Österreich, Singapur, China u.a.. Er gewann Preise bei Komponistenwettbewerben in der Ukraine, in Serbien, Österreich, Bulgarien, Russland (2019), Italien, Russland (2020). Er ist a.o. Professor an der Musikakademie der Universität Ost-Sarajevo (Bosnien-H).
Schließlich fand ich noch eine interessante Interpretation von Strawinskys Tango, 1940 komponiert. Interpret ist MIROSLAV NISIC. geboren 1992 in Leskovac (Serbien), mit ähnlichen Lebensstationen wie DRAŽAN KOSORIC, aber mit Schwerpunkt in Deutschland, wo er auch studierte.
Von Igor Strawinsky habe ich mal ein Portrait gemalt. Täusche ich mich, oder ähnelt es ein wenig dem Kopf des Akkordeonspielers, den ich aus deinen beiden Fotos zusammengefügt habe? Doch nun hat er die Augen geöffnet und schaut in unsere Welt des Kriegs und lauscht mit großen Ohren den Kriegstrommeln, die womöglich noch Schlimmeres ankündigen als das, was die Menschen eh schon erdulden müssen.


Dies hölzerne Gesicht des Akkordeonspielers belebt sich.😴♥️
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Äußerst nachdenklich stimmende Collage – und mit der traurigen Geschichte im Hintergrund. Und der Schlusssatz (wirklich 3 S!) deines Beitrages mit dem ernst drein schauenden Russen angesichts der Weltgeschehnisse – sehr eindrucksvoll.
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Ein toller Beitrag mit vielen Ebenen. Das Lied vom accordéoniste von Edith Piaf finde ich gar nicht so kitschig, zumindest in der französischen Version und von Piaf selbst gesungen. Die deutsche Übersetzung kenne ich nicht , vielleicht ist die furchtbar …
Sämtliche Balkantragödien der letzten Jahrzehnte liegen uns in Österreich sehr nahe, historisch, geografisch, kulturell und wegen der vielen Flüchtlinge. Die Bosnier sind auch eine Gruppe, die sich recht problemlos in Österreich integriert hat. Was vielleicht daran liegt, dass das Vorkriegs-Bosnien ein gutes Miteinander von Volksgruppen und Religionen gelebt hat.
Den Akkordeonspieler mit neuem Kopf, einem gongschlagenden Engel im Hintergrund und in emotionalen Farben finde ich sehr ausdrucksstark zumal der Kopf perfekt mit der Körperhaltung übereinstimmt. Und so eine tolle Idee! Wie wohl sein Leben verläuft oder verlaufen ist ? Wäre auch eine interessante Geschichte
Sollte dieses Strawinsky-Portrait tatsächlich ein Strawinsky-Portrait sein, so ist die Ähnlichkeit wirklich verblüffend, vor allem bei Nase und Ohren. Der Original-Strawinksky hatte allerdings einen ganz anderen Mund.
Insgesamt wieder einer deiner Beiträge auf mehreren Ebenen, wobei sich die Leserschaft aussuchen kann, welche Ebene sie betreten möchte …
Einen so langen Kommentar möchte ich ungern im Nirwana verschwinden sehen ….
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Da ist ja dein schöner Kommi, Myriade, herzlichen Dank! (war im Spam)
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Ach ja, wie üblich halt. WP spinnt in letzter Zeit wieder einmal heftig. Mitten im Schreiben eines Textes fordert es mich auf, mich anzumelden 😦
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Ein toller Beitrag, den ich leider nicht voll genießen kann, weil auch das Internet spinnt, nicht nur WP… Ich kann die Videos nicht anhören, aber wenigstens kann ich Deine Worte lesen und auch den langen Kommentar von Myriade dazu.
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Schade, dass dieser Beitrag so vom Pech verfolgt wird. Das hat er wahrlich nicht verdient !
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Ist er das? Habe ich gar nicht mitgekriegt.
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