Ich bestaune dieses Wundergefährt, liebe Myriade, lausche dem harten Getrappel der Hufe auf dem Asphalt. Die Reifen schnurren leise mit. Manchmal schnauft der stolze rechts ziehende Globetrotter leise, er würde gern ein schnelleres Tempo vorlegen, muss aber Rücksicht nehmen auf den schwerfälligeren Gefährten an seiner linken Seite.
Der Herr dieses Gefährts sitzt im Dunkeln, ich erkenne seine Gesichtszüge nicht. Kappe und schwere Joppe. Was transportiert er? Die Seiten des Aufbaus sind durchsichtig, wohl als Wind- und Regenschutz für zahlende Gäste, die den Ausblick auf die Landschaft genießen wollen? Dann wäre dieses Gefährt, das wie ein Hybrid aus verschiedenen Zeiten wirkt, für Touristen gedacht?
Ich halte es an und setze mich hinein. Auf gehts. Mein Kopf vibriert leise, der Blick durch die Plastikbahnen zeigt mir eine mürbe Landschaft, wie weggerückt hier ein Schild, dort ein Gestrüpp. Voran gehts, und doch nicht voran. Das Land ist eben und ohne größere Abwechslung. Müdigkeit kriecht in meine Glieder, die sich entspannen. Trappel-trappel-trappel und das Rollen und Sirren der Räder. Schon kommt der Schlaf. Kommt der Traum. Der Wagen durchrollt nun eine immer mehr sich weitende Landschaft, leer bis zum Horizont. Meine Sehnsucht nach einem Ort lässt diesen entstehen: Altes Gemäuer, enge Gassen, Sonnenlicht fällt schräg hinein, malt Lichtbahnen und Schatten auf grobe Pflaster. Der Wagen rüttelt. Ein Ball rollt aus einer Nebengasse heraus, die Pferde scheuen, schnauben. Wo sind die Menschen? A, hier ist ein Markt, ich darf aussteigen, zwischen frisch geernteten Kohlköpfen und Kohlrabi, Möhren und Äpfeln bahne ich mir den Weg. Wohin? Ein offener Platz, eine Treppe führt weiter hinauf. Doch ich bin des Wanderns müde. Eine Bank, die Farbe der Bretter blättert schon ab und die geschwungene schwärzliche Seitenlehne zeigt Rostspuren. Mir ist sie recht. Ich lasse mich nieder, treibe hinaus, weiter, weiter, vorbei an den flatternden Segeln der Schiffe, hinaus dorthin, wo ein kleines Segel erscheint. Das wird mich aufnehmen und zu meinem Ziele bringen, vielleicht. Und so schlafe ich ein, traumlos jetzt.
Einfach … schön !!!
LikeGefällt 1 Person
Vielen Dank, lieber Jürgen!
LikeLike
Immer gerne.
LG Jürgen
LikeLike
Ein traumhaft schönes Gemälde, und Erinnerungen in Deinen Worten…
LikeGefällt 1 Person
Danke dir, Gisela.
LikeLike
☺️
LikeLike
Ich frage mich immer wieder, warum du nicht öfter Texte schreibst. Vielleicht tust du es ja und sie erscheinen nur nicht im Blog. Dieser bildhafte Text gefällt mir sehr und erinnert mich irgendwie an ein zentrales buddhistisches Mantra: OM GATE GATE PARASAMGATE BODHI SVAHA. Ich beherrsche kein Sanskrit, aber unter den vielen Übersetzungen , die es dafür gibt, mag ich am liebsten „gegangen, immer weiter gegangen, den ganzen Weg über alles hinaus“
Danke für den schönen Traumtext mit Weg- und Landschaftsbeschreibung!
LikeGefällt 2 Personen
Danke, Myriade, der Sanskrittext passt genau.
LikeGefällt 3 Personen
Das freut mich. Ich habe mich länger nicht damit beschäftigt, aber er hat mich beim Lesen deines Textes angesprungen 🙃
LikeGefällt 1 Person
🙂
LikeGefällt 1 Person
und am Ende zeigst Du uns noch diese wunderschöne Zeichnung, liebe Gerda!
LikeLike